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Brain Power: Unser Gehirn kann auch beim Zeitmanagement den entscheidenden Unterschied ausmachen.

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Wie Ihr Gehirn Ihnen helfen kann, smarter zu arbeiten.

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Zeitmanagement-Tools vs. Brain-Power

Immer wenn ich darüber nachdenke, wie ich meine Zeitmanagement-Fähigkeiten optimieren und wie ich meine Produktivität verbessern kann, fallen mir die Tools ein, mit denen ich täglich arbeite: Meine Kalender-App, mein Aufgabenverwaltungstool, mein Laptop, mein Smartphone.

Wenn ich die neuesten Artikel zum Thema Zeitmanagement und Produktivität scanne, finde ich dutzende Artikel über die neuesten Features meines iPhones, wie ich Notion noch besser nutzen könnte, warum Obsidian doch das bessere Tool ist und welchen Tech Stack ich brauche, um mein PKM (Personal Knowledge Management) aufzubauen.

Ich frage mich, neige ich vielleicht zu sehr dazu, mein Glück in immer neuen Features und Updates zu suchen und übersehe, was am naheliegendsten sein könnte. Mich mehr mit mir und meinen Möglichkeiten zu beschäftigen. Vielleicht ist das wichtigste Zeitmanagement-Tool, über das ich verfüge, nicht das neueste iPhone, sondern der leistungsstärkste Prozessor, auf den ich seit meiner Geburt zugreifen kann, den ich immer bei mir habe und der permanent online ist: Mein Gehirn.

Es ist an der Zeit, dass ich diesem Tool jene Aufmerksamkeit schenke, die es verdient, mich endlich mit den wesentlichen Funktionen vertraut mache und das Potential nutze, das teilweise ungenutzt zu meiner Verfügung steht.

Wie funktioniert mein Gehirn? Was sollte ich wissen? Worauf sollte ich bei der Planung der nächste Woche Rücksicht nehmen?

Keine Angst, es folgt jetzt keine neurowissenschaftliche Abhandlung über die Funktionsweise unseres Gehirns, vielmehr eine persönliche Gebrauchsanweisung, die mir hilft, mein Gehirn besser zu verstehen.

Ich fokussiere mich dabei auf vier Aspekte, die ich für wesentlich halte, wenn es darum geht, die Funktionsweise unseres Gehirns zu verstehen:

  1. Schnelles Denken - langsames Denken

  2. Der Bedrohungs- / Belohnungsscanner

  3. Die Körper-Gehirn-Wechselwirkung

  4. Die Kraft der Selbstbeobachtung und Selbstreflexion

Schnelles Denken – langsames Denken

Unser Gehirn verfügt über zwei unterschiedliche Funktionsweisen. Dieses Konzept, bekannt aus Daniel Kahnemans Buch "Thinking, Fast and Slow", beschreibt, wie unser Gehirn Situationen auf einer schnellen, instinktiven Ebene verarbeitet und auf einer langsameren, reflektierenderen Ebene. Schnelles Denken ist intuitiv, automatisch und emotional. Es ermöglicht es uns, rasche Entscheidungen basierend auf tief verwurzelten Erfahrungen oder Gefühlen zu treffen und ist besonders effizient in Notfallsituationen oder bei Routineaufgaben. Langsames Denken hingegen erfordert mehr kognitive Ressourcen und ist logisch, bedacht und bewusst. Es kommt zum Einsatz, wenn wir komplexe Probleme lösen, Entscheidungen sorgfältig abwägen oder neue Informationen aufnehmen.

Beim Erstellen eines Plans für die kommende Woche können Sie Kahnemans Erkenntnisse nutzen, um Ihre Arbeitsweise und Ihren Zeitplan effektiver zu gestalten. Hier sind drei konkrete Beispiele:

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Kahneman, D. | Schnelles Denken, langsames Denken | 2016 | Penguin

© Verlag

1.     Zeitblöcke für kreative und analytische Aufgaben festlegen

Nutzen Sie das langsame Denken für Aufgaben, die hohe kognitive Anforderungen stellen, wie das Schreiben eines Berichts oder die Planung einer neuen Marketingstrategie. Diese sollten zu Zeiten geplant werden, zu denen Sie üblicherweise am konzentriertesten sind, oft am Vormittag. Routineaufgaben, die das schnelle Denken nutzen, wie das Beantworten von E-Mails oder das Erstellen von Routineberichten, sollten für Zeiten eingeplant werden, in denen Ihre Energie normalerweise nachlässt, typischerweise am späten Nachmittag.

