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Was ein digitaler Euro bringen würde

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Digitaler Euro: Was ein elektronisches Zahlungsmittel von der EZB bringen würde
k.A©iStock
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Die EU überlegt einen digitalen Euro zu begeben. Experten erklären was das für Private und Firmen bedeuten könnte, die Unterschied zu Kryptowährungen und warum sie als offizielles Zahlungsmittel eigentlich keine Chancen haben.

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Nationalbanken haben Sorge, dass irgendwann nur noch mit Geld das von Unternehmen begeben wurde, bezahlt werden kann kann

Martin SummerLeiter Abteilung Volkswirtschaft der OeNB

Warum überlegt die Europäische Notenbank digitales Geld zu begeben?

Die Europäische Notenbank (EZB) beobachtet seit Jahren einen Rückgang bei der Verwendung von Bargeld. Gleichzeitig versuchen Technologiekonzerne, Fintechs und Handelsplattformen eigene digitale Währungen auf den Markt zu bringen. „Ein Szenario, vor dem Nationalbanken Sorge haben, ist, dass irgendwann nur noch mit Geld, das von Unternehmen wie Fintechs, begeben wird, bezahlt werden kann. Deshalb will die europäische Notenbank zu den bestehenden Optionen eine digitale Alternative schaffen“, erklärt Martin Summer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und Vertreter in der High-Level Task Force für den digital Euro in der EZB, anlässlich der Podiumsdiskussion „Digitales Geld – staatlich oder privat“ des Think Tank Weis[s]e Wirtschaft.

Auf Druck der US-Notenbank FED hat deshalb auch Meta Plattforms, zu der Facebook und Instagram gehören, auch die private Währung Diem - ehemals Libra, im Jahr 2022 an eine kalifornische Bank verkauft.

Was ist ein digitaler Euro?

Der digitale Euro wäre wie Bargeld, nur eben „digitales Bargeld“. Ein digitaler Euro soll, wenn er denn kommt, ein digitales Zahlungsmittel sein, das genauso sicher, einfach und günstig einsetzbar ist, wie das heutige Bargeld.

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Gottfried Haber

© OeNB

Als digitales Geld gilt nur, was von Notenbanken als Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt wird oder von Banken emittiert wird.

Gottfried HaberVizegouverneur OeNB

Wie ein digitaler Euro nutzbar sein könnte

Welche Möglichkeiten ein digitaler Euro konkret bieten könnte, ist jedoch noch offen und wird in der europäischen Notenbank und den einzelnen Notenbanken der Länder evaluiert.

  • So könnte ein digitaler Euro ausschließlich ein Mittel sein, um Geld virtuell anlegen zu können und so auf Wertsteigerung oder Schutz vor Inflation zu hoffen.

  • Es könnte so aber auch eine weitere Möglichkeit geschaffen werden, virtuell bezahlen zu können.

Steht die Einführung eines digitalen Euros schon fest?

„Im Juli 2021 hat der EZB-Rat den Beschluss gefasst, in einer zweijährigen Projektphase alle offenen Fragen zum Thema digitaler Euro zu behandeln und ergebnisoffen zu diskutieren“, erläutert OeNB-Ökonom Summer. Noch läuft die Konsultations- und Experimentierphase. Diese soll nach den Plänen der EZB im Oktober 2023 abgeschlossen sein. Ob und wenn wann ein digitaler Euro eingeführt werden soll, steht aber von vorneherein noch nicht fest.

EZB testet zwei technischen Lösungen

  • Eine zentrale Lösung für den digitalen Euro könnte auf dem Bezahlsystem „Target Instant Payment Settlement“ (TIPS) basieren, eine Zahlungsplattform, auf der Kundenzahlungen aller Staaten des einheitlichen Eurozahlungsraums SEPA abgewickelt werden können. Mit SEPA können bargeldlose Zahlungen in Euro innerhalb Europas von einem einzigen Konto genauso sicher, effizient und günstig wie bisher auf nationaler Ebene durchgeführt werden.

  • Eine dezentrale Lösung, die als Blockchain eingesetzt würde. Die technische Basis wäre damit vergleichbar mit jener von Bitcoins.

Wie funktioniert der digitale Euro?

Ein digitaler Euro wäre Geld von der Zentralbank, die ihn begibt. Digitales Geld wäre damit nicht den Risiken starken Kursschwankungsrisiken einer privaten Währung ausgesetzt. Denn Aufgabe von Zentralbanken ist es, die Kaufkraft des Geldes zu erhalten. Ob es sich um physisches oder digitales Geld handelt, spielt dabei keine Rolle.Privatsphäre wie auch Datenschutz sollten so gewahrt werden.

