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Unicorn: Was hinter den "Einhorn" Start-ups steckt

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12 min
Nur wenige Start-ups werden Unicorns
Nur wenige Start-ups werden Unicorns©Elke Mayr
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Unicorns, oder Einhörner, sind allen Investor:innen wohl ein Begriff. Es sind Start-Ups mit einer Bewertung über einer Milliarde Euro. Selbst unter den erfolgreichsten jungen Unternehmen schaffen es nur die wenigsten, diese illustre Marke zu knacken. Zu den bekanntesten Einhörnern zählen Facebook, SpaceX oder LinkedIn. Aber auch in Österreich gibt es einige Unicorns, etwa Bitpanda oder GoStudent. Was macht diese Start-ups aus? Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?

Was ist ein Unicorn Start-up?

Start-ups sind heute allgegenwärtig. Pro Jahr werden in Österreich etwa 40.000 neue Unternehmen gegründet. Nicht alle kommen über das Frühstadium hinaus. Nur die wenigsten schaffen es, zur etablierten Marke zu werden. Noch viel weniger schaffen es, ein sogenanntes Unicorn zu werden: ein Start-up mit einer Bewertung von über einer Milliarde Euro (oder US-Dollar in den USA). Diese Bewertung orientiert sich nicht nur an den operativen Geschäften oder der aktuellen Profitabilität, sondern vor allem am potenziellen Wert einer Firma.

Der Begriff „Unicorn“ (Einhorn) stammt aus einem Artikel (hier geht es zum Artikel) der Investorin Aileen Lee, die sich die Frage stellte, was diese seltenen und wertvollen Unternehmen gemeinsam haben. In ihrem Beitrag aus dem Jahr 2013 hält sie fest, dass nur 0.7 Prozent oder 1 in 1500 Start-Ups die illustre Grenze von einer Milliarde Dollar überschreiten. Was macht Unternehmen wie Facebook, Bytedance oder LinkedIn aus, die innerhalb weniger Jahre Bewertungen weit jenseits einer Milliarde Euro erzielen?

Wie wird ein Start-up ein Unicorn?

Aileen Lee hat mit ihrer Definition eines Unicorns einen Bewertungsmaßstab geschaffen, um besonders erfolgreiche, junge Unternehmen zu klassifizieren. Um ein Unicorn zu werden:

  • darf ein Start-up nicht länger als 10 Jahre im operativen Geschäft sein

  • Es darf nicht von einer anderen Firma aufgekauft und

  • außerdem noch nicht börsennotiert sein

Beim Börsengang (IPO – initial public offering) zeigt sich dann, welchen Wert Investor:innen einem Unternehmen zuschreiben. Ist dieser Wert höher als eine Milliarde, gilt es als Unicorn.

Aber es muss nicht unbedingt einen Börsengang geben, damit klar wird, dass ein Unternehmen ein Unicorn ist. Das Raumfahrt- und Internetunternehmen SpaceX etwa, hat eine Bewertung von 137 Milliarden US-Dollar und wird noch nicht öffentlich gehandelt. Seine hohe Bewertung liegt vor allem an der Monopolstellung des Unternehmens. Auch Mark Zuckerbergs Facebook war schon vor dem Börsengang ein Unicorn, da es in seiner Branche bereits sehr dominant war. Diese Beispiele zeigen, wie sehr der Wert eines Start-ups an den Zukunftserwartungen der Investor:innen hängt.

Was sind Soonicorns?

Erwartungen spielen auch bei Soonicorns eine große Rolle: Start-ups, die innerhalb der nächsten 24 Monate den Unicorn-Status erreichen könnten.

Diese Einschätzung beruht auf der erwarteten Wertsteigerung des Unternehmens bzw. der erwarteten Weiterentwicklung ihres Produktes. Die Liste der Soonicorns ist subjektiv und nicht erschöpfend.

Soonicorns befinden sich mit ihrem Produkt oft noch in der Entwicklungsphase oder im Austesten.

Es gibt tausende von innovativen Geschäftsideen, die womöglich der nächste große Wurf sein könnten.

Manchmal sind sie aber auch schon bewährte Firmen wie etwa Refurbed aus Österreich. Das Unternehmen vermittelt gebrauchte Handys und Laptops und ist seit Jahren bei KundInnen beliebt. Obwohl es die Milliardenmarke noch nicht knacken konnte, wird es von vielen als Österreichs nächstes Einhorn gehandelt.

Was sind Decacorns?

Im ursprünglichen Artikel von Aileen Lee aus 2013 gab es nur 39 Unicorns.
Mittlerweile gibt es weltweit bereits über 1200. Der neue Titel, den die wirklich seltenen und extrem wertvollen Start-Ups bekommen, lautet jetzt Decacorn.

Decacorns haben eine Bewertung von über 10 Milliarden US-Dollar (griechisch deka = Zehn). Von den 1200 aktuellen Unicorns sind nur 53 Decacorns.