2.     Vorbereitung auf Entscheidungen

Wenn Sie wissen, dass wichtige Entscheidungen anstehen, planen Sie bewusst Zeit dafür ein, wenn Ihr Gehirn am aufnahmefähigsten ist. Vermeiden Sie es, solche Entscheidungen spontan in stressigen oder überfüllten Momenten zu treffen, da dies das schnelle Denken fördert, das zu vorschnellen Schlüssen führen kann. Nutzen Sie stattdessen das langsame Denken, um alle Optionen gründlich zu durchdenken und informierte Entscheidungen zu treffen.

3.     Planungspausen strategisch einsetzen

Das Bewusstsein, dass Ihr Gehirn sowohl schnelles als auch langsames Denken für unterschiedliche Aufgaben nutzt, kann Ihnen helfen, Ihre Arbeitstage besser zu strukturieren. Planen Sie kurze Pausen zwischen verschiedenen Aufgaben, um Ihrem Gehirn Zeit zu geben, sich von einer Denkweise zur anderen zu verlagern. Dies kann helfen, die mentale Erschöpfung zu verringern und die Gesamtproduktivität zu steigern.

Der Bedrohungs-/Belohnungsscanner

Unser Gehirn ist zudem ein effektiver Bedrohungs- und Belohnungsscanner, der ständig und meist unbewusst unsere Umgebung bewertet. Es reagiert stark auf negative Reize, die als Bedrohung wahrgenommen werden, was oft zu Stress und Angst führt. Positive Reize hingegen werden als Belohnungen wahrgenommen, die Motivation und Freude fördern. Dieses Verständnis kann Ihnen helfen, Ihre Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass das Belohnungssystem stimuliert und die Wahrnehmung von Bedrohungen minimiert wird.

Hier sind drei konkrete Beispiele, wie dies bei der Planung der nächsten Woche berücksichtigt werden kann:

1.     Positives Feedback integrieren

Planen Sie regelmäßige Check-ins oder Feedback-Sessions mit Ihrem Team oder Vorgesetzten ein, die nicht nur der Leistungsbeurteilung dienen, sondern auch dazu genutzt werden, Anerkennung und positives Feedback zu geben. Dies kann die Wahrnehmung von Belohnung erhöhen und Motivation sowie Arbeitsmoral steigern.

2.     Transparente Kommunikation

Vermeiden Sie Unsicherheiten und Missverständnisse durch klare und transparente Kommunikation über Aufgaben und Erwartungen. Dies kann Angst und Stress reduzieren, die entstehen können, wenn sich Teammitglieder unsicher über ihre Rollen oder die Richtung eines Projekts fühlen. Ein klarer Plan, der zu Beginn der Woche kommuniziert wird, kann dazu beitragen, die Bedrohungswahrnehmung zu minimieren.

3.     Gestaltung einer angenehmen Arbeitsumgebung

Berücksichtigen Sie die physische und virtuelle Arbeitsumgebung, die das Wohlbefinden unterstützt und Belohnungssignale sendet. Dazu gehört, dass der Arbeitsplatz ausreichend beleuchtet ist, ergonomische Möbel zur Verfügung stehen und persönliche Gestaltungselemente erlaubt sind, die den Raum freundlicher und einladender machen. Auch virtuelle Hintergründe bei Videokonferenzen, die Ruhe oder eine positive Atmosphäre ausstrahlen, können positiv wirken.

Die Körper-Gehirn-Wechselwirkung

Unser Gehirn ist untrennbar mit unserem Körper verbunden; es besteht eine kontinuierliche Wechselwirkung zwischen beiden. Die Forschung zeigt klar auf, dass körperliche Gesundheit direkt die kognitive Funktion beeinflusst und umgekehrt. Regelmäßige Bewegung, ausreichender Schlaf und eine ausgewogene, gesunde Ernährung sind nachweislich förderlich für die Gehirnleistung. Parallel dazu kann eine positive mentale Einstellung unsere körperliche Gesundheit unterstützen und verbessern.