Digitaler Euro direkt von der Notenbank?

Bisher haben nur monetäre Finanzinstitutionen (MFI) wie Banken, direkten Zugang zum Geld der Notenbanken. Die EZB stellt somit nur den Banken liquide Mittel in Form von Zentralbankgeld zur Verfügung, sogenannte „Reserven“. Mit einem digitalen Euro hätten theoretisch auch Konsumenten und Unternehmen direkt Zugang zu Zentralbankgeld.

Die indirekte Verstaatlichung von Banken durch Verstaatlichung deren Aufgaben fürchten diese nicht

Peter BrandnerÖkonom Think Tank Weis[s]e Wirtschaft

Verlieren Banken durch den digitalen Euro ihre Geschäftsgrundlage?

"Die EZB dürfte sich aber kaum in die Mühen des Tagesgeschäfts von Banken begeben. Aufgaben der Bank ist es der Zahlungsverkehr, die Vergabe von Kredite, Pflichten wie Compliance, Aufsicht und andere Aufgaben der Bank, wird die EZB nicht übernehmen", meint Stefan Punkl, Leiter Digitalisierung vom Verband österreichischer Banken. „Die Gefahr der indirekten Verstaatlichung von Banken durch Verstaatlichung deren Aufgaben fürchten diese daher nicht“, fasst Peter Brandner, Ökonom des Think Tank Weis[s]e Wirtschaft zusammen. Das digitale Euro-Guthaben würde denn auch nur bei lizenzierten und beaufsichtigten Finanzinstituten erhältlich sein.

Die Zentralbank würde, auch wenn es einen digitalen Euro gibt, weiterhin für die Liquidität der Banken sorgen und auf die Wertstabilität, Fälschungssicherheit und ausreichende Verfügbarkeit des Euro achten.

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Experten rechnen nicht damit, dass die Europäische Notenbank, die Aufgabe der Banken übernimmt, und den Zahlungsverkehr mit den Endkunden übernimmt. Ein Konto bei der EZB wäre mit dem digitalen Euro zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich.

„Der digitale Euro wäre eine Verbindlichkeit der Notenbank und nicht mehr wie bisher der Bank. Derzeit scheint jeder Euro von Kunden auf der Bilanz der jeweiligen Bank auf. Das wäre bei einem digitalen Euro nicht mehr nötig. Aber um den digitalen Euro zu "bewegen" und nutzbar zu machen, wird man die Banken brauchen“, meint Digitalisierungsexperte Punkl.

© istock

Wie würden Kunden an das digitale Geld kommen?

Konsumenten könnten in Zukunft Zugang zu Zentralbankgeld erhalten, indem sie durch die Bank indirekt ein Konto bei der EZB eröffnen. So könnte beispielsweise Geld vom eigenen EZB-Konto auf eine Prepaid-Karte geladen werden und damit an der Kasse oder online mit EZB-Geld gezahlt werden.

Den Report der Europäischen Zentralbank über einen digitalen Euro finden Sie hier.

Wird mit dem digitalen Euro das Bargeld abgeschafft?

Physisches Geld könnte irgendwann obsolet werden, wenn jeder nur noch mit dem Smartphone oder dem Handy bezahlt. Dann wird es wichtig sein, Geld auch von einer Institution zu erhalten, der man vertraut, also vom Staat mit seinen strengen Regularien, und nicht nur von digitalen Krypto-Geld abhängig zu sein, das von Internet-Konzerne wie Amazon begeben wird.

Wie sicher wäre der digitale Euro in einer Krise?

„Ein Vorteil für Banken in instabilen Zeiten wäre, dass beim digitalen Euro kein Bank-Run möglich wäre, da das Geld ohnehin von der Zentralbank kommt“, so Volkswirt Niepelt. Bisher müssen die Kunden der Bank vertrauen, dass ihre Einlagen dort sicher sind und sie ihr Geld stets zurückbekommen. „Im Notfall greift die Einlagensicherung in der EU, die Sparguthaben bis 100.000 Euro auch bei einer Bankenpleite schützt", erklärt Kapitalmarkt-Experte Punkl. Sicherer ist das Geld jedoch direkt bei der EZB. Banken, die das digitale Geld als Intermediäre für ihre Kunden der EZB weiterleiten, um diese als digitalen Euro zu verwalten, dürften jedoch sämtliche Beträge mit Sicherheiten hinterlegen müssen.

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Bitcoins und andere digitale Zahlungsmittel, die derzeit am Markt sind, sind aus der Sicht von Notenbanken kein digitales Geld und auch keine digitale Währung, da es kein wertstabiles Zahlungsmittel ist, sondern reines Spekulationsobjekt.