Unternehmen

Wert (in Mrd. $)

Land

Branche

ByteDance

225

China

Medien & Unterhaltung

SpaceX

137

USA

Industrie

SHEIN

66

China

Einzelhandel

Stripe

50

USA

Finanzen

Canva

40

Australien

Technik

Revolut

33

UK

Finanzen

Epic Games

31,5

USA

Medien & Unterhaltung

Databricks

31

USA

Technik

Fanatics

31

USA

Einzelhandel

OpenAI

29

USA

Technik

Die 10 größten Decacorns (laut Cbinsights)

Was sind Hectacorns?

Aber auch die Gruppe der 53 Decacorns ist nicht exklusiv genug. Für die wirklich astronomischen Start-Ups hat sich in Fachkreisen der Begriff Hectacorn etabliert.

Er bezeichnet Start-ups mit einer Bewertung jenseits von 100 Milliarden Dollar (griechisch hecta = Hundert).

Aktuell gibt es nur drei Start-Ups, die sich diesen Titel verdient haben: Bytedance, SpaceX und Shein. Es scheint also nur eine Frage der Zeit, bis das erste Kilocorn (griechisch kilo = tausend), um bei der Analogie zu bleiben, die Weltbühne betreten wird.

Was sind Zebras?

Unicorns stehen für exponentielles Wachstum, Monopolstellung und astronomische Gewinnmargen. Für Investor:innen sind sie das Nonplusultra, aber nicht unbedingt für die soziale und ökologische Nachhaltigkeit.

Als Reaktion auf die turbokapitalistischen Tendenzen der Unicorn-Szene, haben sich einige Start-Ups das Label „Zebra“ gegeben.

Zebras haben es sich zur Aufgabe gemacht, gesellschaftliche Probleme in Angriff zu nehmen; der Profit ist nebensächlich.

Zebras wollen sinnstiftende Arbeit für ihre Mitarbeiter:innen bieten und ökologisch nachhaltig wirtschaften. Anstatt der üblichen Dichotomie zwischen „for-profit“ und „non-profit“ versuchen sie beide Seiten zu verbinden, sie sind schwarz und weiß.

Was ist ein Scale-Up?

Scale-Up Unternehmen befinden sich in einer kritischen Phase des Unternehmenswachstums.

Es sind Start-Ups, die ihre Anfangsphase erfolgreich überstanden haben und bereit sind, in größerem Stil zu operieren. Dafür braucht es oft eine externe Finanzierungsrunde, um Fremdkapital aufzustellen. Diese Investitionen fließen dann in die schnelle Vergrößerung und Ausweitung des Geschäftsmodells. Während dieser Phase wird aus einer brillanten Idee ein funktionierendes Unternehmen, oder eben nicht.

Das Scale-Up ist der nächste Wachstumsschritt in der Unternehmensentwicklung und für viele Start-Ups ein erster Realitätscheck. Funktioniert das Geschäftsmodell, das bereits im kleinen Maßstab Erfolge erzielt, auch im größeren Stil? Eine große Herausforderung ist es hierbei, die Organisationsstruktur der Firma mit den Aufgaben mitwachsen zu lassen.
Aus fünf Mitarbeiter:innen werden schnell 50. Viele der improvisierten und provisorischen Strukturen müssen zu einer stabilen Unternehmenskultur werden. Das erfordert eine komplette Umstellung interner Kommunikationswege und Arbeitsabläufe.

Wie viele Unicorns gibt es in Österreich?

Laut einer Studie von 5invest (hier geht es zu den Daten von 5invest) gab es 2022 sechs Unicorns in Österreich.

Nach Großbritannien, Frankreich und Deutschland liegt Österreich damit, gemeinsam mit Schweden, auf dem vierten Platz im europäischen Vergleich. Außerdem gab es 2022 hierzulande 14 Soonicorns, ebenfalls ein Top-Wert. Zu den bekanntesten

Österreichs beste Start-ups des Jahres 2022 [RANKING] - Hier geht es zum trend.-Ranking

Wer sind Österreichs Unicorns?

Die erfolgreichsten Unicorns Österreichs sind Bitpanda und GoStudent mit einer Bewertung von über drei Milliarden Euro.

Bitpanda war ursprünglich ein Online-Handelsplatz für Kryptowährungen, mittlerweile kann aber auch in Edelmetalle oder Aktien investiert werden.

GoStudent ist ein digitales Nachhilfeportal und gehört zu den am besten bewerteten Unternehmen der Branche.

Die anderen österreichischen Unicorns sind Copa-Data, Loxone, Tricentis und TTTech Auto.

Österreichs Unicorns

Im Juni 2023 erreichte auch das Wiener Scaleup refurbed - nach eigenen Angaben - die Grenze von einer Milliarde Euro Außenumsatz.

