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"Insektenfirma" Reploid plant IPO an der Wiener Börse

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Die "Insektenfirma" Reploid, seit heuer im direct market plus der Wiener Börse gelistet, hat sich für die nächsten Jahre einiges vorgenommen. 2020 gegründet, schaffte der Hersteller von Systemen zur industriellen Insektenmast in nur kurzer Zeit den Sprung aufs Börsenparkett. Durch den mittelfristigen Aufstieg in ein höheres Segment einschließlich Kapitalerhöhung - also ein klassischer IPO - soll weitere Expansion möglich werden, verriet CEO Philip Pauer im APA-Interview.

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Schon jetzt kann die Firma mit Sitz in Wels (Oberösterreich) auf Jahre schnellen Wachstums zurückblicken: Nach erfolgreichen Pilotversuchen etablierte sich Reploid rasch als innovatives GreenTech, das Interesse bei Geldgebern weckte. Mehrere Finanzierungsrunden legten den finanziellen Grundstein für die weitere Entwicklung, die unter anderem den Eintritt in den deutschen Markt brachte und im Sommer im Listing an der Börse in Wien gipfelte. Die Kundennachfrage steige stetig, erzählte Pauer, zuletzt hätten auch vermehrt Konzerne aus Übersee bei Reploid angeklopft.

Attraktiv mache das Unternehmen vor allem sein Alleinstellungsmerkmal: Mit patentierter Technologie habe man ein Geschäftsfeld gefunden, das auf die industrielle Verwertung von organischen Resten der Lebensmittelindustrie zielt und damit das Prinzip der Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel der Emissionsreduktion verbinde. Da Müll und Reste überall anfallen, seien die angebotenen Lösungen potenziell rund um den Globus einsetzbar. Direkte Konkurrenz gebe es in der Sparte so gut wie keine, erklärte Pauer.

Konkret stellt Reploid für seine Kunden modulare Systeme zur Mast der Larven der sogenannten Schwarzen Soldatenfliege her. In diesen Anlagen werden die Larven des Insekts auf eine auf den jeweiligen Standort abgestimmte Futtermischung aus organischen Reststoffen angesetzt. In Frage kommen dabei diverse Restprodukte, für die Lebensmittelkonzerne, Brauereien oder auch landwirtschaftliche Betriebe keine Verwendung mehr haben: Darunter beispielsweise Treber von Hopfen und Weizen aus der Bierproduktion, Molke aus der Milchverarbeitung oder Kartoffelschalen von Lebensmittelproduzenten.

Die gemästeten Larven können getrocknet oder gefroren als Rohstoff für Tierfuttermittel verwendet, oder in hochwertige Proteine und Fette weiterverarbeitet werden. Diese finden sowohl als Tierfutter als auch in der Industrie Anwendung. Mit den bei der Mast anfallenden Ab- und Ausscheidungen der Insekten (dem "Fraß") gewinnt Reploid wiederum organischen Premiumdünger. Durch den Prozess werden an sich schwer verwertbare Lebensmittelreste also zu einem neuen Produkt. Außerhalb der EU ist dieser "Fraß" auch als Futtermittel einsetzbar, was insofern von Bedeutung sei, als die damit gefütterten Tiere aufgrund der vorherigen Fermentierung der Stoffe 60 bis 80 Prozent weniger Methan ausstoßen, so Pauer.

Vergleichbar sei die Funktionslogik der Anlagen in etwa mit Komposthaufen, erklärte Pauer. Im Gegensatz dazu erfolgt die Verwertung der Stoffe bei Reploid aber in industrieller Dimension, optimiert um wissenschaftliche Erkenntnisse und wesentlich effizienter. Damit liege auch der Vorteil für Kunden bzw. die Zulieferer der Rohstoffe auf der Hand: Sie werden große Mengen organischer Reste los, die bei einer Deponierung Faulgas emittieren würden bzw. anderweitig und möglicherweise auch kostspielig entsorgt werden müssten.

Das Geschäftsmodell von Reploid beruht dabei nicht nur auf dem Verkauf der Anlagen. In manchen Fällen bleibt das Unternehmen auch an den "ReFarmUnits" - so werden die hergestellten Module genannt - beteiligt und profitiert damit finanziell längerfristig. Damit wird die Verwertung der gemästeten Insektenlarven zu einer weiteren, zunehmend bedeutenderen Einnahmequelle für das Unternehmen.

Kein Thema ist für Pauer, aus Insekten Produkte direkt für die menschliche Ernährung zu erzeugen. Den Trend zum Verzehr von Insekten gebe es zwar, in Europa sei der Markt allerdings überschaubar. Aber auch ohne diese Schiene stehe Reploid gut da: Das Geschäft werfe bereits Gewinne ab, außerdem steige neben dem wachsenden Kundeninteresse auch die Mitarbeiterzahl - derzeit sind es etwa 90 Beschäftigte - stetig: "Wir sind eigentlich permanent auf der Suche, vor allem nach fremdsprachigen Fachkräften, die unser internationales Wachstum stützen können", sagte der Vorstandsvorsitzende.

Auch unter größeren Investoren hat sich Reploid mittlerweile einen Namen gemacht. Im August stiegen der deutsche Fleisch-Großkonzern Premium Food Group (früher: Tönnies) und das Kunststoffunternehmen Baerlocher ein. Die Wiener Investmentgesellschaft Tauros Capital gewährte Reploid eine millionenschwere Wachstumsfinanzierung, darüber hinaus bestehen zahlreiche Kooperationen. Dementsprechend selbstbewusst gibt sich Pauer mit Blick in die Zukunft: Im Bereich der modularen Insektenproduktion strebe man nicht weniger als globale Marktführerschaft an. Und zu diesem Zweck sei ein öffentliches Angebot (IPO) - beim Listing erfolgte keine Aufstockung der Aktien und damit keine Kapitalerhöhung - genau die richtige Maßnahme. Wann es so weit ist? Pauer: "Ein konkretes Datum kann ich nicht nennen. Wir planen den Schritt für die kommenden Jahre."

LINZ - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/VIVATIS

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