
Eine Mängelrüge im Sinne des österreichischen Unternehmensgesetzbuches (UGB) betrifft die formale und zeitgerechte Beanstandung von Mängeln einer gelieferten Ware oder einer erbrachten Dienstleistung. Worauf muss man dabei achten?
Grundlage der Mängelrüge
Im Allgemeinen regelt das UGB das Handelsrecht und sieht vor, dass Kaufleute verpflichtet sind, eine Mängelrüge zu erheben, wenn sie Mängel an der gelieferten Ware feststellen. Wird der Mangel nicht fristgerecht angezeigt, gilt die Ware als genehmigt. Es sei denn, der Mangel war bei Lieferung nicht erkennbar (sogenannter versteckter Mangel).
Anwendungsbereich
Zur Mängelrüge gemäß § 377 UGB verpflichtet ist also jemand, für den das Geschäft ein beidseitiges Unternehmergeschäft (b2b) darstellt. Dies ist unabhängig von der Art der Geschäftstätigkeit der Unternehmer.
Diese Regelung gilt nicht nur für An- und Verkauf von Waren (Warenhändler), sondern auch für die Anschaffung von Büromöbel, EDV-Ausstattung, Softwarekauf, etc. Neben Kaufverträgen über bewegliche Sachen fallen darunter ebenso Werklieferungsverträge sowie Werkverträge und Tauschverträge über bewegliche Sachen und Wertpapiere (§ 378 UGB).
Fristen für die Mängelrüge
Der Käufer ist verpflichtet, die Ware nach Erhalt unverzüglich zu untersuchen und Mängel, die dabei festgestellt werden, dem Verkäufer sofort bzw. „binnen angemessener Frist“ zu rügen. Sollte der Mangel nicht sofort erkennbar sein, muss der Käufer dies unverzüglich nach Entdeckung des Mangels tun.
Die Rechtsprechung zur Rechtzeitigkeit
Fehlt eine konkrete Vereinbarung der Vertragsparteien (z.B. im Vertrag oder den AGBs), dann beträgt die Frist zur Mängelrüge üblicherweise einige Tage bis zu maximal 2 Wochen, je nach Art und Beschaffenheit.
Die Rechtzeitigkeit ist laut Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) immer eine Frage des Einzelfalls. Hier sind einige Beurteilungskriterien:
Die Untersuchungspflicht ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, wobei die Art und Weise der Vornahme der Untersuchung maßgeblich von der Art der Ware, dem Handelsbrauch und der im Geschäftszweig des Käufers herrschenden Übung bestimmt wird.
Die Ware ist jedenfalls unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – zu untersuchen.
Verborgene Mängel müssen sofort nach ihrer Entdeckung gerügt werden – egal, ob sie nur für Sachkundige erkennbar sind.
Tipp: Es empfiehlt sich in der Praxis einen Wareneingang folgendermaßen zu bestätigen „Ware übernommen, vorbehaltlich einer Prüfung im Sinne des § 377 des UGB. Es gilt österreichisches Recht.“
Form und Inhalt der Mängelrüge
Die Rüge muss eindeutig und konkret formuliert sein und den Mangel detailliert beschreiben. Eine bloße Mitteilung des Mangels reicht nicht aus; die Mängelrüge muss auch eine Beschreibung des Fehlers enthalten und gegebenenfalls auch die Forderung nach einer Nachbesserung oder Ersatzlieferung.
Tipp: Zwar reicht laut Gesetz das Absenden der Mängelrüge für die Rechtzeitigkeit, es empfiehlt sich aber – aus Beweisgründen – diese zu dokumentieren. Der Käufer trägt allerdings nicht das Risiko des Zugangs beim Verkäufer.
Folgen einer verspäteten Mängelrüge
Wird die Mängelrüge nicht fristgerecht oder nicht in der richtigen Form erhoben, verliert der Käufer die Möglichkeit, auf den Mangel zu reagieren und der Mangel gilt als akzeptiert.
Dies kann zu erheblichen rechtlichen Nachteilen nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) für den Käufer führen:
Er verliert dadurch Ansprüche aus der Gewährleistung (§ 933a Abs 2 ABGB), auf Schadenersatz wegen des Mangels selbst (§ 933a Abs. 2 ABGB) sowie aus einem Irrtum über die Mängelfreiheit der Sache (§§ 871 f. ABGB). Ein Mangelfolgeschaden kann aber sehr wohl noch geltend gemacht werden!
Beachte: Die Fristen für diese Rechtsbehelfe können in den AGBs oder Verträgen b2b angepasst bzw. verkürzt werden. Deshalb ist es wichtig, auch diese immer im Auge zu behalten!
Ausnahmen von der Mängelrügepflicht
Wenn der Käufer beweist, dass der Verkäufer den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht oder verschwiegen hat, gilt § 377 UGB nicht. Es kommt somit nicht zum Verlust der Gewährleistungs-, Schadenersatz- und Irrtumsanfechtungsansprüche des Käufers.
Was gilt bei Falschlieferung oder Mengenfehlern?
Auch in diesen Fällen muss der Käufer rechtzeitig eine Mängelrüge gemäß § 377 UGB machen, um seine Rechte zu wahren. Welche Fälle sind davon betroffen?
Wenn in den AGBs nichts anderes vereinbart wurde, gilt die Regelung für teilweise Falschlieferungen (sogenannte Aliud-Lieferung) oder Mengenfehlern (Lieferverzug).
Die Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn der Verkäufer erheblich von der Bestellung abweicht, da er die Genehmigung des Käufers schon als ausgeschlossen betrachten muss und daraus nicht auch noch einen Vorteil erlangen soll (§ 378 UGB).
Achtung Aufbewahrungspflicht!
Im b2b Bereich gilt immer: Die beanstandete Ware muss vorübergehend aufbewahrt werden. Nur bei verderblichen Sachen und bei raschem Handlungszwang ist der Verkauf gemäß § 373 UGB möglich (Selbsthilfeverkauf oder öffentliche Versteigerung).
Exkurs: Besonderheiten im internationalen Handel
Im internationalen Handel können zusätzlich die Bestimmungen des UN-Kaufrechtes (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG) zur Anwendung kommen, die ebenfalls spezifische Regeln zur Mängelrüge enthalten.
Die Fristen zur Mängelrüge sind großzügiger, jedoch ist auch hier auf Ausnahmen in Geschäftsbedingungen oder Verträgen zu achten.
Die Höchstfrist für eine Rüge nach UN-Kaufrecht liegt bei 2 Jahren nach Übergabe der Waren (Art 39 Abs 2 CISG). Die Vertragsparteien sollen eine gewisse Rechtssicherheit erlangen. Die Frist gilt auch für versteckte Mängel. Ausnahme: Es liegt eine (längere) Garantievereinbarung vor.
Zusammengefasst ist die Mängelrüge ein zentrales Element des Handelsrechts, das sowohl dem Verkäufer als auch dem Käufer Klarheit über Mängel und deren Folgen verschafft. Die rechtzeitige und präzise Geltendmachung von Mängeln schützt den Käufer vor nachteiligen rechtlichen Konsequenzen und ermöglicht eine Lösung der Mängelproblematik.
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