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Van der Bellen wird von seiner Ehefrau Doris Schmidauer und einer großen Wirtschafts- und Kulturdelegation begleitet, doch ist kein Minister dabei. Eine Ministerbegleitung ist bei Staatsbesuchen, die nur sehr selten stattfinden und als Zeichen großer gegenseitiger Wertschätzung gelten, international üblich. Im Rahmen des Besuchs, der mehrere Jahre lang vorbereitet wurde, sollen auch zwei Absichtserklärungen unterzeichnet werden - zur konsularischen Zusammenarbeit und Lehrlingsausbildung. Südafrika hofft, vom weltweit angesehenen österreichischen System der Berufsausbildung lernen zu können.
Am zweiten Tag will Van der Bellen auch österreichische Anti-Apartheid-Aktivisten würdigen, deren Namen in einer Namensmauer im Freedom Park von Pretoria eingraviert sind. Für den Nachmittag war auch eine gemeinsame Teilnahme der Staatsoberhäupter an einem Business-Forum geplant. Die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen ist ein erklärtes Ziel beider Länder. Schon jetzt ist Südafrika der größte Handelspartner Österreichs auf dem Kontinent, während Österreich zu den fünf größten europäischen Investoren in dem Land zählt.
Van der Bellen und Ramaphosa wollten nach ihren Gesprächen zu Mittag vor die Presse treten. In den Gesprächen dürfte es aber auch um aktuelle internationale Fragen gehen. Südafrika hat derzeit den Vorsitz in der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) inne, versucht sich als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine zu positionieren und vertritt auch eine äußerst pointierte Haltung im Nahost-Konflikt. Österreich erhofft sich von Südafrika Unterstützung bei seiner Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat in den Jahren 2026/27.
Die FPÖ forderte den Bundespräsidenten auf, "die prekäre Menschenrechtslage" in Südafrika anzusprechen, und verwies diesbezüglich auf die Aussagen von US-Präsident Donald Trump zur vermeintlichen Verfolgung von Farmern und Bauern "nur aufgrund ihrer weißen Hautfarbe und europäischen Abstammung", wie FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst am Freitag in einer Aussendung schrieb. "Dass seit dem Ende der Apartheid systematisch weiße Farmer verfolgt, enteignet und in hoher Zahl brutal ermordet werden, kann man nicht einfach hinnehmen", so Fürst. "Ich erwarte mir daher von Bundespräsident Van der Bellen, dass er, wie sonst auch, auf diese Menschenrechtslage aufmerksam macht und nicht einfach nur zu einem Wohlfühltermin in den Süden Afrikas reist." Trump hatte seine Vorwürfe bei einem Treffen mit Ramaphosa im Oval Office mit einem Foto untermauern wollen, auf dem sich angeblich "weiße Farmer" befanden - tatsächlich handelte es sich um ein Massengrab aus dem Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo.
Van der Bellen war am Donnerstag in Südafrika eingetroffen. Zum Auftakt lobte Van der Bellen die politische und wirtschaftliche Stabilität des Landes, das vor dreieinhalb Jahrzehnten das Apartheid-Regime abschütteln konnte, als "beeindruckend". Später pochte er gegenüber Journalisten auf eine stärkere Präsenz Österreichs in Afrika und bedauerte, dass ihn kein Minister auf dem Besuch begleiten konnte, zumal die südafrikanische Seite gleich mehrere Regierungsmitglieder in den Delegationsgesprächen aufbiete.
Am Donnerstag besuchte er eine Flaschenfabrik des Vorarlberger Recyclingherstellers ALPLA bei Johannesburg sowie das Haus von Nelson Mandela und eine Kinder-Musikschule im Johannesburger Township Soweto. Am Freitagabend fliegt er nach Kapstadt weiter, wo bis Sonntag mehrere Kultur- und Wirtschaftstermine geplant sind.
PRETORIA - SÜDAFRIKA: FOTO: APA/Stefan Vospernik