
Der Haustiermarkt wächst rasant, und damit auch das Geschäft von jenen Unternehmen, die sich auf die Versorgung von Waldi, Minki & Co. mit hochwertiger Nahrung, Gesundheitsüberwachung und innovativen Services spezialisiert haben.
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Wenn sich – manchmal schlagartig – die Sicht auf ein Thema wandelt, kann das einen Paradigmenwechsel auslösen, der ganze Branchen umkrempelt. Konsumverhalten, Dienstleistungsangebote und Marktstrukturen verändern sich dann rasant. Ein Paradebeispiel dafür ist der Haustiermarkt.
Gerade seit der Coronapandemie sehen viele Hunde- und Katzenhalter ihre Tiere mit neuen Augen. „Vor 20 Jahren war es eigentlich völlig undenkbar, dass man mit Haustieren ein Bett teilt“, sagt Michael Hurnaus. Hurnaus ist CEO und Mitgründer des Scale-ups Tractive, das vor zwölf Jahren mit GPS-Trackern für Haustiere eine Marktlücke entdeckte. Er weiß auch, wie sich das neue Rollenverständnis auf das Konsumverhalten auswirkt: „Es wird mehr investiert, nicht nur in Futter und Pflege, sondern zunehmend auch in Technologie.“ Eine Entwicklung, von der etliche Start-ups wie auch schon etwas größere Unternehmen profitieren.
Gefundenes Fressen
Denn Haustiere sind heute für viele mehr als Begleiter – sie sind Familienmitglieder. Welche psychosozialen Faktoren das beschleunigen, bleibt hier außen vor. Wesentlich ist dabei ein Blick auf die Zahlen. Und der zeigt, dass der globale Markt für Haustierdienstleistungen bereits über 180 Milliarden Euro schwer ist – Tendenz steigend. Allein die Tiernahrungsbranche wird bis 2029 ein Volumen von mehr als 70 Milliarden Euro erreichen.
Auch Österreich ist Teil dieses Trends. Hier leben rund zwei Millionen Katzen, 836.000 Hunde und etwa 508.000 Kleintiere wie Hasen, Hamster oder Meerschweinchen. Für die wird heuer Tierfutter im Wert von 886 Millionen Euro gekauft, und bereits 2030 soll die Milliardenmarke am heimischen Haustierfuttermarkt fallen.
Dabei geht es längst nicht mehr nur ums Sattwerden, wie Wolfgang Maurer betont. Der Unternehmer ist Mitgründer des Wiener Start-ups HelloBello, das auf hochwertige, selbstgekochte Tiernahrung setzt und mittlerweile einen mittleren siebenstelligen Umsatz erzielt. Maurer sieht noch viel Potenzial, denn: „Die Erkenntnis, dass eine hochwertige Ernährung das Fundament für ein langes und vitales Tierleben bildet, treibt das stetige Wachstum dieses Marktsegments an.“ Longevity jetzt auch für den Wauzi? Bei HelloBello, 2019 gegründet, läuft es seit Anfang an ziemlich gut. Trotz Corona, Energiekrise und Inflation: „Wir sind Jahr für Jahr mehr als 150 Prozent gewachsen. Die Nachfrage nach hochwertigem Frischfutter blieb stabil, da viele Menschen während der Pandemie mehr Zeit mit ihren Haustieren verbrachten und deren Wohlbefinden stärker in den Fokus rückten“, erinnert sich Maurer.
Auch Tractive und Michael Hurnaus, der übrigens in HelloBello investiert ist, profitieren davon, dass Haustierbesitzern das Wohlbefinden ihrer Tiere am Herzen liegt. Im Mai 2025 stellte das Unternehmen, das im Vorjahr die Marke von 100 Millionen Euro Jahresumsatz knackte, neue Tracker-Funktionen zur Überwachung der Herz- und Atemfrequenz bei Haustieren vor. Denn: „Genau auf diesen Bereich der vorausschauenden Gesundheitsüberwachung legen wir unseren Fokus in der Weiterentwicklung unserer Produkte“, gibt Hurnaus Einblicke in die strategische Ausrichtung des Scale-ups. Dabei rücken übrigens auch Versicherungen für Haustiere in den Fokus: „Versicherungslösungen sehen wir künftig als sinnvolle Ergänzung durch starke Partner.“
Gesundheit & Absicherung
Prinzipiell sind Versicherungen für Haustiere ein wichtiges Marktsegment, da Tierarztrechnungen schnell teuer werden können. Zahlen zu diesem Versicherungsmarkt sind zwar rar, doch der Trend ist spürbar. Auch für Andreas Hiebl, Mitgründer und Co-Leiter des Vetklinikums am Wiener Stadtrand, Österreichs größter privater Tierklinik. Seit der Eröffnung vor drei Jahren ist man zu einer zentralen Anlaufstelle für anspruchsvolle Tiermedizin geworden. Rund 10.000 Behandlungen werden im Vetklinikum pro Jahr durchgeführt, 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich dabei um die tierischen Patienten. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir die modernsten Geräte und ausgewiesene Spezialist:innen unter einem Dach vereinen“, sagt Hiebl, der erwähnt, dass dies beim herrschendem Mangel an Veterinärmediziner:innen ein Wettbewerbsvorteil ist.
Handel & Lifestyle
Im Vergleich dazu hatte Verena Prokop-Zolles einen etwas holprigeren Start. Die Marketing-Expertin mit eigener Agentur und Besitzerin von Dackel Vreda wagte kurz vor der Pandemie den Schritt in den Einzelhandel und eröffnete „Vreda’s deco & dog“. Pandemie, Lockdowns und Bürokratie bremsten allerdings das Geschäft aus. Trotzdem hielt Prokop-Zolles durch: „Im Wesentlichen führe ich das Unternehmen alleine, werde aber von meinem Mann und meiner Schwester unterstützt und greife gelegentlich auf Aushilfen zurück.“
Den Boom im Haustiermarkt spürt auch sie: „Was wir heute eher beobachten, ist ein genereller Trend zu ‚weniger, aber besser‘. Unsere Kundschaft entscheidet sich ganz bewusst für Qualität – und verzichtet dafür auf Überflüssiges.“ Besonders gefragt sind übrigens funktionale und stilvolle Hundemäntel, Regenjacken und optimal sitzende Brustgeschirre. Bestseller sind Beschäftigungsspielzeuge wie der Stofffisch mit Leckerliversteck.
Die vorwiegend weibliche Klientel sucht Produkte, die Sinn, Spaß und Stil verbinden, und auch der Trend zu nachhaltigen Produkten ist deutlich spürbar – vor allem im Spielzeugbereich. „Umweltfreundlichkeit, Langlebigkeit und faire Produktion sind ein echtes Entscheidungskriterium beim Einkauf.“ Nur das Beste also für Hund und Katz.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 23. Mai 2025 erschienen.