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„Wir leben Veränderungen“

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Aktualisiert
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13 min
Zu den Personen: Daniela Karollus-Bruner (l.) ist Partnerin bei CMS und leitet die Fachgruppe Dispute Resolution sowie das Versicherungsrechtsteam.Döne Yalçın (M.) ist Partnerin bei CMS in Wien und Managing Partner von CMS Türkei. Außerdem ist sie Head of CMS Sustainability in Österreich und CEE.Maria Orlyk ist Managing Partner von CMS in Kiew. Sie ist Co-Leiterin der CMS Reich-Rohrwig Hainz Energy and Climate Change Group und ist spezialisiert auf die Bereiche Corporate/M&A und Energie. Außerdem ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Gesellschaftsrecht und Börsenwesen der ukrainischen Anwaltskammer.©Wolfgang Wolak
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Daniela Karollus-Bruner, Döne Yalçın und Maria Orlyk von der international tätigen Anwaltskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz setzen sich für Female Empowerment ein, fördern für den unternehmerischen Erfolg wichtige Nachhaltigkeitsaspekte und beherrschen ein erfolgreiches Krisenmanagement.

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TREND: Der Frauenanteil an Juristen bei den 20 größten Wirtschaftskanzleien in Österreich liegt zwischen 30 und 40 Prozent. Das ist doch nicht schlecht?
Daniela Karollus-Bruner: Der Schein trügt hier etwas. In dieser Statistik werden auch Studentinnen, die in Kanzleien mitarbeiten, und ganz junge Juristinnen mitgerechnet. Je weiter man in der Karriereleiter nach oben blickt, desto geringer wird der Frauenanteil. Auf Partnerebene ist der Anteil in Österreich verschwindend gering.
Döne Yalçın: Im deutschsprachigen Raum ändert sich die Situation eher verhalten, aber im CEE-Raum ist der Frauenanteil auf allen Senioritätsebenen tatsächlich höher. Immer öfter sind Anwältinnen federführend für die erfolgreiche Umsetzung hochkarätiger Projekte verantwortlich.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei CMS Reich-Rohrwig Hainz?
Karollus-Bruner: Erfreulich hoch. Unter den 22 Equity-Partnern gibt es immerhin fünf Frauen. Das ist mit knapp 23 Prozent deutlich mehr als in vielen anderen Großkanzleien. Auf Partnerebene haben wir einen Frauenanteil von 44 Prozent und die Hälfte unserer insgesamt zehn Büros in CEE werden von Frauen geleitet.
Yalçın: Das kann ich nur unterstreichen. Wir übernehmen hier eine Vorreiterrolle in der Branche. Bei CMS sind bereits seit einigen Jahren viele Frauen als Partnerinnen sowie als Office- und Department-Heads vertreten.

Haben Frauen einen anderen Zugang zu juristischen Themen als Männer?
Karollus-Bruner: Das sehe ich nicht so. Aber Frauen bringen vielleicht andere Eigenschaften mit als Männer. Sobald Frauen in einem Team sind, verändert sich die Dynamik der Zusammenarbeit. Gemeinsam ergänzt man sich und schafft dadurch mehr. Das ist auch der Grund, warum gemischte ­Anwaltsteams bei Verhandlungen oder mit Frauen und Männern besetzte Vorstandsboards mehr Erfolg haben.

CMS hat das Programm Ladies’ League ins Leben gerufen, um Frauen im Anwaltsberuf zu unterstützen. Was sind die Kernthemen?
Karollus-Bruner: Die Ladies’ League wendet sich an alle Frauen bei CMS, an Juristinnen und nichtjuristische Mitarbeiterinnen quer durch alle Karriereebenen. Ziel der ­Ladies’ League ist es, unsere Kolleginnen im beruflichen und persönlichen Bereich zu stärken und zu fördern. Mit unseren Veranstaltungen und regelmäßigen Treffen wollen wir inspirieren und sie dabei unterstützen, ihre Talente und ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist immer noch ein Thema.

