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Ken Fisher: Warum Anleger trotz US-Zölle auf Geduld setzen sollten

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5 min

©APA/dpa/Arne Dedert
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Donald Trump wird seine Zollmaßnahmen nicht mit dem erhofften Erfolg umsetzen können. Anleger sollten daher einfach abwarten.

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Die Zollwirren unter US-Präsident Trump haben die globalen Aktienmärkte erschüttert. Anleger weltweit fragen sich: Was erwartet uns noch? Niemand weiß es – vielleicht nicht einmal Donald Trump selbst.

Für Anleger hatte der fast schon absurde April eine wichtige Lehre parat: Mit althergebrachten Überlegungen den idealen Einstiegszeitpunkt zu treffen, ist illusorisch. Gleiches gilt für Panikverkäufe. Fakt ist: Trumps Zölle sind schlecht – doch die Angst davor ist übertrieben und begünstigt eine Markterholung. Warum?

Die Märkte antizipieren bekannte Erwartungen. Trumps Zollpläne waren kein Geheimnis. Warum fiel der ATX nach dem 2. April dann dennoch um 12,2 Prozent? Ganz einfach: Alle bis zu diesem Tag eingehobenen Zölle betrafen nur einen winzigen Teil des US-BIPs und noch weniger des globalen BIPs. Sie waren also zu gering, um echten Schaden anzurichten.

Am 2. April kündigte Trump aber höhere, umfassendere und unerwartet radikale Zölle an. Seine Zehn-Prozent-Abgaben und noch höhere „reziproke“ Zölle schürten Unsicherheit und führten sogar zu österreichischen Forderungen nach schneller Vergeltung der EU. Aktien preisten den Schock rasch ein und stürzten ab.

Solch überraschende und schwer nachvollziehbare Maßnahmen lassen sich nicht prognostizieren. Trumps „reziproke“ Zölle basieren nicht auf realen Handelsdaten: Während der durchschnittliche EU-Zollsatz bei 2,7 Prozent liegt, setzte Trump 20 Prozent fest; bei Vietnam – mit bislang 5,1 Prozent – sogar 46 Prozent.

Vergeltungszölle sind dabei ein seltsamer Aspekt. Sie leiten sich fälschlich aus US-Handelsdefiziten mit den nun von hohen Zöllen betroffenen Ländern ab – unter der Annahme eines vorherigen „Betrugs“. Völlig unlogisch! Und inkonsequent, da seine Einheitszölle Länder treffen, mit denen die USA sogar Handelsüberschüsse erzielen.

Falscher Maßstab

Handelsbilanzen sind kein Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg und schaffen auch keine Grundlage für Vorhersagen. Nehmen Sie Frankreich und Deutschland, die größten Handelspartner des jeweils anderen. Frankreich hat seit 2008 Handelsdefizite. Deutschland hat Überschüsse – dennoch entwickelte sich Frankreichs Wirtschaft etwas besser.

Siehe auch in Österreich: 2024 gab es trotz Export- und Importrückgang einen Handelsüberschuss – und ein sinkendes BIP. Die USA verzeichneten ein Rekord-Handelsdefizit bei zugleich wachsendem BIP. Fazit: Handelsbilanzen sagen wenig über die gegenwärtige oder eine zukünftige Konjunktur aus.

Dann, am 9. April, folgte die nächste Wendung: Trump setzte die Zölle – außer jene gegen China – für 90 Tage aus. Angeblich streben nun über 75 Länder neue Handelsabkommen an. Eine mehr als verwirrende Situation.

Was also kommt jetzt? Auch wenn alle Zölle umgesetzt werden sollten, werden die Auswirkungen kleiner sein als befürchtet. Warum? Es fehlen die Systeme und das Personal, um diese Zölle überhaupt bearbeiten und einheben zu können – bei Trumps Sparmaßnahmen in der Regierung eine kuriose Situation. Die US-Zoll- und -Grenzschutzbehörde verfügt über nur 2.500 Mitarbeiter, veraltete Technologie und Prozesse, die man mit löchrigem Schweizer Käse vergleichen kann. Daher wurden vom 5. April bis Mitte April nur 500 Millionen Dollar eingenommen, also weit weniger als die von Trump prognostizierten zwei Milliarden Dollar pro Tag. Dies dürfte sich fortsetzen, da die Unternehmen zunehmend geschickt um die Zölle herummanövrieren.

Rechtliche Hürden

Hinzu kommen rechtliche Risiken: Die Zölle überstrapazieren den Begriff des „Nationalen Notstands“, der von Trump verhängt worden ist. Hier wird es Gerichtsverfahren geben. Vielleicht entstehen neue Abkommen mit echtem Potenzial. Harte Gegenreaktionen, die über chinesische Maßnahmen hinausgehen, sind möglich, aber unwahrscheinlich. Selbst Chinas Reaktionen könnten abfl auen.

Also was tun? Das fragen Sie sich zu Recht. Was wissen Sie über Trumps Zölle, was der Markt selbst noch nicht weiß? Irgendetwas? Falls Sie nicht über neue, noch nicht bekannte Informationen verfügen sollten, ist es aktuell nicht klug, zu handeln. Alles ist eingepreist. Wer zur Finanzierung seiner Ziele aktienähnliche Renditen braucht, geht mit dem Ausstieg aus Aktien das größte Risiko ein. Geduld zahlt sich auch in diesem Fall aus.

Die Kolumne ist im trend.PREMIUM vom 23. Mai 2025 erschienen.

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