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Privatkonkurs: Das bedeutet ein Schuldenregulierungsverfahren

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16 min
Wenn die Schulden über den Kopf wachsen, bietet ein geordneter Privatkonkurs einen Weg aus der Misere.
Wenn die Schulden über den Kopf wachsen, bietet ein geordneter Privatkonkurs einen Weg aus der Misere.©Elke Mayr
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Die Insolvenz-Novelle 2021 brachte Erleichterungen für Schuldner im Privatkonkurs. Worauf es beim Zahlungsplan ankommt, was ein Insolvenzantrag enthalten muss, was nach der Verfahrenseröffnung passiert, wie lange ein Insolvenzverfahren dauert, wie hoch die Verfahrenskosten für einen Privatkonkurs sind.

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Wer weit über seine finanziellen Verhältnisse gelebt hat oder der durch unglückliche Umstände in erhebliche Geldnot gerät, ist meist auch nervlich höchst belastet. Ein Privatkonkurs oder auch eine Privatinsolvenz bieten die Möglichkeit für einen Neustart – wenn der Weg bis zur Entschuldung auch steinig ist.

Denn das Gesetz verlangt den Betroffenen, bis sie sich ihrer Schulden entledigen können – strenge Auflagen ab. Schuldner sollten sich daher zuvor genau über die Möglichkeiten, die es im Rahmen des Insolvenzrechtes gibt, informieren. Der Amstettner Rechtsanwalt Michael Pfleger erklärt die Details.

Was versteht man unter Privatinsolvenzverfahren oder Privatkonkurs?

Der Privatkonkurs ist eine spezielle Form des Insolvenzverfahrens für alle natürlichen Personen, wozu sowohl Privatpersonen als auch Einzelunternehmer zählen. Daher können auch Geschäftsführer und Gesellschafter ein Privatinsolvenzverfahren beantragen. Werden alle Gesetzesauflagen erfüllt, sind die Schuldner nach drei, spätestens fünf Jahren schuldenfrei.

Wie hoch müssen die Schulden für einen Privatkonkurs sein?

Es gibt keine bestimmte Höhe der Schulden, ab der es ratsam oder zwingend ist, Konkurs anzumelden. Voraussetzung für die Insolvenzeröffnung ist die Zahlungsunfähigkeit. Diese liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, alle seine fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen, weil die Mittel dafür dauerhaft fehlen. Wer somit das Gefühl hat, nicht mehr alle seine Schulden zurückzahlen zu können, sollte eine solche Privatinsolvenz anstreben oder sich zumindest fachkundig beraten lassen. Betroffene sollte sich vor Augen halten: Wenn das Verfahren abgeschlossen ist, ist man von seinen Schulden und damit auch von sehr großen Sorgen befreit.

Was darf man bei einem Privatkonkurs besitzen?

Das kommt darauf an, ob man sich mittels eines Sanierungsplans oder eines Zahlungsplans/Abschöpfungsverfahrens entschuldet. Bei Abschluss eines Sanierungsplans kommt es zu keiner Vermögensverwertung und der Schuldner bleibt Eigentümer seines Hab und Gutes, im Gegensatz zum Zahlungsplan bzw. Abschöpfungsverfahren. Der Schuldner darf jedoch stets nur die unpfändbaren Teile seiner Einkünfte (das Existenzminimum) behalten und darf über den darüber hinausgehenden pfändbaren Teil nicht verfügen. Sein Fahrzeug darf dieser aber in jedem Fall behalten, wenn das Fahrzeug vollständig bezahlt ist, der Wert nicht mehr als rund 2.000 Euro beträgt und dieses für den Job benötigt wird.

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Für Insolvenzverfahren natürlicher Personen, ist das Bezirksgericht zuständig, für Unternehmensinsolvenzen das Landesgericht.

