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Warum die Kärntner Hasslacher Gruppe nach Kanada ging

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 © tinephoto.com/Martin Steinthaler

Christoph Kulterer übernahm vor rund 20 Jahren die Geschäftsführung und die Mehrheit der Hasslacher Gruppe von seinem Vater.

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Weil in Österreich Flaute herrscht, sucht die Kärntner Holzindustrie-Gruppe Hasslacher ihr Glück verstärkt in Auslandsmärkten. Doch auch in Kanada und Spanien lauern erhebliche Tücken vom US-Zoll bis zur drohenden Wohnbaukrise. Ein Lehrstück.

Auf den ersten Blick haben Kanada und Österreich wenig gemein, zumindest was die Dimensionen betrifft. Schließlich hat der nordamerikanische Staat 4,5-mal so viele Einwohner:innen und ist 120-mal größer als Österreich. Doch was Deutschland für Österreich ist, sind in gewisser Weise die USA für Kanada. Ein dominanter Nachbar, von dessen Wirtschaft die eigene abhängt, verbindet.

Spätestens seitdem das Freihandelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU in Kraft ist, wachsen die wirtschaftlichen Verbindungen deutlich an. Die US-Zollpolitik scheint das jetzt noch zu beschleunigen. Immer mehr heimische Unternehmen wagen den Sprung nach Übersee. Eines davon ist die Kärntner Hasslacher Gruppe.

Nachdem die Exporte seiner Holzprodukte in den nordamerikanischen Markt kontinuierlich zunahmen, entschied sich das Team um Eigentümer und CEO Christoph Kulterer 2024 für eine Beteiligung bei dem Massivholzproduzenten Element5 in der Nähe von Toronto. „­Kanada setzt verstärkt auf regionale Ressourcen und nachhaltigen Holzbau – daraus ergeben sich für uns attraktive Chancen“, sagt Kulterer, der den Betrieb von seinem Vater übernommen hat. Von der erratischen Zollpolitik Donald Trumps war damals noch keine Rede. Dass das kleine Pflänzchen so schnell wachsen würde, kam überraschend: Kürzlich wurde die Produktionsstätte in St. Thomas verdoppelt, im Bereich der Massivholzgebäude zählt die Hasslacher Gruppe mit ihren Beteiligungen mittlerweile zu den nordamerikanischen Marktführern.

Zwei Drittel der produzierten Leimbinder gehen von Kanada in die USA – noch sind die Lieferungen zollfrei, dank des Handelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko (USMCA). Ob Trump auch daran rütteln wird, ist aber noch unklar. Hasslacher agiert aufgrund des schwachen Heimmarktes nach dem Motto: besser Risiko auswärts als Flaute daheim.

Zwischen riskantem Auslandsgeschäft und schwachem Heimmarkt

Rund 2.000 Mitarbeitende arbeiten für die Gruppe, die 1901 von Jakob Hasslacher, dem Urgroßvater des heutigen Eigentümers, gegründet wurde. 2007 übernahm Kulterer die Geschäftsführung, seitdem war der Firmenerfolg von Übernahmen geprägt. Mittlerweile hält das Unternehmen mehrere Standorte in Kärnten, der Steiermark, Osttirol, Slowenien, Spanien und Kanada. Der Umsatz stieg im Vorjahr zwar um 3,5 Prozent auf 521 Millionen Euro, doch aus einem minimalen Konzerngewinn 2023 wurde 2024 ein Jahresverlust von rund sieben Millionen Euro.

Bis zum Jahresende sei man gut ausgelastet, so CEO Kulterer, das erste Quartal 2026 werde jedoch spannend: „Gerade in unseren Kernmärkten im D-A-CH-Raum verzeichnen wir derzeit eine deutliche Abschwächung. Uns gelingt es zwar, im Holzbau weiter Marktanteile zu gewinnen, aber einem insgesamt rückläufigen Markt kann sich niemand vollständig entziehen.“ Außer man geht nach Kanada, so die Logik des Hasslacher-Chefs. Wie viele heimische Unternehmen muss er sich zwischen dem vertrauten, aber schwachen österreichischen Markt und dem riskanten Auslandsgeschäft entscheiden.