Was ist das Ziel von Ladies’ League?
Karollus-Bruner: Natürlich streben wir für unsere Kanzlei in erster Linie ein ausgeglichenes Verhältnis auf allen Ebenen an. Aber wir wollen generell ­Veränderungen bewirken und Frauen fördern. Dazu gehört auch, dass Frauen mit Kindern ermöglicht wird, bei uns ­erfolgreich zu sein. Im Rahmen von Veranstaltungen versuchen wir, das Verhalten von Frauen in herausfordernden ­Situationen zu thematisieren und positiv zu verändern. In den letzten Events ging es beispielsweise um einen Erfahrungsaustausch, wie Frauen mit schwierigen Situationen vor Gericht und in Verhandlungen bestmöglich umgehen und wie sie in einem kompetitiven Umfeld ihre Karriereziele umsetzen können. Unser nächstes Event wird zeigen, wie Frauen zielführend netzwerken.

Welche Rahmenbedingungen wären für mehr Karrierechancen für Frauen im Anwaltsberuf notwendig?
Yalçın: Bei CMS haben alle Mitarbeitenden – unabhängig vom Geschlecht – die gleichen Möglichkeiten, die individuelle Arbeitszeit und den Arbeitsort flexibel zu gestalten. Während der Pandemie haben wir gesehen, dass Homeoffice auch in unserem Setting sehr gut ­funktioniert, und haben unsere Policy diesbezüglich angepasst.
Karollus-Bruner: Außerdem haben wir eine Karenzregelung, die auch für Männer gilt. Mitarbeitende können zwei Tage in der Woche im Homeoffice arbeiten – nach Absprache sogar mehr. Ich bin selbst Mutter und weiß, wie herausfordernd dies ist.

Internationale Mandanten legen immer öfter Wert auf Diversität in den Beratungsteams.
Karollus-Bruner: Ja, besonders Mandanten aus den USA fordern Beratungsteams, die aus Frauen und Männern bestehen. Dieser Trend kommt jetzt stark nach Europa.
Yalçın: Das betrifft aber nicht nur Gender-Equality, mittlerweile wird es immer wichtiger, dass Teams multidisziplinär und multinational aufgestellt sind, weil die Fragestellungen immer komplexer werden. Jetzt werden auch Nachweise über die Einhaltung anderer Nachhaltigkeitskriterien gefordert. ­Dabei werden konkrete Zahlen betreffend die ESG-Konformität abgefragt. Manche Mandanten legen auch großen Wert auf Zielwerte für die zukünftige ESG-Ausrichtung.

Frau Yalçın, Sie beraten im ESG-Bereich. Was sind derzeit die größten Herausforderungen?
Yalçın: Eine Herausforderung ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung, zumal die konkreten Inhalte der Berichte zum Teil noch nicht klar ­definiert sind. Darüber hinaus werden Verstöße im Umweltschutz, aber auch
im Menschenrechtsbereich immer öfter abgestraft. Nicht nur die drohenden ­Strafen können zu einem Problem werden, auch der Zugang zu Finanzierungen kann bei Nichteinhaltung schwieriger werden. Dazu kommt, dass ESG-Regularien auf EU-Ebene immer mehr zunehmen. Viele Unternehmen sind darauf nicht vorbereitet und können die geforderten Daten oft nicht in der notwendigen Qualität zur Verfügung stellen. Es ist daher von essenzieller Bedeutung, sich gut und rechtzeitig mit den ESG-Berichtspflichten vertraut zu machen.

Wie gibt CMS hier Hilfestellung?
Yalçın: Am Beginn steht eine umfassende Analyse, bei der die Prozessabläufe im Unternehmen im Hinblick auf die anzuwendenden ESG-Kriterien beleuchtet werden. Unsere Berater stellen fest, welchen Berichtspflichten und welchen Standards das jeweilige Unternehmen und die Branche unterliegen, welche Daten schon erfasst wurden und in welcher Qualität diese für einen Nachhaltigkeitsbericht vorhanden sind, und betreuen den gesamten Umsetzungsprozess.