© Elke Mayr

Was ist der Unterschied zwischen einer Privatkonkurs und einem Insolvenzverfahren bei Unternehmen

In einem Privatinsolvenzverfahren besteht die Möglichkeit für einen Schuldner, in einem Abschöpfungsverfahren auch ohne Zustimmung der Gläubiger die Restschuldbefreiung zu erlangen und sich so von seinen Schulden zu befreien. Bei einem Konkurs- oder Sanierungsverfahren für Unternehmen ist das nicht möglich, diese benötigen für einen Abschluss die zumindest mehrheitliche Zustimmung der Gläubiger. Zudem sind bei einem Privatkonkurs geringere Quoten für den Zahlungsplan erforderlich als für ein Sanierungsverfahren für Unternehmen. Für Insolvenzverfahren natürlicher Personen, die bei Antragstellung kein Unternehmen betreiben, ist das Bezirksgericht zuständig, für Unternehmensinsolvenzen das Landesgericht.

Privatkonkurs: Was hat sich mit Novelle im Jahr 2021 geändert?

Seit der Insolvenzrechts-Reform 2021, mit der die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (RIRL) umgesetzt wurde und die im Juli 2021 in Kraft getreten ist, gelten Erleichterungen für Schuldner in der Privatinsolvenz. Die Regelungen zum Zahlungsplan blieben unverändert, aber zum bestehenden Abschöpfungsverfahren wurde eine zusätzliche neue Variante eingeführt. Neben dem Abschöpfungsverfahren mit Abschöpfungsplan, das auf fünf Jahre angelegt ist, ermöglicht der sogenannte Tilgungsplan eine Entschuldung nach nur drei Jahren. Für diesen gelten aber strengere Bedingungen als für das Abschöpfungsverfahren. Schlecht oft für die Gläubiger: Die Quotenangebote der Schuldner sind aufgrund der verkürzten Entschuldung stark zurückgegangen.

1. Privatkonkurs: Entschuldung per Zahlungsplan

Der Schuldner kann bereits mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bis zur Aufhebung den Abschluss eines Zahlungsplans beantragen. Er muss darin den Gläubigern mindestens eine Quote anbieten, die seiner Einkommenslage in den folgenden drei Jahren entspricht, die Zahlungsfrist darf sieben Jahre nicht übersteigen. Bezieht der Schuldner in diesem Zeitraum voraussichtlich kein pfändbares Einkommen, so braucht er keine Zahlungen anzubieten. Voraussetzung für die Abstimmung über den Zahlungsplan ist jedoch die Verwertung des gesamten, der Insolvenz unterworfenen, Vermögens des Schuldners.

2. Sanierungsplan: Wie viel muss bei einer Privatinsolvenz zurückgezahlt werden?

Der Schuldner muss den Gläubigern die Rückzahlung von mindestens 20 Prozent der Schulden innerhalb von zwei Jahren anbieten. Die Frist kann auf bis zu fünf Jahre ausgedehnt werden. Der Sanierungsplan gilt als angenommen, wenn die Mehrheit (= Kopf- und Summenmehrheit) der bei der Tagsatzung zur Abstimmung anwesenden Gläubiger dafür stimmt. Der große Vorteil eines Sanierungsplans: Das vorhandene Vermögen bleibt erhalten.

3. Zahlungsplan abgelehnt: Abschöpfungsverfahren möglich

Das Abschöpfungsverfahren ist für all jene gedacht,

  • bei denen der Sanierungsplan abgelehnt worden ist oder

  • ein Zahlungsplan mangels Zustimmung der Gläubiger nicht zustande gekommen ist. Gläubiger versagen meist die Zustimmung zum Zahlungsplan, wenn ihnen die vorgeschlagene Quote zu gering ist.

  • Voraussetzung für ein Abschöpfungsverfahren ist, dass das gesamte Vermögen dazu zählen auch Schenkungen und Erbschaften verwertet werden. Die Zustimmung der Gläubiger zum Abschöpfungsverfahren ist nicht notwendig.

Diese Auflagen gelten bei einem Abschöpfungsverfahren

  • Die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit oder zumindest das ernstliche Bemühen darum.

  • Ererbtes oder durch Gewinn erworbenes Vermögen wird zur Schuldentilgung herangezogen.

