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Innovatives Kärnten: smart und ziemlich neugierig

In Kooperation mit Standortmarketing Kärnten
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14 min

Mehr wind-power.  Alexander Gröber leitet die Forschungsabteilung des dänischen DEIF-Konzerns in Klagenfurt. Die dort entwickelte Software holt mehr Energie aus Windrädern heraus.

©Johannes Puch
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Erfinderisch, grün und gut drauf: Kärnten hat sich zu einem idealen Standort für neue Ideen und smarte Spezialisierung entwickelt. Dazu trägt auch die enge Kooperation mit anwendungsorientierter Forschung bei.

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Der schnelle Blick in die App schafft Gewissheit: „4.500 Partien haben wir bisher gespielt“, sagt Alexander Gröber. Und das nicht nur zum Vergnügen. Denn der Tischtennistisch ist eine Art Ideenschmiede für die 16 Windkraftspezialisten von DEIF in Klagenfurt. „Tischtennis erhöht Konzentration und Effektivität“, ist Chef Gröber überzeugt.

Vor fünf Jahren hat der dänische DEIF-Konzern, Weltmarktführer für das Optimieren von Windkraftanlagen, die Kärntner Technikertruppe an Bord geholt und im Lakeside Park ein Forschungs- und Entwicklungszentrum etabliert – das einzige außerhalb Dänemarks. Seitdem wird dort am Upgrade von Windrädern und -turbinen gearbeitet. Mit Erfolg: Die Innovation „made in Carinthia“ ist weltweit gefragt, die Exportquote beträgt hundert Prozent. Ausgerüstet wurden bereits Windparks in Italien, Frankreich, Großbritannien, den USA und China.

Dank der Software aus Kärnten gelingt es, bei gleichem Wind mehr Energie zu gewinnen und gleichzeitig die Lebensdauer der Anlagen zu verlängern. Entscheidend dafür ist eine selbstlernende Applikationssoftware auf Basis künstlicher Intelligenz, die die Anlage den jeweiligen Windverhältnissen anpasst – und so das Optimale herausholt. Dafür wurden Gröber und Team, vom Physiker bis zur Elektrotechnikerin, heuer auch mit dem Spezial-Innovationspreis für „Grüne Technologien“ des Landes Kärntens ausgezeichnet.

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Am Prüfstand. Die Chefs von T.I.P.S. Mess­technik, Martin Eberhardt (vorne) und Rainer Gaggl, haben sich auf Testgeräte für Mikrochips spezialisiert. Einst eine Nische, jetzt ein Wachstumsmarkt. Deshalb wird die Fläche im Technologiepark Villach auch gerade um 1.500 Quadratmeter erweitert.

 © Johannes Puch

Jetzt Schiffsturbinen.

Und das soll keineswegs das Ende der Entwicklung sein, ein neues Projekt gibt es bereits. „Aktuell arbeiten wir an der Optimierung von elektrischen Schiffsturbinen, die auf Basis von Batterien und Wasserstoff ­arbeiten“, berichtet Gröber, der in Graz Telematik und Wirtschaft studiert hat und mittlerweile auch im Konzernmanagement sitzt, „Ziel ist, die Umrichter effizienter zu gestalten.“

Aber wie gelingt es, innerhalb eines weltweit tätigen Konzerns mit 550 Mitarbeitenden eine Entwicklungseinheit in Klagenfurt zu etablieren, deren Team in einen Kleinbus passt? „Ein technologiegetriebenes Unternehmen wie DEIF braucht gute, qualifizierte Leute“, betont Gröber, „und die gibt es hier. Österreich und speziell Kärnten bieten eine gute Forschungsumgebung. Es gibt starke Betriebe im Bereich der Leistungselektronik, gute Fachhochschulen und mit den Silicon Austria Labs in Villach und Graz einen sehr guten Kooperationspartner.“

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Steinsäge auf Rädern. Öfter mal was Neues: Die auf Autobetonpumpen spezialisierte Firma Schwing aus dem Lavanttal sorgt mit einer mobilen Seilsäge für Furore. Damit können große Gesteinsblöcke vor Ort millimetergenau zugeschnitten werden, was Transporte spart. „Das revolutioniert die ­Industrie“, ist Chef Horst Jöbstl überzeugt.

Erst Beton, dann Säge.

Nur nicht stillstehen und sich, smart spezialisiert, immer weiterentwickeln – das gilt in Kärnten nicht nur für trendige Software-Entwickler, sondern auch für klassische Vertreter der Old Economy. Ein Beispiel dafür ist die Firma Schwing aus St. Stefan im Lavanttal. Der Betrieb mit 500 Beschäftigten ­gehört zum deutschen Schwing-Konzern. Der ist mit rund 6.000 Beschäftigten weltweit führend bei allem, was mit Beton am Bau zu tun hat, von der Herstellung über den Transport und die Einbringung auf der Baustelle bis zum Recycling.

