Vorsteuer und Vorsteuerabzugsberechtigung in Österreich
Steuerliche Optimierung für Unternehmen: Vorsteuerabzugsberechtigung, Umsatzsteuer und Kleinunternehmerregelung im Fokus. Was Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer sind, wie der Vorsteuerabzug genutzt werden kann, wer berechtigt ist und wann die Kleinunternehmerregelung angewandt werden kann.
Vorsteuerabzug: Für Unternehmer ist die Umsatzsteuer nur ein Durchlaufposten. Für Freiberufler oder Neue Selbstständige kann sich die Kleinunternehmerregelung rechnen.
ARTIKEL INHALT
- Vorsteuerabzug in Österreich: der rechtliche Rahmen
- Was sind Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer?
- Vorsteuerabzugsberechtigung: Wer ist berechtigt?
- Die ordnungsgemäße Rechnung für einen Vorsteuerabzug
- Rechnungen über 10.000 €
- Vorsteuerabzugsberechtigung und Einfuhrumsatzsteuer
- Die Kleinunternehmerregelung in Österreich
- Nettoumsatz berechnen
- Kleinunternehmer: Vor- und Nachteile der Befreiung von der Umsatzsteuer
- Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt
- USt-Brutto-System versus USt-Netto-System
Vorsteuerabzug in Österreich: der rechtliche Rahmen
Durch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug kann sich jeder Unternehmer die Umsatzsteuer, die er an andere Unternehmen für Lieferungen und Leistungen gezahlt hat, vom Finanzamt zurückholen.
Aus der gezahlten Umsatzsteuer wird die Vorsteuer.
Für die Vorsteuerabzugsberechtigung benötigt das Unternehmen jedoch eine ordentlich ausgestellte Rechnung, die den Vorgaben des § 11 UStG (Umsatzsteuergesetz) entsprechen muss.
Die Kleinunternehmerregelung (siehe unten) schließt die Vorsteuerabzugsberechtigung aus, da diese Unternehmen unecht umsatzsteuerbefreit sind. Sie müssen einen Antrag zur Regelbesteuerung stellen, um vom Vorsteuerabzug zu profitieren.
Was sind Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer?
Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer
Die Begriffe Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer werden oft synonym verwendet. Steuerrechtlich ist der Begriff Umsatzsteuer korrekt. Umgangssprachlich haben sich beide Begriffe, also Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer etabliert.
Darüber hinaus wird der Mehrwertsteuerbegriff auch auf Belegen und Quittungen verwendet. Erklären lässt sich der Begriff Mehrwertsteuer mit der Form der Besteuerung. Die Umsatzsteuer wird nämlich nach dem ‘Mehrwertprinzip’ berechnet. Jede Mehrwertsteuer, die ein Unternehmen auf einer Rechnung ausweist, ist eine Umsatzsteuer.
Vorsteuer
Die Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die Unternehmen zahlen, wenn sie Waren oder Dienstleistungen bei anderen Unternehmen einkaufen und die auf der Rechnung gesondert ausgewiesen ist.
Im Zuge der Umsatzsteuervoranmeldung und der Jahreserklärung, der Steuererklärung an das Finanzamt, können alle Unternehmen, die der Regelbesteuerung unterliegen, die gesamte gezahlte Vorsteuer von der Umsatzsteuer abziehen. Der Vorsteuerabzug reduziert so die Zahllast der Unternehmen gegenüber dem Finanzamt.
Vorsteuerabzugsberechtigung: Wer ist berechtigt?
Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist in Österreich, wer
- Unternehmer ist und eine unternehmerische Tätigkeit ausübt
- UND eine ordnungsgemäße Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung hat, die im Inland ausgeführt wurde.