© Elke Mayr

Bitcoins sind nur ein Sammlerobjekt mit starken Wertschwankungen

Martin SummerLeiter Abteilung Volkswirtschaft der OeNB

Was unterscheidet private Kryptowährungen von staatlichem digitalem Geld?

Bitcoins und andere von Unternehmen begebene Kryptos haben im Gegensatz zu Geld keinen Emittenten und auch keinen stabilen Wert. Diese werden zwar umgangssprachlich als Kryptowährung bezeichnet, es handelt sich aber um keine Währungen, sondern nur um eine von vielen Anlageklassen. „Eine begrenzte Auflage wie bei Bitcoins ist kein Qualitätskriterium, die es als Geld brauchbar machen würde, sondern stellt nur ein Sammlerobjekt dar und ist deshalb mit starken Wertschwankungen verbunden“, erläutert Krypto-Experte Summer von der OeNB. Um als Geld einsetzbar zu sein, ist jedoch ein stabiler Wert gefragt, damit der Einkauf von beispielsweise Milch und Brot Tag für Tag mehr oder weniger dasselbe kosten und nicht einen Monat darauf bereits wesentlich mehr.

„Bitcoins und andere digitale Zahlungsmittel, die derzeit am Markt sind, sind aus der Sicht von Notenbanken daher kein digitales Geld, sondern nur digitale Assets, also eine digitale Anlageklasse. Als digitales Geld gilt als nur solches, das von Notenbanken als Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt wird oder von einem regulierten Bankensystem emittiert wird“, erläutert Haber von der Oesterreichischen Nationalbank.

Warum eigenen sich Kryptoassets wie Bitcoins nicht als Geldersatz?

Entscheidend, ob ein Zahlungsmittel als Geld eingestuft wird, ist wer es emittiert, – private Banken, Handelsunternehmen oder öffentliche Stellen, und ob es die Funktion eines wertstabilen Zahlungsmittels erfüllt.

El Salvador leidet unter der Einführung von Bitcoins als offizielle Währung

Das kleine Land El Salvador hat als erstes Land Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel akzeptiert. Das Problem des bitterarmen Landes in Mittelamerika: Der Bitcoin ist extrem volatil. Und kaum ein Bürger in El Salvador kann es sich leisten, Geld zu verlieren. Doch genau das ist seit der Einführung im September 2021 passiert. Wer nicht ständig den Kurs beobachtet und seine Bitcoins notfalls schnell in Dollar tauscht, kann viel Geld verlieren. Der Bitcoin hat seit Einführung im Jahr 2021 rund 60 Prozent seiner Werts eingebüßt - 180 Millionen Dollar salvadorianische Steuergelder sind verloren.

Bitcoins haben, aus Sicht der Notenbank-Experten, keine Zukunft den Status als weltweites offizielles Zahlungsmittel zu erlangen. In El Salvador ergab eine Umfrage, dass über 70 Prozent der befragten Salvadorianer Bitcoins und das damit verbundene Gesetz ablehnen. „Das Vertrauen in Bitcoins als Zahlungsmittel ist enden wollend, die fehlende Stabilität einer Währung und das bei relativ hohen Transaktionsgebühren, bereiten den Bürgern Sorgen", so der Schweizer Digitalwährungsexperte Niepelt.

Die OeNB-Podiumsdiskussion zum digitalen Euro zum Nachhören.

Was sind Stablecoins?

Stablecoins sind ein Zwitter zwischen Kryptoasset und Fiat-Währungen, da der Preis der Stablecoins an Reservewerte wie den Dollar oder Gold gekoppelt ist. Dadurch werden Kursschwankungen gegenüber Kryptoassets stark reduziert und diese sind besser für den täglichen Gebrauch geeignet, angefangen von täglichen Handelstransaktionen bis hin zu Überweisungen zwischen Börsen. Aber im Gegensatz zu einem digitalen Euro werden Stablecoins wie andere Kryptoassets nicht von einem Staat begeben.

2019 hat die Social-Media-Plattform Facebook zunächst mit dem Stablecoin „Libra“ dann "Diem" versucht, eine globale Digitalwährung zu etablieren. Niepelt, Spezialist für digitale Währngen: „Was jedoch an Regulierungsfragen gescheitert ist." Saurer-Kiss, Juristin bei der Finanzmarktaufsicht FMA: "Der Markt ist dafür noch nicht ausreichend reguliert."

Die Anleger wissen nicht, ob der Fonds des Stablecoins auch die Assets hält, die dieser versprochen hat

Dirk NiepeltProfessor an der Uni Bern und Direktor Studienzentrums Gerzensee

Wie funktionieren Stablecoins?