Das Besondere am Kärntner Standort: Ursprünglich Ende der 1960er als reiner Produktionsstandort für Autobetonpumpen gegründet – das sind die Fahrzeuge mit den langen „Rüsseln“, durch die der Beton auf den Baustellen an die richtigen Stellen kommt –, hat er sich mittlerweile auch zu einen Innovationszentrum entwickelt. Schon vor fünf Jahren wurde dort ein 360-Grad-Schwenkantrieb für Betonpumpen entwickelt, jetzt folgt mit einer mobilen Diamantseilsäge der nächste Coup. „Mit dieser speziellen Säge können große Gesteinsbrocken auf transport­fähige Formate mit einem sauberen Schnitt zugeschnitten werden“, erläutert Schwing-Geschäftsführer Horst Jöbstl. Das neu entwickelte Produkt verbindet die Mobilität einer Baumaschine auf Rädern mit der millimetergenauen Präzision einer stationären Diamantseilsäge. Der große Vorteil der neuen Technologie: Durch den exakten Zuschnitt im Steinbruch muss viel weniger Gestein transportiert werden, was CO2 und Kosten spart. Jöbstl: „Das revolutioniert die Industrie.“

Ein erste Säge ist bereits nach Schweden verkauft worden, zudem gibt es großes Interesse aus den USA und Indien, dem weltweit größten Exporteur von Natur­steinen. „Das weltweite Ausrollen dieses Produktes ist jetzt unserer Hauptthema“, sagt Jöbstl, „damit können wir unser Geschäftsfeld verbreitern.“ Aber es ist nicht das einzige Thema: Die Montagehalle in St. Stefan soll erweitert und in neue Maschinen für das neue Geschäftsfeld „Direct Drive“ investiert werden. Dahinter verbirgt sich ein neuartiges, flexibles Antriebs­system für Betonpumpen – die nächste Innovation aus dem Lavanttal.

„Unternehmen wie DEIF und Schwing zeigen, wie sich Kärntner Betriebe über smarte Spezialisierung in Nischen Weltmärkte erobern können“, sagt Andreas Duller, beim Amt der Kärntner Landesregierung unter anderem für das Standortmarketing verantwortlich, „und sie zeigen auch, wie vielfältig die Kärntner Innova­tionslandschaft ist.“ Geprägt wird diese neben den forschenden und immer neugierigen Unternehmen auch von den zahlreichen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Kärnten.

Stark bei Forschung und Entwicklung ist auch die in Villach ansässige T.I.P.S. Messtechnik. Das von Gründer und Geschäftsführer Rainer Gaggl und seinem Miteigentümer und Geschäftsführer ­Martin Eberhart – beide kennen sich vom Studium der technischen Physik an der TU Graz – geführte Unternehmen hat sich auf Testgeräte für Mikrochips spezialisiert. „Bei der elektrischen Prüfung von Leistungshalbleitern treten hohe elektrische Spannungen und Ströme auf, die besondere Anforderungen an die Mikrokontaktierung stellen“, erläutert Martin Eberhart, „und genau für deren Prüfung entwickeln und stellen wir unsere Nadelkarten – sogenannte Probe Cards – und weitere Testhardware her.“

Vor 26 Jahren in einer 40 Quadratmeter großen Garçonnière in Villach gegründet, beliefert T.I.P.S. mittlerweile alle Großen der Branche, hat 90 Beschäftigte und ist mit dem Kärntner Innovations- und Forschungspreis ausgezeichnet. Und die Expansion wird fortgesetzt: Das Unternehmen erweitert seine Fläche im Technologiepark Villach um 1.500 Quadrat­meter – die dritte Erweiterung in Folge.

Überdruck statt Ozonloch.

Gaggl und Eberhart haben eine Nische erkannt, die inzwischen längst keine Nische mehr ist. Denn Leistungselektronik ist ein Wachstumsmarkt, Elektromobilität, Wind­räder, Internet of Things und deren ­Sensorik verlangen Mikrochips. „Weil die Chips immer kleiner und leistungsfähiger werden, wachsen auch die Heraus­forderungen an die Prüftechnik“, weiß ­Eberhart. Die Antwort von T.I.P.S. darauf ist eine Innovation: Das Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Leistungshalbleiterchips in einer Miniaturdruckkammer funkenfrei mit Hochspannung getestet werden können, was den zusätzlichen Vorteil bringt, dass bisher notwendige umweltschädliche Isolier­gase umweltfreundlich durch ­trockene Druckluft ersetzt werden.