Die ordnungsgemäße Rechnung für einen Vorsteuerabzug
Damit eine Rechnung bei einem Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann müssen einige Punkte erfüllt sein. Nach § 11 Abs 1 UStG muss eine ordnungsgemäße Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, folgende Angaben enthalten:
- Den Namen und die Anschrift des leistenden und empfangenden Unternehmens
- Die Menge und die Bezeichnung der Ware oder der Umfang der erbrachten Leistung
- Das Datum der Lieferung oder Leistung
- Das Entgelt für die Lieferung oder Leistung zuzüglich des Steuersatzes
- Der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag mit dem Zusatz Umsatz- oder Mehrwertsteuer
- Das Datum der Rechnungsstellung
- Eine fortlaufende Rechnungsnummer
- Die UID-Nummer des leistenden Unternehmers
Rechnungen über 10.000 €
Rechnungen, deren Gesamtbetrag 10.000 € übersteigen, müssen zusätzlich die UID-Nummer des empfangenden Unternehmens beinhalten.
Voraussetzung ist, dass der leistende Unternehmer seinen Wohnsitz, seine Betriebsstätte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und der Umsatz an ein anderes Unternehmen ausgeführt wird.
Vorsteuerabzugsberechtigung und Einfuhrumsatzsteuer
Gegenstände, die aus dem Drittlandsgebiet (nicht EU-Mitgliedsstaat) wie etwa der Schweiz in das Inland importiert werden, unterliegen nicht nur Zöllen, sondern auch der Einfuhrumsatzsteuer.
Wird die Zollanmeldung entgegengenommen, entsteht nach den zollrechtlichen Vorschriften eine Steuerschuld. Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist das anmeldende Unternehmen, aber auch Nichtunternehmer beim Zoll.
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückgeholt werden. Die Vorsteuerabzugsberechtigung gilt für das Unternehmen, für das die Gegenstände eingeführt wurden. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht muss das Unternehmen die Verfügungsmacht über die Gegenstände besitzen.
Die Kleinunternehmerregelung in Österreich
Kleinunternehmer ist, wer in einem Wirtschaftsjahr nicht mehr als 35.000 Euro netto erwirtschaftet und nicht zur Regelbesteuerung optiert ist. Das können Umsätze als neuer Selbstständiger, freier Dienstnehmer und aus anderen unternehmerischen Tätigkeiten sein.
Für solche Kleinunternehmer gibt es eine indirekte Vorsteuerabzugsberechtigung. Juristisch korrekt sind Kleinunternehmer unecht umsatzsteuerbefreit. Sie müssen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen und diese ihren Kunden auch nicht in Rechnung stellen. Im Gegenzug dürfen sie sich aber auch keine Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen.
Ausschlaggebend für die Beurteilung ob ein Unternehmen oder ein/e Unternehmer:in unter die Kleinunternehmerregelung fällt ist immer, ob die Gesamtumsatzgrenze im Jahr nicht überschritten wird. Werden verschiedene unternehmerische Tätigkeiten ausgeübt, müssen die Umsätze daher addiert werden.
Nettoumsatz berechnen
Der Nettoumsatz beinhaltet alle Einnahmen ohne Umsatzsteuer und vor dem Abzug aller Betriebsausgaben. Um den Nettoumsatz zu berechnen, muss die Umsatzsteuer aus dem Honorar herausgerechnet werden.
BEISPIEL
Ein Neuer Selbstständiger erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 36.000 €. Auf den Honorarnoten wurde keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Andere unternehmerische Tätigkeiten werden nicht ausgeübt. Die ausgeübte Tätigkeit unterliegt dem Umsatzsteuersatz von 20 %. Der Umsatz von 36.000 € ist der Bruttoumsatz, in dem die 20 % Umsatzsteuer inkludiert sind. Für die Beurteilung der Kleinunternehmerschaft muss der neue Selbstständige die Umsatzsteuer aus dem Bruttoumsatz herausrechnen:
36.000 € : 1,2 = 30.000 €
Der Nettoumsatz beträgt also 30.000 € und der Neue Selbstständige kann die Kleinunternehmerregelung beanspruchen, da die maßgebliche Nettoumsatzgrenze von 35.000 € nicht überschritten wurde.
Das bedeutet, dass bei Tätigkeiten mit einem Umsatzsteuersatz von 20 % die Bruttoeinnahmen 42.000 € betragen dürfen, um die Kleinunternehmerregelung nutzen zu können.
