
MEGATREND STREAMING. Das Kärntner Tech-Unternehmen Bitmovin arbeitet zusammen mit der Uni Klagenfurt und dem Christian Doppler Labor an höherer Qualität und weniger Energieverbrauch
©istockphotoOb High-Quality-Streaming oder Wasserstoff: KÄRNTEN entwickelt sich immer mehr zum Hotspot für innovative Unternehmen. Einer der Treiber: die enge Kooperation mit Forschungseinrichtungen. Die reicht bald bis Afrika.
Von Klagenfurt bis zur Nordküste Afrikas sind es rund 1.200 Kilometer. In der modernen Welt ist das keine große Distanz. Daher wird Kärnten auch Teil einer wichtigen Achse mit Afrika: Der geplante South H2-Corridor, eine 3.300 Kilometer lange Wasserstoffpipeline von Nordafrika bis Süddeutschland, rückt Kärnten in den Fokus der europäischen Energieinfrastruktur. Das Bundesland will mit regionaler Einspeisung, Speicherung und Nutzung von grünem Wasserstoff frühzeitig die Infrastruktur von morgen mitgestalten – zur Freude von Kärntens Unternehmen.
Der Erfolg Kärntens als Technologiestandort beruht wesentlich auf einer engen Verbindung von Wirtschaft, Forschung und Ausbildung, also der Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Ein Beispiel dafür ist das Educational Lab des Lakeside Parks, in dem auch das Christian Doppler Labor ATHENA (steht für „Adaptive Streaming over HTTP and Emerging Networked Multimedia Services“) angesiedelt ist. Die Public-Private Partnership wird gemeinsam vom Institut für Informationstechnologie ITEC der Universität Klagenfurt und der Bitmovin GmbH betrieben. Forschungsschwerpunkt sind neue Tools und Methoden für die Codierung, den Transport und die Wiedergabe von Live- und On-Demand-Videos mithilfe des HTTP-Adaptive-Streaming-Verfahrens – eine besonders anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau.
Bitmovin wurde von CEO Stefan Lederer bereits 2012 gegründet. Die Idee dahinter: der Wunsch vieler Unternehmen, Industrien und Endkunden nach erstklassigen Videolösungen, um weltweit top digitale Erlebnisse zu vermitteln.
WENIGER DATEN, WENIGER ENERGIEVERBRAUCH.
„Durch kleinere Datenraten lassen sich einerseits die Kosten reduzieren bei jenen, die streamen, weil man weniger Daten speichern und weniger Daten übers Netzwerk leiten muss. Andererseits minimiert sich der Energiebedarf. All das bei gleichbleibender Qualität für die Endnutzer“, erklärt Christian Timmerer. Man setze auf allen Ebenen der Streamingtechnologie an, erläutert der ITEC-Institutsvorstand und ATHENA-Leiter: von der Bereitstellung der entsprechenden Video- und Audiocodierung durch Bitmovin über das eigentliche Streaming bis hin zum Player, dem Gerät des Endusers.
Den stärksten Hebel wird das Wirken von Timmerer und Lederer wohl auf das Livestreaming haben. „Anders als bei Videos on Demand, wo man sich mit der Encodierung Zeit lassen kann, muss man live die Daten in Echtzeit verarbeiten, was häufig zu Verzögerungen führen kann“, erklärt Timmerer. Was ATHENA konkret macht: „Wir schauen uns die Komplexität der Inhalte, die live übertragen werden, auf Bildebene an. Diese fällt naheliegenderweise bei einem Actionfilm anders aus als bei einer Nachrichtensendung.“ Dementsprechend definiert ATHENA die Codierungsparameter. Optimiert wird im Hinblick auf die „just noticeable difference“ – jenen Punkt, bis zu dem der Endnutzer keinen Qualitätsunterschied wahrnimmt.
Ein kommerzieller Roll-out steht noch aus, es wird noch intensiv geforscht. So viel jedoch lässt sich sagen: Es sind Datenreduktionen von 18 bis 32 Prozent bei gleichbleibender Qualität möglich, abhängig von der Metrik, die man verwendet. Dies bedeutet eine Ersparnis der Speicherkapazitäten von bis zu 70 Prozent. Spezieller Aspekt auf der „Playerseite“: Man gibt dem Endkunden die Möglichkeit, über einen sogenannten „ecobutton“ aktiv mitzugestalten.
Eine wichtige Rolle im Kärntner Innovations-Ecosystem spielt der Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds (KWF). Kooperationen schaffen Synergien, die im Alleingang kaum realisierbar wären“, erläutert KWF-Vorstand Roland Waldner. „Unsere Aufgabe ist es, diese Potenziale zu erkennen und durch gezielte Förderung Anreize zu schaffen, um potenzielle Partner enger zusammenzubringen und gemeinsame Projekte zu initiieren.“
Das Angebot ist umfangreich. Das KWF-Produkt „Strategie.Impuls“ etwa unterstützt Unternehmen in Form von Beratungsleistungen in Strategie- und Organisationsprozessen. „Start.F&E“ ermöglicht wiederum die Auseinandersetzung mit Forschung, Entwicklung und Innovation in einem neuen Themenbereich. „F&E-intensive Unternehmen sind resilienter, wachsen schneller, schaffen mehr Arbeitsplätze und stabilisieren die Konjunktur“, betont Waldner. Mit den Talente-Programmen („Innovations.Talent“ und „Internationalisierungs.Talent“) wiederum wirke man dem sogenannten Braindrain entgegen. „Wir unterstützen Kärntner Betriebe unter anderem in Form eines Personalkostenzuschusses für die Dauer des Qualifizierungsprogramms.“ Investitionsintensive KMU werden mit dem Produkt „Produktion.Invest“ gefördert – mit einem nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von maximal 15 Prozent der förderbaren Kosten. Waldner: „Aber auch Großunternehmen können unter bestimmten Voraussetzungen unterstützt werden.“
Der KWF agiert als Brückenbauer und bringt Partner zusammen, die aus innovativen Ideen marktfähige Lösungen machen.

