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Inflation und Aktienmärkte: Und sie bewegen sich doch...

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Geldanlage: Investment-Spezialist Ken Fisher ist überzeugt, dass sich die Aktienmärkte erholen werden

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Die Inflation geht zurück, auch wenn man das aufgrund der stark gestiegenen Preise kaum spürt. Doch die Börsen werden reagieren, ist Investment-Profi Ken Fisher überzeugt.

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Wirklichkeit oder Täuschung? Die Inflation in der Eurozone und in den USA hat sich deutlich verlangsamt. Doch das immer noch hohe Preisniveau, die wiederauflebenden Ängste bei Öl- und Gaspreisen sowie das Gespenst der Lohn-Preis-Spirale schüren weiter Ängste. Aber es besteht kein Grund zur Panik. Bei der Inflation hat die Geldmenge alle Trümpfe in der Hand. Ihr rasches transatlantisches Abkühlen signalisiert, dass extreme Preisspitzen seltener werden. Lassen Sie es mich erklären.

"Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen", sagte der legendäre Milton Friedman. Es gibt zu viel Geld für zu wenig Waren und Dienstleistungen. Die letzten Jahre haben Friedman durchaus bestätigt. Geldmengenwachstum heizt Kreditvergaben und Ausgaben an, was die Inflation mit einer unvorhersehbaren, variablen Zeitverzögerung steigen lässt.

Rasanter Anstieg der Geldmenge in der Pandemie

Bedenken Sie Folgendes: Die Geldmenge M3, also die breiteste Maßeinheit für die Geldmenge im Euroraum, wuchs 2019 im Schnitt um 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dann kam Covid-19. Die bisher einzigartige Geldproduktion der EZB ließ das M3-Wachstum bis Jänner 2021 auf 12,8 Prozent steigen; der höchste Wert seit Bestehen des Euro.

Da das Angebot durch Lockdowns unterbrochen wurde, konnte das neue Geld oft nur verzögert ausgegeben werden. Aber die Banken, die vor Reserven strotzen, haben weiterhin Kredite vergeben. In der Eurozone und den USA erreichte das Kreditwachstum bis 2021 einen zweistelligen Wert. Etwa ein Jahr später schnellte die Inflation in die Höhe.

Rückgang der Geldmenge

Und jetzt? Das Geldmengenwachstum bremst sich radikal ein. Die M3 schrumpfte in der Eurozone im Juli und August. Und wie ist es bei M4 in den USA? Das Wachstum ist seit Dezember negativ. Normalerweise ist das nicht gut, aber angesichts des enormen Wachstums in den Jahren 2020 und 2021 macht es jetzt Sinn und hat die Inflation abgekühlt. Der Preisanstieg im Euroraum verlangsamte sich im August auf 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ja, Österreich hat mehr gelitten. Aber die Inflation liegt schon wieder unter dem Höchststand vom Jänner (11,6 Prozent). Der Verbraucherpreisindex in den USA ist von einem Höchststand von 9,1 Prozent jetzt wieder auf 3,7 Prozent im Jahresvergleich zurückgegangen.

Die meisten Menschen spüren das noch nicht, da die Preise weit über dem Niveau von 2019 liegen. Achten Sie aber auf den Prozentsatz, nicht bloß auf das Niveau. Um den Preisanstieg vollständig rückgängig zu machen, wäre eine gigantische Deflation nötig. Das wird aber in der westlichen Welt nicht passieren. Die US-M4 müsste um 32 Prozent schrumpfen, um das Niveau von Ende 2019 zu erreichen; das gäbe eine Verwüstung wie bei einer großen Depression! Niemand will das. Man muss jedoch die Inflation stoppen.

Preistreiber und Lohn-Preis-Spirale

Einige argumentieren, dass normale Inflationsraten auch nicht gesichert sind, da sie ein Wiederaufleben der Öl- und Gaspreise und der Lohn-Preis-Spirale befürchten, bei dem steigende Löhne die Unternehmen zu Preiserhöhungen zwingen würden. Das ist unbegründet!

Die US-Ölproduktion ist nahe an einem Rekordhoch und gleicht die OPEC+-Kürzungen aus. China, Kanada, Brasilien, Iran, Irak, Libyen, Nigeria und Venezuela erhöhen zugleich das weltweite Angebot. Die Erdgaspreise sind weit von den Höchstständen von 2022 entfernt. Die EU-Speicher wurden frühzeitig aufgefüllt. Die US-Produktion ist in diesem Jahr auf dem Weg zu einem Rekordhoch. Außerdem machen Strom, Gas und andere Treibstoffe nur etwa sechs Prozent des Preisindex der Eurozone und Österreichs aus.

Und die Lohn-Preis-Spirale? Ja, das globale Lohnwachstum – wie in Österreich mit fast acht Prozent pro Jahr – ist ein heißes Thema. Aber Friedman hat uns gezeigt, dass die Löhne den Preisen folgen, nicht umgekehrt. Die nachlassende Inflation ist der Beweis dafür, obwohl das Lohnwachstum in der Eurozone und in den USA in diesem Jahr hoch blieb.

Folgen für die Aktienmärkte

Die inflationären Lieferkettenengpässe der Covid-19-Ära haben sich ebenfalls aufgelöst. Der Global Supply Chain Pressure Index der New Yorker Federal Reserve ist auf ein Niveau gesunken, das seit 2015 nicht mehr erreicht wurde.

Inflationsängste verstärken lediglich die großen bremsenden Faktoren in diesem Bullenmarkt und verhindern die positiven Überraschungen, die Märkte antreiben können. Es kann aber ganz sicher davon ausgegangen werden, dass die Preise weiter sinken und die Aktienmärkte schließlich wieder anziehen werden.

Artikel aus trend. PREMIUM vom 27.10.2023

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