Tipp: In einem Zeitraum von fünf Jahren können Kleinunternehmer einmalig die Nettoumsatzgrenze von 35.000 € um maximal 15 % überschreiten. Die Nettoeinnahmen können also einmalig 40.250 € betragen, ohne die Kleinunternehmerregelung zu verlieren. Bei einem Umsatzsteuersatz von 20 % wäre das ein Bruttoumsatz von 48.300 €.
Kleinunternehmer: Vor- und Nachteile der Befreiung von der Umsatzsteuer
Bei hohen Investitionen oder Betriebsausgaben kann sich die Kleinunternehmerregelung nachteilig auswirken. Deshalb kann es sinnvoll sein, auf die Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten und stattdessen die Vorsteuerabzugsberechtigung in Anspruch zu nehmen. Dem Finanzamt muss in diesem Fall schriftlich mitgeteilt werden, dass die Option zur Regelbesteuerung ausgeübt wird.
Wichtig zu wissen ist, dass Kleinunternehmer an den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung für fünf Jahre gebunden sind. Im Falle eines verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung muss auf Honorarnoten die Umsatzsteuer ausgewiesen werden, die an das Finanzamt abzuführen ist.
Hinweis: Kleinunternehmer weisen auf ihren Honorarnoten keine Umsatzsteuer aus. Wurde sie ausgewiesen, muss diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden. Das gilt selbst dann, wenn der Jahresumsatz unter der Grenze von 35.000 € netto liegt.
Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt
Unternehmen müssen monatlich oder quartalsweise Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt abgeben.
- Monatlich: bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat zweit folgenden Kalendermonat
- Quartalsweise: bis zum 15. Tag des auf das Kalendervierteljahr zweit folgenden Monats
- Umsatzsteuerjahreserklärung: bis zum 30. Juni des Folgejahres
Hinweis: Wer sich steuerlich vertreten lässt, kann im Rahmen der Quotenvereinbarung mit dem Finanzamt von einer Verlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung von Oktober des Folgejahres bis zum 31. März des zweit folgenden Jahres profitieren. Allerdings kann das Finanzamt die Umsatzsteuerjahreserklärung früher abrufen.
Die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung und der Jahreserklärung erfolgt elektronisch über das FinanzOnline Portal des Finanzministeriums.
USt-Brutto-System versus USt-Netto-System
Für die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gilt, dass man sich zwischen der Netto- und Bruttomethode entscheiden kann. Das Nettosystem beinhaltet die Behandlung der Umsatzsteuer als durchlaufender Posten. Sie wird also weder bei den Einnahmen noch bei den Ausgaben berücksichtigt. Umsätze wie Ausgaben werden netto berücksichtigt. Zulässig ist das USt-Netto-System bei Steuerpflichtigen, die nicht unecht befreite Umsätze erwirtschaften.
Wer die Vorsteuerpauschalierung in Anspruch nimmt, muss generell das USt-Brutto-System nutzen. Die USt-Netto-Methode ist nur dann zulässig, wenn zeitgleich die Vorsteuerpauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG und die Basispauschalierung für die Einkommensteuer nach § 17 Abs 1 bis 3 EStG genutzt werden.
DIE AUTORIN

Brigit Wichmann
Birgit Wichmann ist ausgebildete Steuerberaterin mit mehr als 30 Jahren Erfahrung als Bilanzbuchhalterin, kaufmännische Leiterin und kaufmännische Geschäftsführerin in Deutschland und Österreich. Sie schreibt für trend.at Fachartikel zum Thema Steuern & Rechnungswesen. Als Autorin hat sie Sachbücher zum Thema Steuern und Rechnungswesen verfasst.
- Zum Vorsteuerabzug berechtigt sind in Österreich Unternehmen, die der Regelbesteuerung unterliegen.
- Um einen Vorsteuerabzug geltend machen zu können muss eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegen.
- Die Vorsteuer kann mit der Jahreserklärung vom Finanzamt zurückgefordert werden.
- Selbstständige mit Brutto-Einnahmen bis zu 42.000 € können die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen,