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Sie wolle nun "erst mal abwarten", sagte Windl nach der Verhandlung. Sie wolle sich jedenfalls in Österreich künftig "ein bisschen handzahmer" geben - "wenn nur so mein Aufenthalt hier gesichert werden kann". Ihr Anwalt Ralf Niederhammer sprach von "einer sehr korrekten Verhandlung". Er unterstrich dennoch, dass "das, was hier passiert, eigentlich für schwere Straftäter, die Verwaltungsübertretungen begehen, vorgesehen" sei.
Die für drei Stunden angesetzte Verhandlung war am Vormittag mit der Befragung der Aktivistin gestartet. Es sei für sie irritierend, dass "friedlicher Protest als sicherheitspolizeiliches Problem gewertet" werde. "Dann wird nicht die öffentliche Ordnung gestört, sondern nur die politische Ruhe."
Währenddessen hatten sich einige Dutzend Unterstützerinnen und Unterstützer bereits bei einer Kundgebung gegen das Aufenthaltsverbot versammelt. Windl solle des Landes verwiesen werden, während immer noch diskutiert werde, "ob Klimaschutz zumutbar" sei, hieß es in einer der Reden.
Wie die Deutsche zur Zumutbarkeit ihrer Proteste steht, wollte auch die zuständige Richterin am Mittwoch wissen. Man habe bei Blockaden nie den fließenden Verkehr auf Autobahnen gestört. "So fetzendeppat sind wir nicht", erklärte sie. Zwar sei damals während der Kampagne der "Letzten Generation" auch angekündigt worden, gegebenenfalls fossile Infrastruktur zu stören. Dazu sei es jedoch letztlich nie gekommen.
Auch eine Schmieraktion an der ÖVP-Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse Anfang Jänner während der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ war Thema. Die Verhandlungen "hätten sie maßlos aufgeregt", so Windl, deswegen sei es zu der Schmieraktion gekommen. Die 28-Jährige hatte damals die Fassade der Zentrale der Partei mit Hundekot beschmiert - Motto: "Ihr stinkt nach brauner Scheiße."
"Warum nicht auf eine andere Art, die keine Beschädigung nach sich zieht?", fragte die Richterin. "Ich war auf genügend Demos mit hübschem, buntem Schild", antwortete sie. Von anderen Bewegungen wie "Fridays For Future" habe sie sich zum Zeitpunkt ihres Engagements bei der "Letzten Generation" "nicht mehr abgeholt gefühlt".
Sie habe an genug solcher Protestaktionen teilgenommen, ihr sei es darum gegangen, eine Diskussion anzustoßen. Sie würde dennoch heute "so etwas nicht mehr machen", sagte die Aktivistin - "weil ich - ganz ehrlich - in Österreich bleiben will."
Auf die Frage des Vertreters des BFA, ob sie ausschließen könne, in Zukunft an weiteren Protesten dieser Art in Österreich teilnehmen werde, antwortete sie: "Ich kann mich kontrollieren. Ich stehe nicht einfach aus dem Bett auf und steh' dann vor der ÖVP-Zentrale."
An Klebeprotesten mit Quarzsand und Superkleber - bekannt als "Mumienhände" - habe sie zweimal in Österreich teilgenommen. Der Grund dafür sei gewesen, dass die Aktionen nicht so schnell beendet werden könnten. Sie habe bei vorherigen Protesten mit Mumienhänden in Deutschland erlebt, dass dort eine Auflösung des Protestes auch erfolgen konnte "ohne, dass wir von der Fahrbahn geschnitten werden mussten". Mehrere Aktivistinnen und Aktivisten hatten sich damals im November 2023 unter anderem am Wiener Ring und auf der Südautobahn (A2) festbetoniert. Auch zahlreiche Schüttaktionen hätten nur einer kurzfristigen Verlängerung der Protestaktionen gedient.
Im Verlauf der Verhandlung kam es zu durchaus hitzigen Scharmützeln zwischen der 28-Jährigen und Niederhammer auf der einen sowie dem aktführenden Beamten des BFA auf der anderen Seite. "Sie sprechen viel von Strategie. Sie erwirken den Eindruck, dass sie in einem Kampf mit wem auch immer stehen", sagte der Beamte des BFA. "Man kann sich sehr wohl Gedanken über Strategie machen und wie man protestiert", polterte Niederhammer daraufhin.
Alleine die Übertretung einer Verwaltungsvorschrift bedeute keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Es gebe "einige wenige strafrechtliche Vorwürfe" gegen seine Mandantin, sagte Niederhammer. "Diese stellen aber ebenfalls keine Gefährdung dar." Das BFA sehe in Windl eine abstrakte Gefährdung ohne konkreten Anlass. Ihre letzten Verwaltungsübertretungen würden aus dem vergangenen Jahr stammen, der letzte strafrechtliche Vorwurf aus dem Jänner 2025.
Eine solche Gefährdung bleibe jedoch auch, wenn man Protestaktionen einen "Anstrich von Legitimität" verpassen wolle, hielt wiederum das BFA gegen Ende des Gerichtstermins fest. Auch dass Windl während des laufenden fremdenrechtlichen Verfahrens immer wieder im benachbarten Deutschland an Klebeprotesten teilgenommen habe, lasse "weitere einschlägige Störaktionen befürchten", argumentierte das BFA.
Während die Verhandlung am frühen Nachmittag für die Öffentlichkeit beendet wurde, blieben Windl, Niederhammer sowie der Vertreter des BFA weiter im Saal, um "nicht öffentlichkeitsrelevante Details" zu erläutern.
Die Richterin wollte sich am Nachmittag auch die Möglichkeit vorbehalten, den Ausgang des Strafverfahrens gegen die Aktivistin abzuwarten. Wie das Gericht um nach 13.00 Uhr erklärte, solle das Erkenntnis zum Aufenthaltsverbot jedenfalls schriftlich zugestellt werden. Wann das der Fall sein wird, war am Nachmittag noch nicht klar.
Wird die Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot tatsächlich jedoch vor dem Strafprozess am Wiener Landesgericht abgewiesen, besteht auch die Möglichkeit, dass die Studentin daran nicht teilnehmen kann. Für den Prozess, der im Frühjahr starten soll, gibt es noch keinen Termin. Wobei ihr Anwalt Ralf Niederhammer am Mittwoch betonte, dass im Fall einer Abweisung der Beschwerde noch immer die Möglichkeit eines Rechtsmittels bestehe.
Windl lebt seit Herbst 2017 in Klagenfurt. Die bayrische Studentin gilt als eines der Gesichter des im August 2024 aufgelösten österreichischen Ablegers der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation". Zum Aufenthaltsverbot war es im vergangenen März nach einem mehr als zwei Jahre andauernden fremdenrechtlichen Verfahren gekommen. Das BFA wirft der 28-Jährigen eine "massiv querulatorische Neigung" sowie eine "weitreichende Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung" vor.