Und das leidige Thema der Fachkräfte? „Wir punkten bei Bewerbern auch mit der hohen Lebensqualität“, sagt Eberhart, „schließlich arbeiten und leben wir, wo andere Urlaub machen!“

Altholz aus der Region.

Die Freizeit steht auch bei einem anderen Kärntner Innovationsbetrieb im Mittelpunkt: In Feistritz an der Gail produziert Capita jährlich über 100.000 Snowboards. Das entspricht rund zehn Prozent des Weltmarkts, entsprechend liegt die Exportquote bei über 90 Prozent. Innovativ ist bei Capita nicht nur das Design der Boards, sondern der Produktionsprozess: „Wir produzieren CO2-frei“, sagt Geschäftsführer Wilhelm Ebner stolz.

Schon bei der Errichtung des neuen Firmengebäudes 2015 drängte Ebner auf Nachhaltigkeit und grüne Technologien. Für die Fassade der Produktionshalle wurde recyceltes Altholz aus der Region verwendet und auf dem Dach eine PV-Anlage installiert. Das Highlight ist eine Wasser-Wärme-Pumpe, die Prozesswärme und -kälte aus dem Wasser der vorbeifließenden Gail gewinnt.

„Unser Produkt hat mit Natur, mit den Alpen zu tun“, sagt Ebner, „Nachhaltigkeit ist deshalb für uns wichtig und überträgt sich auch auf das Brand-Image.“ Und weil nachhaltiges Wirtschaften ein laufender Prozess und Ebner stets auf der Suche nach Verbesserungen ist, hat er bei der für die Board-Herstellung notwendigen Druckluft eine spezielle „Airleader“-­Steuerung einbauen lassen, die 20 bis 30 Prozent Energieeinsparung bringt.

Nachrüsten statt neu kaufen.

Nachhaltigkeit ist auch das große Thema der Villacher Firma GP Motion, Stichwort Re-Use und Ressourcenschonung. Warum ein neues, teures E-Bike kaufen und das alte entsorgen, fragte sich der überzeugte Radfahrer Fabian Gutbrod – und entwickelte als Antwort unter der Marke add-e einen Nachrüstsatz für alle gängigen Räder. Der batteriegetriebene Außenläufermotor wird dabei mit dem Tretlager verbunden, die Kraft wird ganz ohne ­Getriebe direkt auf das Hinterrad über­tragen. Der Nachrüstbausatz ist leicht, in ausgeschaltetem Zustand entsteht keinerlei Reibung, das Fahrrad fährt sich wie ein „normales“ Fahrrad. Produziert wird vor Ort auf dem ehemaligen Dr.-Oetker-Gelände in Villach. „Die Akkus müssen wir zukaufen, aber ansonsten machen wir ­alles selber, die komplette Wertschöpfung bleibt in Kärnten“, betont Fabian Gutbrod.

Auch internationale Unternehmen entdecken Kärnten zunehmend als interessanten Standort. So hat die Deutsche Logistik Holding (DLH) ein sechs Hektar großes Grundstück in Federaun beim Logistikknoten Fürnitz erworben. Die geplanten 32.000 Quadratmeter Logistikfläche sollen das Logistik Center Austria Süd ergänzen. „Als Immobilienentwickler sind wir immer auf der Suche nach Hot­spots“, sagt Projektleiter Fabian Weyss, „und hier sind die Voraussetzungen optimal.“

Klarer Fokus liegt dabei auf der Verlagerung von möglichst viel Warenverkehr auf die Bahn. „Fürnitz ist ein wichtiger Knotenpunkt der Baltisch-Adriatischen Achse, eines der wichtigen europäischen Eisenbahn-Korridore“, so Weyss. Vorgesehen sind – in Kärnten schon fast selbstverständlich – eine PV-Anlage auf dem Dach und der Anschluss an das Fernwärmenetz. Zudem soll ein Viertel des Geländes als Grünfläche erhalten bleiben.

Trotz aller positiven Beispiele aus Kärnten: Auch dort gelingt nicht alles. „Ich habe sicher mehr als die Hälfte meiner Tischtennispartien verloren“, gesteht DEIF-Geschäftsführer Alexander Gröber. Schlimm sei das aber nicht, „schließlich sind bei diesen Spielen viele innovative Ideen entstanden“. So kann also auch Verlieren manchmal Gewinn bringen.

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Standort Kärnten: Erfolgsgeschichten

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