Stablecoins funktionieren wie Investmentfonds, an denen Anleger Anteile halten. Anteilseigner sind damit Gläubiger der jeweiligen Fonds. Diese haben so indirekt Zugang zu diesen virtuellen Münzen. „Doch die Anleger wissen nicht, ob der Fonds auch die Assets hält, die dieser versprochen hat. Investoren müssen hoffen, wieder jemanden zu finden, der diesem Zahlungsmittel einen Wert beimisst“, räumt Niepelt ein. Ansonsten sind die betreffenden Stablecoins wertlos und das investiert Geld weg.

Wie bei anderen Kryptoassets handelt es sich bei Stablecoins um privates Geld. Das Ziel vieler Stablecoins ist jedoch im Gegensatz zu Bitcoins eine Währung eins zu eins abzubilden. Während Kryptos wie Bitcoins keinen staatlichen Regulierungen unterliegen, gibt es zudem bei Stablecoins aufsichtsrechtlich Anknüpfungspunkte. Daher wird derzeit ein EU-Entwurf (MiCA – Markets in Crypto-Assets) diskutiert, der diesen Bereich regulieren soll.

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Der Onlinehändler Amazon hat eigene Coins begeben, mit der man auf der Handelsplattform bezahlen kann, wenn auch noch nicht in Österreich.

© Elke Mayr

Amazon Coins nur auf der Plattform einsetzbar

Solche Stablecoins sind die "Amazon-Coins". Sie sind allerdings begrenzt einsetzbar und können nur auf den Onlineseiten, die zur Onlineplattform Amazon gehören, genutzt werden, um zum Beispiel Apps und Spiele zu bezahlen. Die Idee hinter Amazon Coins ist, dass Kunden optional eine weitere Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung steht, um einfacher bezahlen zu können. Die virtuelle Fantasiewährung ist 1:1 an den US-Cent gebunden. In Österreich werden Amazon-Coins allerdings nicht angeboten, voraussichtlich im Jahr 2026.

Wenn es digitales Zentralbankgeld gibt, braucht man auch keine Stablecoins, die sich auf ungesicherte Anlagen stützen

Enikö Saurer-KissJuristin Finanzmarktaufsicht (FMA)

Kurzfristig würde sich durch die Einführung einer digitalen Währung beim Bezahlen nichts ändern. Die Rahmenbedingungen, unter denen der Zahlungsverkehr abläuft, würden sich jedoch ändern. Dafür sollten sich die Bürger interessieren“, empfiehlt Dirk Niepelt, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Schweizer Universität Bern

Welche Auswirkungen hätte ein digitaler Euro auf die Geldpolitik?

Geldpolitik wäre mit einem digitalem Euro schlagkräftiger

Dirk NiepeltProfessor an der Uni Bern und Direktor Studienzentrums Gerzensee

Bisher adressiert die EZB mit ihrer Zinspolitik direkt nur die Banken, indem diese sich mit dem Zinssatz bei der EZB refinanzieren. Erhöht die Notenbank beispielsweise die Leitzinsen, müssen sich die Banken teurer refinanzieren, was in Folge wiederum die Kredite für den Endkonsumenten verteuert und umgekehrt. Würden Konsumenten direkt von der EZB Geld erhalten, müssten Banken die jeweilige Höhe der Zinsen rascher und direkter weitergeben. Niepelt: „Die Geldpolitik wäre damit wesentlich schlagkräftiger.“

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Würden Konsumenten direkt von der EZB Geld erhalten, müssten Banken Zinserhöhungen rascher weitergeben. Ihre Politik somit schneller und somit effektiver.

© iDtock

Besteht beim digitalen Euro die Gefahr von Negativzinsen?

„Nein,“, meint Währungsexperte Niepelt. „Solange es Bargeld gibt, können Kunden jederzeit das Geld vom EZB-Konto wieder abziehen und in klassische Bareinlagen auf der Bank umschichten.“ Bürger hätten somit stets die Wahl zwischen digitalem oder physischem Geld.

In welchen Ländern wäre digitales Zentralbankgeld sinnvoll?

Vor allem in Staaten ohne starkem Bankensektor könnte digitales Zentralbankgeld der Bevölkerung eine Chance bieten

Peter BrandnerÖkonom Think Tank Weis[s]e Wirtschaft

"Statt privater Kryptos könnte vor allem in Staaten ohne starkem Bankensektor digitales Zentralbankgeld der breiten Bevölkerung eine Chance bieten“, so Ökonom Brandner vom Think Tank Weis[se] Wirtschaft.

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