Hier sind drei konkrete Beispiele, wie diese Erkenntnisse in die Planung der nächsten Woche einfließen können:

1.     Planung von Bewegungspausen

Integrieren Sie feste Zeiten für kurze Bewegungseinheiten in Ihren Tagesplan. Dies kann ein kurzer Spaziergang während der Mittagspause sein oder eine leichte Stretching-Session am Morgen vor der Arbeit. Diese Aktivitäten fördern nicht nur die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung des Gehirns, sondern helfen auch, Stress abzubauen und die allgemeine Energie zu erhöhen.

2.     Festlegung einer konsequenten Schlafenszeit

Planen Sie ihre Schlafenszeit und eine entsprechende Abendroutine, die es Ihnen ermöglicht, jeden Abend ausreichend Schlaf zu bekommen. Der Schlaf ist entscheidend für die kognitive Erholung und Speicherung von Informationen. Eine Routine könnte das Ausschalten elektronischer Geräte eine Stunde vor dem Schlafengehen umfassen, um das Blaulicht, das den Schlaf stören kann, zu reduzieren.

3.     Bewusste Wahrnehmung und Nutzung der Körperhaltung

Eine aufrechte, offene Haltung kann nicht nur Ihre physische Präsenz verbessern, sondern auch Ihre psychische Einstellung. Indem Sie bewusst auf Ihre Körperhaltung achten und aktiv Ihre Haltung anpassen, etwa durch das bewusste Zurückziehen der Schultern und das Aufrichten der Wirbelsäule, können Sie Ihre Stimmung positiv beeinflussen. Dieser einfache Wechsel in der Körperhaltung hat das Potenzial, Ihre Herangehensweise an Aufgaben und Stresssituationen zu verändern und fördert ein proaktives und positives Arbeitsklima.

Die Kraft der Selbstbeobachtung und Selbstreflexion

Ein entscheidender Aspekt, der aus David Rocks „Brain at Work: Intelligenter arbeiten, mehr erreichen“ hervorgeht, ist die Bedeutung, Ihre eigenen Gedankenmuster aktiv zu beobachten und zu steuern. Indem Sie lernen, Ihre Gedanken bewusst wahrzunehmen, eröffnen Sie sich die Möglichkeit, die Art und Weise, wie Sie denken, gezielt zu verändern. Sie sind Ihren Gedanken nicht ausgeliefert; Sie können sie bewusst verändern.

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Rock, D. | Brain at Work: Intelligenter arbeiten, mehr erreichen | 2011 | Campus

© Verlag

Die Praxis der Selbstbeobachtung, ihres eigenen Gehirns beim Denken zu beobachten, ermöglicht es Ihnen, unproduktive Denkgewohnheiten zu identifizieren, wie zum Beispiel das Festhalten an negativen Überzeugungen oder das automatische Reagieren auf Stressreize. Durch diese bewusste Wahrnehmung können Sie Ihre Denkprozesse in Richtung einer konstruktiveren und lösungsorientierten Haltung lenken. Das Ergebnis ist eine Veränderung Ihres inneren Dialogs, wodurch Sie Ihre Arbeitsleistung und Ihr allgemeines Wohlbefinden verbessern können.

Während ich mich oft von der Faszination neuer technischer Tools und Funktionen mitreißen lasse, ist es die Kapazität meines Gehirns, die den wahren Unterschied machen kann. Die stärkere Auseinandersetzung mit meinen eigenen mentalen Prozessen kann neue Möglichkeiten eröffnen, wie ich meine Tage produktiver gestalten kann.

Ich habe gelernt, dass mein Gehirn nicht nur ein Werkzeug ist, das auf äußere Stimuli reagiert, sondern auch ein Instrument, das ich formen und auf das ich Einfluss nehmen kann. Mit dieser Erkenntnis in meiner Toolbox, kann mich mit einer anderen Einstellung an die Planung meiner nächsten Woche herangehen und in der Umsetzung flexibler auf Herausforderungen reagieren indem stärker auf die Funktionsweise – von schnellem und langsamem Denken über den Bedrohungs- und Belohnungsscanner bis hin zur untrennbaren Verbindung mit deinem körperlichen Wohlbefinden – achte.

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Zeitmanagement: Arbeite smart, nicht hart

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