
Für die Eigentümerin Eveline Pupeter war die Umsetzung einer EU-Verordnung "ein Kraftakt sondergleichen". Er hat dazu geführt, dass aus der Emporia Telecom „mehr oder weniger ein neues Unternehmen geworden“ ist.
©emporia TelecomDer Linzer Handyhersteller hat sich durch das so genannte Energielabel quasi neu erfinden müssen, erzählt Eigentümerin Eveline Pupeter.
Eveline Pupeter musste erstmal schlucken, als sie vor drei Jahren erfuhr, dass das sogenannte Energielabel der EU mit 20. Juni 2025 auch für Smartphones gelten würde. „Wie sollen wir das alles schaffen. Ich hatte wirklich Sorge“, erinnert sie sich an den Moment, als sie mit ihren Leuten erstmals die Anforderungsprofile durchging. Das Bestreben der Union, die Wirtschaft nachhaltiger zu machen, fordert von Unternehmen große Veränderungen, die teils sehr tief in die Prozessketten eingreifen. „Konzerne wie Samsung oder Apple tun sich damit verhältnismäßig leicht. Für ein kleines Unternehmen wie das unsere war das ein Kraftakt sondergleichen“, sagt die Chefin von Emporia Telecom, die sich nach den speziellen Herausforderungen der Pandemie (Lieferketten, Dollar-Wechselkurs) und Inflation mit der nächsten Superchallenge konfrontiert sah. Aber, so die Linzerin: „Aufgeben war keine Option. Dafür haben wir in den letzten Jahrzehnten zu viel aufgebaut.“
Gesamtes Sortiment neu entwickelt
Für den Hersteller aus Linz war die Umsetzung dieser Verordnung geschäftskritisch im doppelten Wortsinne. „Das gesamte Sortiment musste überarbeitet, 30 Geräte in Design und Fertigung neu entwickelt werden.“ Um eine wettbewerbsfähige Zertifizierung zu bekommen, schreibt die EU-Verordnung schreibt unter anderem vor, dass Geräte auch für Laien reparierbar sein müssen, die Anleitungen müssen die Hersteller bereitstellen. Ersatzteile und Software-Updates müssen auf mindestens sieben Jahre zur Verfügung gestellt werden. Akkus müssen länger halten, Displays bruchsicherer sein, wenn Flüssigkeiten über das Gerät geschüttet werden, darf keine Kondensation passieren. „Bislang waren Smartphones verschweißt, jetzt müssen die Deckel abgenommen werden können für Akkutausch und Reparaturen. Härteres Display-Glas und eine Art innerer Tauchanzug für das Gerät machten auch die Entwicklung neuer Spritzgussverfahren notwendig.“ Jede Verpackung, jede Bedienungsanleitung – alles neu. Selbst die Strahlungswerte mussten neu vermessen und zertifiziert werden. "Der gesamte Prozess hat uns rund zwei Millionen Euro gekostet, das ist keine Kleinigkeit für ein mittelständisches, österreichisches Unternehmen."
In Eigenregie durchgezogen
Nach zwei Jahren Planung wurde ab dem Sommer 2024 umgesetzt, und das in Eigenregie. „Unser CTO kommt aus Hagenberg und ist extrem kompetent,“ lobt Pupeter den Projektleiter Harald Obereder. Nur für die Prüfung – ob alles passt – hat der Hersteller eine spezialisierte deutsche Agentur herangezogen, die die Audits durchgeführt hat. Aus der Umsetzung einer EU-Verordnung ist „mehr oder weniger ein neues Unternehmen geworden“, sagt Pupeter, die mittlerweile stolz ist, das Ganze durchgezogen zu haben. „Das Feedback von unseren Kunden und Partnern auf die neuen Geräte ist sehr gut,“ sagt Pupeter. „Wenn immer erst die anderen mit der Nachhaltigkeit beginnen sollen, kommen wir als Gesellschaft nicht weiter“.
Das Ecolabel ist mit B erstklassig, nur bei einem Aspekt wollte die Eigentümerin keine Abstriche machen. „Mit dem Weglassen der gedruckten Bedienungsanleitungen hätten wir uns ein paar Punkte holen können. Aber das Nachschlagen auf Papier schätzt unsere Zielgruppe besonders“. Und das mit dem Akkutausch ist bei emporia seit Langem Ehrensache. Den gibt’s kostenlos, für alle die in Linz vorbei schauen bzw. zum Selbstkostenpreis per Postversand. „Zu uns kommen heute noch Kunden:innen, um Akkus zu tauschen von Geräten, die sie vor 20 Jahren gekauft haben.“ Nachhaltigkeit war so gesehen schon immer Thema, nun haben die Linzer Handybauer das mit Brief und Siegel.
Zum Unternehmen
Emporia Telecom
Emporia Telecom stellt Tastentelefone und Smartphones her und hat im vergangenen Jahr 600.000 Geräte verkauft. 350.000 davon sind Smartphones, die ein aktuelles Android-Betriebssystem haben und sowohl im Android-Modus als auch mit einer reduzierten bedienerfreundlichen Oberfläche bedient werden können. Das Linzer Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden hat Standorte in Brüssel, Frankfurt, London, Mailand, Paris und Shenzhen, wo auch produziert wird. Auf dieser EU-Website können Verbraucher:innen die Ecolabels von Geräten vergleichen.