  • Jeder Wohnsitzwechsel muss bekanntgegeben werden.

  • Der Treuhänder kann Auskünfte über den Job bzw. seiner Bemühungen darum verlangen.

  • Falls der Schuldner über kein pfändbares Einkommen verfügt, muss der Schuldner sowohl dem Gericht als auch dem Treuhänder mindestens einmal im Jahr Auskunft über seine Bemühungen um einen Job geben.

  • Zahlungen an die Gläubiger erfolgen ausschließlich über den Treuhänder.

  • Keinem Gläubiger dürfen Vorteile eingeräumt werden.

  • Es dürfen keine neuen Schulden gemacht werden.

Hindernisse für ein Abschöpfungsverfahren bei einem Privatkonkurs

Der Antrag auf Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens ist bei Vorliegen von sogenannten Einleitungshindernissen abzuweisen. Zu diesen zählen unter anderem:

  • eine Verurteilung wegen betrügerischer Krida,

  • Begünstigung eines Gläubigers,

  • die Vereitelung der Vollstreckung,

  • die Abgabe eines falschen Vermögensverzeichnisses,

  • Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten während des Verfahrens. Etwa, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, also keiner Beschäftigung nachgeht, sich um keinen Job bemüht oder zumutbare Tätigkeiten ablehnt.

  • wenn der Schuldner als Geschäftsführer einer ebenfalls insolventen Gesellschaft Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat, er in den letzten drei Jahren vor der Verfahrenseröffnung unverhältnismäßig hohe Schulden gemacht und Vermögen verschleudert hat.

  • Vorsätzliche oder grob fahrlässige Angaben lässt der Gesetzgeber bei einer Privatinsolvenz ebenso wenig gelten
    wie unrichtige oder unvollständige Angaben über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse. In solchen Fällen wird den eingebrachten Zahlungsplänen die Bestätigung widersagt.

  • Wenn der Schuldner einzelne Gläubiger begünstigt oder vor weniger als 20 Jahren bereits einmal ein anderes Abschöpfungsverfahren beantragt hat, bei dem es zu keiner Restschuldbefreiung gekommen ist. Eine Ausnahme ist, wenn dieses alte Verfahren deshalb nicht mit einer Restschuldbefreiung geendet hat, weil der Schuldner die damalige Mindestquote nicht erreicht hat.

4. Entschuldung per Tilgungsplan

Der seit der Novelle mögliche Tilgungsplan erlaubt eine Entschuldung nach drei Jahren. Für diesen gelten jedoch strengere Bedingungen als für den Abschöpfungsplan.

Voraussetzungen für einen Tilgungsplan

Die formale Voraussetzung, um den Tilgungsplan erfüllen zu können, ist, dass innerhalb von 30 Tagen, nachdem die Zahlungsunfähigkeit durch das Exekutionsgericht festgestellt wurde, Schritte in die Wege geleitet wurden, um die finanziellen Probleme zu bewältigen. Beispielsweise indem der oder die Betroffene sich bei einer staatlich anerkannten Schuldnerberatung für eine Beratung anmelden. Außerdem dürfen die Betreffenden keine weiteren Schulden mehr machen. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kommt nur ein Abschöpfungsverfahren mit Abschöpfungsplan infrage.

Das muss ein Insolvenzantrag enthalten

Anträge auf Privatinsolvenzen werden in der Praxis fast ausschließlich von den Schuldnern gestellt, jedoch kann das auch ein Gläubiger tun. Um einen Insolvenzantrag stellen zu können, sind bestimmte Voraussetzungen notwendig.

  • Der Antrag muss ein unterschriebenes Vermögensverzeichnis enthalten, in dem alle Vermögensstücke und Verbindlichkeiten, laufenden Kosten, Einkünfte und Verpflichtungen des Schuldners aufgelistet sind.

  • Ein Gläubigerverzeichnis.

  • Bereits zu diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, einen Zahlungsplan vorzulegen.

  • Auch eine urkundliche Bescheinigung, dass das Verfahren voraussichtlich durch die Einkünfte des Schuldners gedeckt werden kann, ist beizulegen.