Unsere Technologie ist angesichts des Zuwachses an Streamingdiensten ein großer Hebel zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks.

FOKUS EXPORT
Daneben stärkt ein neues KWF-Förderungsprogramm auch die Exportbranche – neben der Erhöhung der Mittel für die Exportoffensive auf eine Million Euro pro Jahr. Gefördert werden etwa die Umsetzung von Pilotprojekten in ausgewählten neuen Märkten, die Teilnahme an Messen in definierten Zielmärkten oder der Aufbau internationaler Vertriebsstrukturen. Ein wichtiger Konjunkturhebel, denn sechs von zehn Wertschöpfungseuros werden in Kärnten im Export erwirtschaftet. Dementsprechend hoch ist die Unterstützung: Zwischen 20 und 50 Prozent der förderbaren Kosten werden übernommen, mit bis zu 47.500 Euro pro Projekt liegt die Hilfe höher als bei vergleichbaren Programmen.
20 Jahre Innovationen


VON DER GRÜNEN WIESE zum zentralen Innovationstreiber Kärntens: So lässt sich in wenigen Worten die Entwicklung des vor 20 Jahren gegründeten Lakeside Science & Technology Parks in Klagenfurt beschreiben. Auf rund 34.000 Quadratmetern denken und entwickeln derzeit 66 Unternehmen mit rund 1.100 Beschäftigten, darunter sowohl forschungsintensive Großfi rmen als auch junge Start-ups und Forschungseinrichtungen. Das Rezept hinter dem Erfolg: Die direkte Anbindung an die Universität Klagenfurt schafft ein eng verzahntes Ökosystem für Forschung und Entwicklung. Zahlreiche Institute (z. B. Technische Fakultät, AIT Austrian Institute of Technology, Joanneum Research) sowie das build! Gründerzentrum fördern den Technologietransfer und die Ausgründung von Spin-os.
© LAKESIDEPARK/STABENTHEINER