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Stocker besucht Macron: Kritik an Vorschlag zum EU-Budget

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Frankreichs Präsident Macron empfing Bundeskanzler Christian Stocker
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Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) ist am Freitag vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Élysée in Paris empfangen worden. In dem Gespräch ging es um zentrale europäische Fragen, auch um die mehrjährige EU-Finanzplanung. Er sehe den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission kritisch und könne sich nicht vorstellen, dass dieser die Zustimmung Österreichs erhält, sagte Stocker. "Wir sind uns einig, dass eine Erhöhung nicht aus nationalen Beiträgen kommen kann."

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Eine Erhöhung der nationalen EU-Beiträge wäre "den Menschen nicht vermittelbar" in Zeiten wie diesen, verwies der Kanzler darauf, dass gegen neun EU-Staaten, darunter Österreich, ein EU-Defizitverfahren läuft. Stocker betonte weiters im Hinblick auf den EU-Finanzrahmen von 2028 bis 2034: "Ich teile die Bedenken der Landwirtschaft." Er werde alles daran setzen, die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich und die EU-Agrarmittel zu erhalten.

Offen zeigte sich Stocker für die Einführung neuer EU-Einnahmequellen. "Bei Schulden bin ich skeptisch, aber bei Eigenmittel gesprächsbereit", so der Kanzler. Mit Macron habe er über verschiedene Optionen gesprochen, er denke aber nicht an Unternehmenssteuern, so der Kanzler. Stocker nannte die Besteuerung von digitalen Plattformen und Einkaufsplattformen als Möglichkeiten, die Diskussion darüber aber erst begonnen.

Stocker erwartet schwierige Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen. Es sei schwer vorstellbar, dass dieser - so wie von der Kommission vorgeschlagen - auf zwei Billionen Euro angehoben werde. Es gehe nicht um mehr Geld, sondern darum, dieses besser auszugeben.

Stocker sieht sich auch noch der Gruppe der "Frugalen" (Österreich, Niederlande, Schweden, Dänemark) verbunden, die bei den vergangenen Verhandlungen auf eine Ausgabenbegrenzung bestanden haben. Man sehe die gemeinsame Verschuldung Europas kritisch und sei "auf der Schiene der Frugalen Vier". Österreich könne sich zu besseren Zinsen refinanzieren als andere EU-Staaten, sagte der Kanzler.

Mit Macron sprach Stocker auch über die europäische Verteidigung. Österreich wolle im Rahmen seiner Neutralität auch gemeinsame Plattformen für die Beschaffung von Rüstungsgütern nutzen, sagte der Kanzler. Die europäische Rüstungsindustrie sollte jedenfalls von Beschaffungen profitieren.

Gemeinsamkeiten mit Frankreich sieht Stocker auch bei der EU-Erweiterung um die Westbalkanstaaten sowie beim geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Zur Erweiterung verwies der Kanzler auf das Konzept der "graduellen Integration" der Kandidatenländer. Auch eine Teilnahme dieser Staaten am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wäre eine Möglichkeit einer Heranführung.

Zu Mercosur bemerkte Stocker, durch verschiedene Standards hätten hier Österreich und Frankreich "ein Thema" bei der Landwirtschaft. Stocker sagte, er wolle eine Lösung finden. Er habe bei Macron Skepsis gespürt. "Es ist ein Zusatzprotokoll mit entsprechenden Schutzklauseln zu verhandeln." Er sei aber optimistisch, dass dies gelingen könne, so der Kanzler.

Macron empfing den Bundeskanzler im Élysée in Begleitung der Republikanischen Garde. Stocker zufolge war das Gespräch mit Macron "ausführlich und intensiv". Man habe in manchen Themen große Übereinstimmung gefunden, bei anderen Themen seien die Ansichten differenzierter gewesen, so der Bundeskanzler anschließend.

Beim Thema Wettbewerbsfähigkeit Europas hätten Österreich und Frankreich eine ähnliche Sicht der Dinge. Das bilaterale Handelsvolumen betrage derzeit rund zwölf Milliarden Euro, es gebe das gemeinsame Bemühen, das Volumen noch zu steigern.

"Große Übereinstimmungen" sieht Stocker auch beim Thema Migration, beide Länder seien davon betroffen. Zu den weiters diskutierten Fragen zählten auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die aktuelle Lage im Nahen Osten.

Vor seinem Antrittsbesuch in Paris hatte Stocker am Dienstag die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom besucht. Seinen deutschen Amtskollegen Friedrich Merz hatte Stocker bereits Ende Juni in Berlin getroffen.

Zum Abschluss seines Programmes besuchte Stocker die Europäische Raumfahrtorganisation (ESA) an ihrem Hauptsitz in Paris. Dabei traf der Bundeskanzler mit dem aus Österreich stammenden ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher und Österreichs ESA-Reserveastronautin, Carmen Possnig, zusammen.

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