Den neuen Bestimmungen zufolge muss ein Schuldner nicht mehr nachweisen, dass er einen außergerichtlichen Ausgleichsversuch durchgeführt hat bzw. dass ein derartiger Ausgleichsversuch gescheitert ist oder ohnehin nicht die Zustimmung der Gläubiger gefunden hätte.

Was steht in der Ediktsdatei?

Die Eröffnung des Verfahrens wird in der sogenannten Ediktsdatei veröffentlicht. Mit der Verfahrenseröffnung wird auch die Anmeldungsfrist festgesetzt, innerhalb der die Gläubiger ihre Forderungen, die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bestehen, beim Insolvenzgericht anmelden müssen, damit sie am Verfahren teilnehmen können.

So lange dauert ein Insolvenzverfahren im Schnitt

Im Schnitt dauert ein Privatinsolvenzverfahren – je nach Art der Schuldenregelung - drei Jahre. Ziel des Verfahrens ist die Entschuldung des Schuldners. Das Schuldenregulierungsverfahren soll auch jenen die Möglichkeit eröffnen, sich ihrer Schulden zu entledigen, die keine oder nur eine unzureichende Leistungsfähigkeit aufweisen.

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Wenn kein Sanierungsplan zustande kommt, wird das Vermögen verwertet.

© iStock

Die Vermögensverwertung: Wenn kein Sanierungsplan zustande kommt

Wenn kein Sanierungsplan zustande kommt, muss vorhandenes Vermögen versilbert werden. Zur Vermögensverwertung werden die Schuldner noch einmal vom Gerichtsvollzieher oder einem bestellten Masseverwalter besucht. Dabei werden die pfändbaren Gegenstände protokolliert, über deren Verwertung bei der folgenden Prüfungstagsatzung durch das Gericht und die anwesenden Gläubiger entschieden wird. Erst nach Abschluss der Vermögensverwertung kann über einen Antrag auf Abschluss eines Zahlungsplans abgestimmt werden.

Nach der Verfahrenseröffnung: Diese Erleichterungen treten ein

Unmittelbar nach der Eröffnung des Verfahrens kommt es zu ersten Erleichterungen für den Antragssteller: Es fallen keine weiteren Zinsen auf die Schulden an und Gerichts- und Exekutionsverfahren werden automatisch unterbrochen - mit Ausnahme der Verwertung von gepfändeten Gegenständen, die mehr als 60 Tage zuvor gepfändet wurden. Gehaltsexekutionen erlöschen mit Ablauf des Monats der Verfahrenseröffnung. Für den Fall, dass ein Insolvenzverfahren erst nach dem 15. eines Monats eröffnet wird, erlöschen sie mit Ablauf des darauffolgenden Kalendermonats.

Wann bei einem Privatkonkurs ein Masseverwalter bestellt wird

Bei Privatkonkursverfahren ist grundsätzlich eine Eigenverwaltung vorgesehen. Ein Masseverwalter wird vor allem dann bestellt, wenn die Vermögensverhältnisse nicht erurierbar sind, also falls weder die Zahl der Gläubiger noch die Höhe der Verbindlichkeiten bekannt sind. Auch wenn absehbar ist, dass die Eigenverwaltung zum Nachteil der Gläubiger führen würde, – etwa wenn der Schuldner kein genaues Vermögensverzeichnis vorlegt, – wird ein Masseverwalter beigezogen. Bei Bestellung eines solchen wird die gesamte Post des Schuldners an diesen umgeleitet.

Kosten und Beendigung des Privatkonkursverfahrens

Die Verfahrenskosten für den Privatkonkurs sind gering. Sie liegen meist zwischen 50 und 250 Euro. Bei der Bestellung eines Masseverwalters fallen zusätzliche Kosten von 1.200 bis 1.500 Euro an. Bei einem Abschöpfungsverfahren fallen Treuhänder-Kosten von sechs Prozent der einlangenden Beträge, mindestens 18 Euro monatlich an.

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