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Female Leaders: Sonja Wehsely, Siemens Healthineers

Aktualisiert
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Sonja Wehsely, Siemens Healthineers

©trend / Sebastian Reich
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Die Ex-Politikerin Sonja Wehsely verantwortet die Vertriebsregion CEECA beim Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers. An ihrem neuen Job schätzt sie, dass nicht mehr jeder mitredet, der inhaltlich nichts mit dem Thema zu tun hat. Quoten sind für sie das einzige Mittel gegen die Benachteiligung von Frauen.

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Ihre letzte Geschäftsreise hat Sonja Wehsely, Head of Central Eastern Europe & Central Asia bei Siemens Healthineers, nach Georgien geführt. Das 3,7-Millionen-Einwohner-Land gehört zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. In Tiflis besuchte sie die Vertriebsleute von Siemens Healthineers und machte sich ein Bild vom Gesundheitssystem. Um das Land besser kennenzulernen, blieb sie übers Wochenende, besichtigte die Hauptstadt und fuhr in die Berge, die toll zum Wandern seien, schwärmt sie in ihrem Büro im siebenten Stock der Zentrale von Siemens Österreich in Wien.

 Georgien gehört zur Vertriebsregion Zentral- und Osteuropa und Zentralasien (CEECA), die die Expolitikerin seit vergangenen Oktober beim größten deutschen Medizintechnikkonzern Siemens Health­ineers verantwortet. Wehsely ist damit eine von weltweit 15 Executive Vice Presidents des Konzerns, der Analysegeräte für Labore, bildgebende Systeme wie MRT und CT sowie Geräte zur Strahlenbehandlung bei Krebserkrankungen weltweit vertreibt. In der Coronakrise wurde das Unternehmen durch seine Schnelltests auch bei vielen Verbrauchern bekannt.

Aus der Politik in die Wirtschaft

Seit sechs Jahren arbeitet Wehsely mittlerweile für den DAX-Konzern. Es ist die zweite Karriere der studierten Juristin nach mehr als 20 Jahren, in denen sie für das Wiener Rathaus tätig war. Unter Bürgermeister Michael Häupl wurde sie 2004 zur Integrationsstadträtin ernannt, um dann bereits drei Jahre später die Gesundheitsagenden von Renate Brauner zu übernehmen. Diese verantwortete Wehsely, die als Gesundheitsstadträtin stark polarisierte, bis zu ihrem nicht ganz überraschendem Rücktritt Anfang 2017 – vor der Veröffentlichung des negativen Rechnungshofberichts zum KH Nord.

Wehsely kehrte damals aber nicht nur der Politik den Rücken, sondern auch ihrer Heimatstadt. Für ihren ersten Job bei Siemens Healthineers zog sich nach Erlangen, den Sitz der Konzernzentrale – und nahm sich damit selbst aus der Schusslinie. In Wien hatten Teile der Opposition ihren Wechsel zu einem wichtigen Spitalslieferanten der Stadt heftig kritisiert. „Da wurde ein Zusammenhang behauptet, der nie existierte. Ich hatte während der ersten vier Jahre bei Siemens Healthineers keine Berührungspunkte mit dem österreichischen Markt“, sagt die Managerin rückblickend zu diesen Vorwürfen. Erst 2020 kehrte sie zurück und stieg im Oktober 2022 zur Geschäftsführerin Siemens Healthineers Österreich und zum EVP CEECA auf.

Gleichberechtigung haben wir dann erreicht, wenn genauso viele mittelgute Frauen in Führungspositionen sind, wie  es dort heute mittelgute Männer gibt.

Sonja WehselyCEECA-Managerin Siemens Healthineers

In der Konzernwelt bewegt sie sich mittlerweile so selbstverständlich wie einst in der Politik, die auch ihre Schattenseiten hatte: „Was ich total erleichternd empfinde, ist, dass in der Wirtschaft nicht dauernd alle glauben, dich beurteilen zu können. Es gibt klare Zielvorgaben. In der Politik hingegen ist es ein bisschen wie im Fußball. Alle neun Millionen Österreicher werden zu Fußballtrainern.“

Verantwortung für 30 Länder

CEECA, die Region, die Wehsely verantwortet, umfasst 30 Länder, die ganz unterschiedliche Wohlstandsniveaus, Gesundheits- und Ausbildungssysteme haben. Ihre Aufgabe bestehe nun darin, zusammen mit den Kollegen vor Ort und im Headquarter die richtige Vertriebsstrategie für die einzelnen Märkte zu festzulegen. Während es in Österreich als reichstem Land der Region etwa möglich sei, Innovationen wie den weltweit modernsten Computertomographen sehr früh in den Markt zu bringen, böten die neuen Lungenkrebs-Screening-Empfehlungen der EU aktuell in ­Polen und Kroatien Geschäftschancen. Ganz andere Themen gebe es wiederum in Israel, Albanien, Moldawien, der Türkei, der Ukraine und den vielen anderen Ländern, die ebenfalls zu ihrer Region gehören.

 Wie übrigens auch Russland. Während sich Siemens dort in Folge des Angriffskriegs zurückgezogen hat, ist der Schwesterkonzern Siemens Healthineers weiterhin aktiv. Wehsely begründet das damit, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung ein Menschenrecht sei und andere Medizintechnikunternehmen ähnlich handelten. Das entspricht der Konzernlinie.

Quote gegen Benachteiligung

Von den 30 Ländern, die zu CEECA gehören, gibt es in 16 eigene Landesgesellschaften. Gerade hat eine neue Chefin in Serbien angedockt. Insgesamt stehen in der Region vier Frauen an der Spitze. Im Senior Management, wo Wehsely tätig ist, sieht es in Sachen Diversität ähnlich aus. Aber es gebe das Ziel, den Anteil weiblicher Führungskräfte bis 2030 weiter zu er­höhen.

 Dass es in der Wirtschaft Quoten braucht, steht für sie außer Frage. „Ich bin aus meiner Erfahrung als Frau und ehemalige Politikerin überzeugt, dass die Quote das einzige strukturelle Mittel gegen strukturelle Benachteiligung ist“, sagt Wehsely, die als Mentorin junge Frauen auf ihrem Karriereweg begleitet – so wie sie damals selbst von Expolitikerin und Siemens-­Personalvorständin Brigitte Ederer begleitet wurde. „Brigitte Ederer ist eine gute Freundin. Als ich eine junge Frau war, war sie eine wichtige Bezugsperson für mich, weil sie mir ehrliches Feedback gegeben hat“, sagt die Managerin, die aktuell das globale Gremium für Diversität, Gleichheit und Inklusion des Konzerns leitet.

 Ihre Devise in Sachen Diversität: „Gleichberechtigung haben wir dann erreicht, wenn genauso viele mittelgute Frauen in Führungspositionen sind, wie  es dort heute mittelgute Männer gibt.“

Der Artikel ist der trend. Community Ausgabe "Female Leadership" vom Oktober 2023 entnommen.

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