Warum Kanada interessant ist

Gregor Postl, der Wirtschaftsdelegierte der Wirtschaftskammer in Toronto, verzeichnet 15 Prozent mehr Anfragen von österreichischen Firmen, die sich für Kanada interessieren. „Was für Kanada spricht, ist die Stabilität und dass es ein Freihandelsabkommen mit der EU gibt. 40 Millionen Einwohner ist auch kein kleiner Markt.“ Postl sieht Kanada als „Nordamerika light“. Das Land ist deutlich europäischer als die USA und bietet die Chance, sich am nordamerikanischen Markt zu probieren, ohne gleich in den umkämpften US-Markt einsteigen zu müssen. In der nationalen kanadischen Holzindustrie zeigt die USA-Ausrichtung bereits ihr Risikopotenzial. Die kürzlich Allerdings ist die Verflochtenheit mit dem großen Nachbarn groß – und in Zeiten wie diesen somit auch gefährlich. Mit 76 Prozent sind die USA mit weitem Abstand der wichtigste Exportmarkt Kanadas, auf Platz zwei rangiert China mit lediglich 3,8 Prozent. Die Chance, sich über Kanada an den US-Markt heranzutasten, ist für Unternehmen zwar groß, das Risiko, dass Trumps Zollchaos dazwischenfunkt, jedoch ebenso. Noch sind die Hasslacher-Produkte, die mehrheitlich von Kanada in die USA gehen, zollfrei. Eine Garantie, dass das so bleibt, gibt es unter Trump jedoch sicher nicht.

In der nationalen kanadischen Holzindustrie zeigt die USA-Ausrichtung bereits ihr Risikopotenzial. Die kürzlich veröffentlichten Zahlen für das dritte Quartal von Canfor sprechen deutliche Worte. Der kanadische Marktriese kämpft mit einem operativen Verlust von 208 Millionen Dollar. Kanada sei in der Holzindustrie wegen dieser Abhängigkeit „der schlechteste Ort für Produktion überhaupt“, meint Reinhard Binder von Binderholz, dem zweitgrößten Namen der heimischen Holzbranche. Außerdem sei man stark technikabhängig. 

Kulterer lässt sich aber nicht beirren. Noch ist das kanadische Werk im Aufbau, für das kommende Jahr erwartet man in der Firmenzentrale im Kärntner Sachsenburg jedoch bereits einen ­Umsatz von mehr als 60 Millionen kanadischen Dollar. „Der Ingenieurholzbau gewinnt dort massiv an Bedeutung“, ist der Kärntner Unternehmer überzeugt. „Vor diesem Hintergrund haben wir uns bewusst entschieden, mit einer Beteiligung an Element5 eine eigene Produktionsbasis vor Ort aufzubauen.“

Warum Hasslacher international agiert

Doch auch in Europa ist nicht alles Tristesse. Auf dem Heimkontinent setzen die Kärntner vor allem auf Spanien. Das südeuropäische Land ist einer der Wachstumstreiber der EU. Mit einem Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent im Vorjahr findet sich Spanien klar über dem EU-Durchschnitt wieder. Für 2025 und 2026 wird Spanien ein BIP-Wachstum von 2,9 bzw. 2,3 Prozent prognostiziert. 

Neben einem starken Privatkonsum wurde der Aufschwung auch von zunehmenden Bauinvestitionen getragen. Davon hat die Hasslacher Gruppe profitiert, die im nordspanischen Baskenland Standorte hält. „Vor allem das Projektgeschäft läuft in Spanien gut. Die Stimmung in der Wirtschaft unterscheidet sich spürbar von jener in Österreich, was sich auch in der Dynamik am Markt zeigt“, gibt sich Eigentümer und CEO Kulterer auch hier optimistisch.

Risikofrei ist aber auch der spanische Markt nicht. Zwar boomt beim ehemaligen Sorgenkind der EU die Börse und die jahrelang extrem hohe Arbeitslosigkeit sinkt, Expert:innen warnen aber vor der politischen Instabilität des Landes und der zunehmenden Wohnbaukrise. Die Bauwirtschaft schwächelte zuletzt wieder.

Egal ob in Europa oder in Übersee, Auslandsmärkte sind in diesen Zeiten so volatil und unkalkulierbar wie selten zuvor. Gleichzeitig ist der Holz-Heimmarkt auf Talfahrt. Nach den Boomjahren 2021 und 2022 geht das Geschäft besonders im D-A-CH-Raum deutlich zurück. Grund dafür ist der Einbruch in der Bauindustrie, der sich negativ auswirkt. Das trifft auch die großen Namen der Branche. Während der Hochzeit in den Jahren 2021 und 2022 erreichte Hasslacher außergewöhnliche Spitzenwerte. 2021 stieg der Umsatz auf rund 606 Millionen Euro und die EBIT-Marge lag bei 17,6 Prozent. 2024 lag die EBIT-Marge nur bei rund einem Prozent, hohe außerplanmäßige Abschreibungen und gestiegene Zinskosten führten 2024 unterm Strich in die Verlustzone.

Trotz allem Risiko sprechen auch die Lohnstückkosten für das Ausland: „Wenn sich die Situation in Österreich noch zwei bis drei Jahre fortsetzt, wird der Zug abgefahren sein – mit allen Konsequenzen. Das muss die Politik wissen“, so Kulterer. Für die Hasslacher Gruppe geht der Zug deshalb über die Landesgrenzen hinweg – von Spanien bis Kanada.

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 21. November 2025 erschienen.

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