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Im Sammelfieber: Alte Röhrenradios als Renditekaiser

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Für gut erhaltene alte Röhrenradios zahlen Liebhaber und Sammler immer höhere Preise.

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Rare, gut erhaltene Röhrenradios haben gute Chancen auf Wertgewinne, bei der ­Durchschnittsware stagnieren die Preise. Wo sich der Einstieg in die Rundfunk-Nostalgie lohnt.

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Für den digitalen Empfang Hunderter Radiosender ist keines seiner Geräte bereit. Das spielt für den Waldviertler Oswald Winter, Geburtsjahr 1931, aber keine Rolle. Er ist seit zwanzig Jahren leidenschaftlicher Sammler antiker Radios, Grammofone und Detektoren.

Dass seine Jagd auf Überbleibsel der Radio- und Musikgeschichte auch mit Wertsteigerungen der seltenen Geräte einhergeht, hat Radiosammler Winter anfangs gar nicht bedacht. Dabei können diese recht hoch ausfallen. So hatte der 78-Jährige vor rund ­sieben Jahren das Glück, um rund 900 Euro ein Radio des Erzeugers Ingelen, Type Geographic Z217 DJ, zu erwerben. Das Radio, dessen Skala eine Europakarte ziert, die mittels Lichtpunkten anzeigt, welcher Sender gerade eingestellt ist, gilt sowohl technisch als auch dekorativ als herausragend. Aktuell ist der Ingelen Geographic, der 1930 in Österreich gebaut wurde, im Top-Zustand bis zu 2.500 Euro wert.

Den Vogel schießt freilich der sogenannte Siemens D-Zug ab. Das erste dreistufige Röhrengerät, das Siemens anlässlich der Einführung des deutschen Rundfunks im Jahr 1924 auf den Markt brachte, erzielte 2009 einen Kaufpreis von 10.750 Euro. Bis zu 20.000 Euro möglich. Ernst Erb, Radiosammler und Autor des Buches ­"Radios von gestern", das als Bibel der Radio­lektüre eingestuft wird: ­"Der Siemens D-Zug ist das absolute Highlight ­unter den Altradios. Er könnte auch einen Preis von 20.000 Euro erreichen.­" Und selbst eine der insgesamt nur sechs Repliken des ­Gerätes würde heute mehrere Tausend Euro einbringen.

Bereits wesentlich günstiger kommen ra­dioaffine Käufer beim ­"Deutscher Arbeitsfront Empfänger DAF 1011­" weg. Das 1936 erzeugte Radio, das in geringerer Auflage als der landläufig als ­"Volksempfänger­" bekannte DKE unters Volk kam, diente als Standardgerät für den Empfang an der Arbeitsstelle. Im Jahr 2006 zahlte ein Sammler für das damals 70 Jahre alte Radio 1.600 Euro. Unter den Nachkriegsradios sind vor allem Designerstücke gefragt. Ein Beispiel: Der von Dieter Rams entworfene ­"Braun Weltempfänger T1000­" aus dem Jahr 1963 brachte 2009 einen Verkaufs­erlös von 1.700 Euro.

Spitzenpreise nur für Top-Geräte

Radiokenner Winter: ­"Spitzenpreise sind aber nur zu erzielen, wenn sich das Rundfunkgerät im 1a-Zustand befindet. Wenn das Gehäuse beschädigt ist, fällt der Wert gleich um die Hälfte.­" Wenn Röhren oder andere technische Teile fehlen oder nicht funktionieren, ist eine Preisminderung um bis zu 80 Prozent möglich.

So kam 2008 in Deutschland ein "Siemens D-Zug­" zum Preis von 14.800 Euro auf den Markt. Das war aber selbst eingefleischten Sammlern zu viel, weil das Wappenemblem von Siemens und drei wichtige Aufsteckröhren fehlten. Sammler Winter: ­"Die technische Ausstattung muss original sein. Eine fehlende Röhre kann bis zu 300 Euro kosten, manche Teile sind überhaupt nicht mehr zu bekommen. Das macht selbst alte und seltene Radios fast wertlos.­"

Wer beim Kauf antiker Radios rein auf Rendite aus ist, wird es aber schwer ­haben. Experte Erb: ­"Beim Sammeln geht es um Qualität, nicht Quantität.­" Speziell seit das Internet zum Tummelplatz der Fangemeinde alter Röhren­radios geworden ist, wurde der Markt transparenter. Online-Auktionen haben zwar das Finden eines sammelwürdigen Objekts wesentlich vereinfacht, drücken aber auf den Preis.

Rainer Steinführ, deutscher Radio­experte: ­"Der bekannte, 1938 produzierte Volksempfänger DKE galt jahrzehntelang als Rarität. Durch die verbreitete Nutzung von eBay tauchten plötzlich zahlreiche Geräte auf dem Markt auf. Das hat den Wert deutlich verringert, ein Abschlag bis zu 50 Prozent war die Folge. Je nach Zustand ist ein Volksempfänger DKE nun um 75 bis 250 Euro zu haben.­"

Erwin Macho, Experte für Unterhaltungstechnik am Wiener Dorotheum sowie Kurator für die Sammlung früherer Erzeugnisse der Firma Kapsch, bestätigt die­se Tendenz: ­"Die 1990er-Jahre waren das goldene Zeitalter der Radios. Seit der Euro­-Einführung hat sich der Markt verflacht. Bei Geräten mit weniger Seltenheitswert wird nur mehr die Hälfte geboten wie vor zehn Jahren.­" Sammler Steinführ findet einen weiteren Grund: ­"Der beobachtete Preisfall liegt teilweise auch an der angespannten wirtschaftlichen Lage.­"

Fazit: Das Sammeln alter Radios sollte eine Passion bleiben. Dorotheum-Experte Macho: ­"Es ist kaum möglich, mit Radios ein Geschäft zu machen.­" Er rät daher von spekulativen Käufen ab. Mit etwas Glück kann man aber doch eine ansehnliche Rendite erzielen. Denn es kann immer passieren, dass ein wenig fachkundiger Anbieter ein Top-Gerät billig abgibt. Solch günstige Funde machen Radiosammler Oswald Winter besonders Freude.

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