Österreich als Start-up Standort

Österreichs Start-up Szene gehört zu den stärksten in ganz Europa. Was macht Österreich als Wirtschaftsstandort richtig, um hier derart gut dazustehen?

Hohes Maß an Zusammenhalt und Kooperation

Gregor MüllerGoStudent (Mitgründer und COO)

GoStudent Mitgründer und COO Gregor Müller meint, dass mehrere Faktoren diesen positiven Trend begünstigen. Österreich biete ein stabiles infrastrukturelles Umfeld und hat massiv in Schlüsselsektoren investiert. Zudem zeichne sich die Start-up Szene in Wien „durch ein hohes Maß an Zusammenhalt und Kooperation aus, was Innovation und gemeinsames Wachstum fördert“, erklärt Müller.

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GoStudent Mitgründer und COO Gregor Müller

© GoStudent

Auch der hohe Lebensstandard und der gute Ruf Wiens als lebenswertester Stadt der Welt hätten ihren Anteil an der unternehmerischen Attraktivität Österreichs.

In welchen Branchen gibt es die meisten Unicorns?

Die meisten Unicorns gibt es in der Softwareentwicklung und der Finanztechnologie (FinTechs).

Auch Internetdienstleistungen und Hochtechnologie sind ganz vorne mit dabei, ebenso wie Versand- oder Transportdienste.

Die erfolgreichsten Start-Ups verbinden oft mehrere dieser Elemente. So sind etwa künstliche Intelligenz und Big Data oft ein unterstützender Faktor, um Innovationen wie Online-Zahlungssysteme, IT-Lösungen oder auch Unterhaltungsangebote noch kompetitiver zu machen.

Der Weltmarkt ist umkämpft. Damit ein Unternehmen also zum Unicorn werden kann, muss es die modernsten Produktions -und Managementstrukturen integrieren und auf dem neuesten Stand der Technik sein.

Was kommt nach dem Unicorn Status?

Für das österreichische Start-up GoStudent war der Einhorn-Status ein wichtiger Meilenstein.

„Das Erreichen des Unicorn-Status ist eine bedeutende Bestätigung unseres Geschäftsmodells“ erklärt Gregor Müller, Mitgründer und COO von GoStudent.

Wir konnten die Produktentwicklung vorantreiben und unsere Dienstleistungen skalieren

Gregor MüllerGoStudent (Mitgründer und COO)

Es ist aber nicht das Ende des Weges, sondern ein Katalysator neuer Erfolge. „Mit der gestiegenen Bekanntheit und den Ressourcen, die mit dem Status eines Unicorns einhergehen, konnten wir unsere Produktentwicklung vorantreiben und unsere Dienstleistungen skalieren.“
Auch wenn es einem kleinen Ritterschlag gleichkommt, schafft der Unicorn-Status in erster Linie Lust auf mehr. Dass es nach dem Knacken der Milliardenmarke für Start-Ups nur eine Richtung gibt, zeigt nicht zuletzt der exklusive Klub der Deca- und Hexacorns.

Was kann man von Unicorns lernen?

Gregor Müller von GoStudent weiß, was ein starkes Start-up ausmacht: „Eines der wichtigsten Dinge, die man von erfolgreichen Start-ups, einschließlich Unicorns wie GoStudent, lernen kann, ist, dass sie alle mit einer klaren und wirkungsvollen Vision begonnen haben.“

Es geht nicht darum, möglichst schnell möglichst viel Geld zu lukrieren, sondern um eine langfristige Perspektive mit klaren Entwicklungsvorstellungen.

Der Unicorn-Status bleibt jenen Unternehmen vorbehalten, die es schaffen, in ihrer Branche eine quasi Monopolstellung aufzubauen. Zumindest in einem kleinen Marktsegment muss das Start-up Innovationen liefern, die keiner der Konkurrenten bieten kann.

„Ein weiteres Erfolgsgeheimnis von Unicorns ist die Fähigkeit, die sich wandelnden Bedürfnisse ihrer Kund:innen zu verstehen und zu erfüllen“ erklärt GoStudent COO Müller. Unicorns müssen flexibel sein und schnell auf Veränderungen reagieren können. Starr an einem Plan festzuhalten, den man vorher mit Stift und Zettel angefertigt hat, führt selten zum Erfolg.

Learnings

  • klare und wirkungsvolle Vision

  • langfristige Perspektive

  • wandelnde Bedürfnisse der Kund:innen verstehen

Im Falle von GoStudent hat diese Flexibilität allerdings auch zur Kündigung hunderter Mitarbeiter:innen geführt. Ein Schritt, der vielen in der Belegschaft sauer aufstößt, aus Sicht des Unternehmens aber notwendig war, um die „gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen“ gut zu überstehen.

Unicorns können also doch nicht nur an ihrer edlen Vision festhalten, sondern müssen, um international kompetitiv zu bleiben, oft auch der harten ökonomischen Raison folgen.

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