Ab 2023 wird auch für Unternehmen ab 40 Millionen Euro Umsatz Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtend.
Yalçın: Der neue Entwurf der EU verschärft zum einen die Sanktionen und nimmt künftig sehr stark auch kleinere Unternehmen in die Pflicht. Das sind in Österreich rund 2.000 Unternehmen. Es gibt sogar kritische Stimmen, die sagen, das reiche nicht, da auch kleine und mittlere Unternehmen Umweltsünder sein und auch gegen Menschenrechte verstoßen können. Die ESG-Berichtspflicht könnte daher in den kommenden Jahren noch ausgeweitet werden.

Frau Orlyk, Sie leiten die Niederlassung von CMS in Kiew. Wie war die Situation für Frauen in der Ukraine vor dem Krieg? Wie war das Verhältnis von Frauen und Männern in den verschiedenen Positionen in den Kanzleien?
Maria Orlyk: Der Frauenanteil in unserem Kiewer Team war schon immer höher als der der Männer, vor allem in den höheren Positionen. Ich nehme an, dass dies auch auf das ukrainische kulturelle Erbe zurückzuführen ist. Frauen wurden schon immer ermutigt, Führungspositionen anzustreben. Das habe ich auch in vielen anderen Kanzleien in der Ukraine beobachtet. Auch in den juristischen Berufsverbänden haben Frauen sehr oft hohe Führungspositionen inne.

Sind in Ihrer Kanzlei jetzt wegen der Wehrpflicht vor allem Frauen beschäftigt?
Orlyk: Wir stellen Mitarbeiter nicht aufgrund von Überlegungen zu ihrer langfristigen oder kurzfristigen Verfügbarkeit ein. Männliche Kollegen werden vielleicht eingezogen, Kolleginnen gehen möglicherweise früher oder später in Mutterschaftsurlaub – für uns ist das alles nicht relevant. Wir nehmen Menschen aufgrund ihres Talents und ihres Engagements auf. Der 24. Februar 2022 hat für unser Team in dieser Hinsicht nichts geändert. Die Zusammensetzung ist immer noch die gleiche. Wir sind stolz auf unsere Kollegen, sie schaffen es weiterhin, einen Teil ihrer Pflichten gegenüber unserem Team und unseren Mandanten zu erfüllen, während sie in der Armee sind. Das ist inspirierend.

Wie sehen Sie die Rolle von Frauen als Krisenmanagerinnen?
Orlyk: Ich glaube nicht, dass Krisenmanagement ein Geschlecht hat. Viele Führungskräfte in ukrainischen Anwaltskanzleien, in Rechtsabteilungen von Unternehmen und in der Industrie sind Frauen. Sie alle mussten sich der Herausforderung stellen und die Verantwortung für die Stabilität und das Überleben ihrer Organisationen sowie die Sicherheit ihrer Teams übernehmen. Wir haben vor dem Krieg an unserem eigenen Notfallplan gearbeitet und unsere Klienten dabei unterstützt, dasselbe zu tun. Ich freue mich, dass wir ihnen bei der Umsetzung schwieriger Entscheidungen helfen konnten und dabei, sich in dieser schwierigen Zeit zurechtzufinden.

Welche Aufgaben übernehmen Frauen generell im Krieg gegen die Ukraine?
Orlyk: Alle, ausnahmslos. Frauen erfüllen alle Aufgaben zur Verteidigung unseres Landes. Sie kämpfen an der Front oder leisten dahinter volle Unterstützung. All jene, die nicht in der Armee sind, tun alles, um die Streitkräfte zu unterstützen und zu versorgen.

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k.A © CMS
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