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Bullenmärkte: Steigen Sie nicht ab!

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Anleger sollen die Krise beharrlich aussitzen, auch wenn sich die Börse bockig gibt. Und Angst ist ohnehin kein guter Berater.

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Auch wenn sich die Börsen gebärden wie ein bockiger Bulle, sollte man nicht ängstlich sein. Investment-Profi Ken Fisher rät Anlegern, die Krise auszusitzen. Nur Durchhalten bringt Gewinne.

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DURCHHALTEN. "Das große Geld verdient man nicht mit Kaufen oder Verkaufen, sondern mit Aussitzen." Diese Worte von Investorenlegende Jesse Livermore unterstreichen, was für erfolgreiches Anlegen wesentlich ist: Sitzfleisch. Der im letzten Jahr entstandene Bullenmarkt dürfte weiterhin - wenn auch eher sporadisch - gute Renditen abwerfen. Diese einzustreichen erfordert Geduld! Kleinmütige verzagen bereits an ihren - wenn auch wenig begründeten - Ängsten. Lassen Sie sich davon nicht beeinflussen. Dieser Bullenmarkt hat noch eine gute Strecke vor sich.

Seit den Tiefpunkten 2022 ist die Stimmung wieder etwas besser. Die Konjunkturerwartungen von Sentix für Österreich sind weiterhin negativ, stiegen aber im September. Zwei Drittel der befragten globalen Fondsmanager gehen von einer "sanften Landung" in den USA aus, in Form von weniger Wachstum, aber ohne tiefe Rezession. Dennoch halten sich weiterhin zahlreiche Zweifel.

Die Produktionseinschnitte der erweiterten OPEC+ und das Gerede um Streiks in Australien, die sich auf die LNG-Exporte auswirken könnten, fachen die Energiesorgen wieder an. Die rückläufige Kreditvergabe in der Eurozone, die schwächelnden Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor, der "kranke Mann" Deutschland, die Deflation in China und vieles mehr sorgen für Schlagzeilen. Reaktionen auf die jüngsten heftigen Marktschwankungen zeigen das.

Kursschwankungen gehören zu jedem Bullenmarkt.

Ken FisherInvestmentberater

Die rückläufige Kreditvergabe in der Eurozone, die schwächelnden Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor, der "kranke Mann" Deutschland, die Deflation in China und vieles mehr sorgen für Schlagzeilen. Reaktionen auf die jüngsten heftigen Marktschwankungen zeigen das.

Ängste und Schwankungen sind aber keineswegs nur Folgen des aktuellen Bullenmarkts. Sie gehören zu jedem Bullenmarkt. Dieser hangelt sich an der "Wall of Worry" aufwärts. Kurswachstum verläuft niemals linear. Betrachtet man aufgrund seiner langen, genau dokumentierten Geschichte den amerikanischen S&P 500, erfuhren die Aktien seit 1926 34 Korrekturen, heftige, stimmungsgetriebene Einbrüche von zehn bis 20 Prozent. Der durchschnittliche Einbruch betrug 13,7 Prozent, Dividenden ausgenommen - beängstigend! Ich zähle 50 Dellen von minus 8 Prozent oder mehr, etwa alle zwei Jahre eine. Mancher Bullenmarkt hat mehr.

Blicken wir auf Aktien der Eurozone. Nachdem der durch die Schuldenkrise ausgelöste regionale Bärenmarkt 2011 geendet hatte, mussten Sie vor dem frühen Ende des Aufschwungs 2016 vier Korrekturen durchstehen, den Einbruch von 2012 um 19 Prozent eingeschlossen. In den Bullenmärkten von 2016 bis 2020 und 2003 bis 2007 waren es zwei, was dennoch an den Nerven zerrte -besonders der rasante Rückgang im Q4 2018.

Der Preis für hohe Erträge

Ich prognostiziere jetzt keine Korrekturen. Sie entziehen sich Prognosen und können jederzeit auftreten. Sie haben das im März erlebt, als der finanzlastige ATX wegen globaler Sorgen um Banken um 15 Prozent zurückging. Den Großteil davon hat er schnell wieder aufgeholt und damit unterstrichen, dass Geduld enorm wichtig ist. Der große Lucien Hooper - nach Heinz Biel und mir der am drittlängsten für "Forbes" schreibende Kolumnist - sagte: "Man verdient mehr, wenn man still auf seinen Händen sitzt, als wenn man wankelmütig herumtanzt." Das gilt besonders in frühen Bullenmärkten.

Es ist wichtig, Erwartungen festzulegen. Kurzfristige Schwankungen sind der Preis für die hohen langfristigen Erträge von Aktien. Versuche, den kurzen Wacklern auszuweichen, sind gefährlich. Die Durchschnittsdauer der Korrekturen im S&P 500 beträgt gerade einmal 2,1 Monate. Erholungen brauchen im Schnitt 2,6 Monate. Der durchschnittliche Zugewinn liegt sechs Monate nach dem Tief aber bei 22,9 Prozent! Zu viele verkaufen nach einem Rückgang - aus Angst vor dem Schlimmsten - und steigen erst nach der Erholung wieder ein. Verheerend!

Keine Sorgen um die Wackler von morgen

Machen Sie sich keine Sorgen, dass die Wackler von heute zu einem Bärenmarkt von morgen werden. Die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland? Sind nicht gut, aber wohlbekannt und damit eingepreist. Energiepreisspitzen? Wieder aufflammende Ängste und die Preise sind weit entfernt vom Niveau des Jahres 2022. Und China? Analysten sehen für 2023 immer noch ein BIP-Wachstum von 5,3 Prozent wie vor der Pandemie. Erinnern Sie sich daran, als jeder nur noch eine Rückkehr zu vorpandemischen Normen herbeisehnte? Ihr Eintreten ist positiv, nicht negativ!

Große Bullenmärkte versuchen, im Anstieg so viele unerfahrene Anleger wie möglich abzuschütteln - immer. Seien Sie also bereit. Sie können die Volatilität an den Börsen nicht kontrollieren, wohl aber Ihre eigene Reaktion darauf. Steigen Sie nicht ab, bleiben Sie weiter investiert!

Artikel aus trend. PREMIUM vom 29.09.2023

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