
Der Foto-, Optik- und Hörgerätehändler im trend-Interview über grenzwertige Lohnkosten, den teuren Handels-KV – und Apples AirPods, die neuerdings auch als Hörgeräte promotet werden.
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trend: Apple verkauft seine AirPods neuerdings auch als Hörgerät, nach Freigabe durch die US-Gesundheitsbehörde. Ein direkter Angriff auf ein zentrales Geschäftssegment?
Hartlauer: Wir sehen die AirPods nicht als Konkurrenz, im Gegenteil. AirPods sind ein guter Einstieg in das Thema für Konsumenten, die sich ohnehin in der Regel um zehn Jahre zu spät eingestehen, eine Hörhilfe zu benötigen.
Aber echte Hörgeräte kosten doch bis zu mehrere Tausend Euro mehr als AirPods?
Nein, das sehe ich genau umgekehrt. Anders, als man glauben würde, gibt es Hörgeräte zum Kassentarif und daher um null Euro. AirPods hingegen müssen jedenfalls gekauft werden. Allerdings gibt es dabei eine geringere Hemmschwelle und ausprobieren kann man die AirPods allemal. Das Gleiche gilt natürlich auch für Hörgeräte, die man ebenfalls die ersten zwei bis drei Monate völlig kostenlos testen kann.
Der Gesundheitssektor ist seit Jahren der wichtigste Wachstumsbereich für Sie, nun offenbar auch für Apple?
Seh- und Hörbehelfe machen mittlerweile zwei Drittel unseres Umsatzes aus, und wenn wir Filialen vergrößern, dann hauptsächlich wegen unseren Hörakustikstudios. Daher wird auch unsere Verkaufsfläche immer größer, obwohl die Filialanzahl gleich bleibt.
Das heißt, Sie sind schon lange kein Händler mehr, sondern Anbieter von Dienstleistungen?
Ja, zum Glück, denn speziell im Handel drohen die Lohnkosten komplett aus dem Ruder zu laufen. Wir mussten seit zwei Jahren in Summe eine Steigerung von über 20 Prozent verkraften. Ich hoffe, dass sich das nun ein wenig einschleifen wird und wir bei den KV-Verhandlungen im Herbst keine bösen Überraschungen erleben werden.
Aber weniger Kaufkraft durch niedrige KV-Abschlüsse kann auch nicht in Ihrem Sinne sein.
Das Problem liegt woanders: Bei einer Gesamtsteuerlast für fleißig arbeitende Menschen von 53 Prozent auf den Lohnaufwand – nur der Rest kommt netto an – sehe ich persönlich einen gesamtpolitischen Handlungsbedarf. Wenn ich als Mitarbeiter nicht einmal die Hälfte, die ich dem Unternehmen wert bin, in meinem Taschl finde, schrillen alle Alarmglocken. Die Systeme sind absolut an der äußersten Kippe, an der Grenze, und die gehören zurückgefahren.
Sie sehen da ein grundsätzliches Problem?
Ja, ein Mehr an Leistung müsste auch mehr Vorteile im Steuersystem bringen, das ist heute nicht der Fall. Wer heute mehr arbeitet, zahlt leider auch prozentuell mehr Steuern. Dies müsste als Anreizsystem aus meiner Sicht genau umgekehrt sein.
Das Interview erschien in der trend.EDITION-Ausgabe vom 27. Juni 2025.