
Der Kaufpreis für 49 Prozent der Polen-Tochter von Santander ist mit fast sieben Milliarden Euro enorm. Das Fremdwährungskredit-Risiko ist aber managebar, und es winkt ein boomender Markt.
Es ist eine der größten Bankakquisitionen in Europa der letzten Jahre. Um 6,8 Milliarden Euro will die österreichische Erste Group 49 Prozent an Santander Polska kaufen, der Polen-Tochter des spanischen Bankkonzerns.
Viele erinnern sich an die damals größte je getätigte Akquisition eines österreichischen Unternehmens im Ausland: 2005 übernahm die Erste die rumänische BCR Bank um 3,8 Milliarden Euro. 2011 waren Abschreibungen in hoher dreistelliger Millionenhöhe notwendig.
Die „Financial Times" bewerten den Deal dennoch prinzipiell positiv. „Der Kauf gibt der Erste Kontrolle über die drittgrößte Bank Polens und gibt CEO Peter Bosek das größte fehlende Stück für seine Pläne in die Hand, eine der führenden Banken Zentral- und Osteuropas zu sein." Der Kundenstock in CEE wächst mit einem Schlag von 16 auf 23 Millionen. Polen ist mit Wachstumsraten von über drei Prozent aktuell eine der stärksten Volkswirtschaften Europas.
Die FT hebt jedoch auch den hohen Kaufpreis hervor. Der vereinbarte Kaufpreis betrage das 2,2-fache des Buchwerts. Die gesamte Santander-Gruppe wird an der Börse aktuell mit dem 1,1-fachen des Buchwerts bewertet. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert einen Analysten der polnischen Millennium Bank, Marcin Materna: „Man kann den Kauf kaum als Schnäppchen bezeichnen, aber das heißt noch nicht, dass sie überzahlen."
Viel diskutiert werden nun auch wieder die Probleme der Raiffeisenbank International mit Schweizer-Franken-Krediten in Polen. Laut RBI-Geschäftsbericht 2024 betrugen die Aufwände im Zusammenhang mit Fremdwährungs-Hypothekarkrediten in Polen 649 Millionen Euro und belasteten das Ergebnis der RBI erheblich.
Mit dem geplanten Einstieg werden nun auch für die Erste Group Kredite in Schweizer Franken ein Thema. In Polen hatten in der Vergangenheit zehntausende Kreditnehmer bei verschiedenen Banken Hypotheken in Franken aufgenommen, um von niedrigeren Zinsen in der Schweiz zu profitieren. Doch der Franken gewann im Vergleich zum Zloty an Wert, die Kosten für die Kunden stiegen. Viele Polen klagten, um aus den letztlich teuren Krediten herauszukommen. Solche Kredite hat auch die Santander Polska Bank noch im Portfolio.
Ende 2024 kommunizierte die Gruppe, dass der gesunkene Gewinn im vierten Quartal vorwiegend auf die Situation bei Fremdwährungskrediten zurückzuführen sei. Die rechtlichen Risken in diesem Zusammenhang wurden mit 1,44 Milliarden Zloty, rund 336 Millionen Euro, beziffert. 13.000 Einigungen mit Kunden wurden bis Jahresende erzielt.
Mögliche Risiken seien aber gut bevorsorgt, betonte Erste Group CEO Peter Bosek am Montagvormittag. Für ihn überwiegt die Freude am Erreichen des größeren Ziels: „Wir expandieren in einen der dynamischsten und profitabelsten Bankenmärkte Europas."


© APA