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Gemischte Schenkung: Bis zu 75 Prozent unentgeltlich verschenkbar

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Gemischte Schenkung: Bis zu 75 Prozent unentgeltlich verschenkbar
k.A©Elke Mayr
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Wenn mit Krediten belastete Immobilien verschenkt werden oder bei Schenkungen andere Gegenleistungen ausbedungen werden, ist zu prüfen, ob die Schenkung wegen der Einkommensteuer unentgeltlich oder entgeltlich ist. Die bisherige Grenze für die Einkommensteuer von 50 Prozent wurde auf 75 Prozent erhöht, vor allem gegenüber Verwandten gilt das laut Gesetz als nachvollziehbar. TPA Steuerberater Gerald Kerbl erklärt die Neuerungen.

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Was ist eine gemischte Schenkung?

Eine gemischte Schenkung ist eine Schenkung mit einer Gegenleistung, weshalb sie unter gewissen Umständen vor allem der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) unterliegen kann. Da die gemischte Schenkung im Ertragsteuerrecht, anders als beispielsweise in der Grunderwerbsteuer, nicht in einen unentgeltlichen, teilentgeltlichen und entgeltlichen Teil aufgespaltet wird, sondern dem im Vordergrund stehendem Element zugeordnet wird, ist die Höhe der Gegenleistung bei der Beurteilung wesentlich.

Steuerliche Abgrenzung Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei gemischten Schenkung

Früher wurde vom Finanzministerium die Meinung vertreten, dass bei der Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei der gemischten Schenkung laut EStG die 50%-Grenze maßgeblich ist. "Somit wurde bisher davon ausgegangen, dass einkommensteuerlich der Schenkungscharakter überwiegt und eine unentgeltliche gemischte Schenkung vorliegt, wenn die Gegenleistung 50 Prozent des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht erreicht", erläutert TPA Steuerberater Gerald Kerbl.

VwGH-Entscheid: 50-Prozent-Grenze des EStG aufgehoben

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat sich im Jahr 2021 mit der gemischten Schenkung und der Anwendbarkeit des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf gemischte Schenkungen befasst und richtungsweisend zur 50%-Grenze Stellung bezogen. Der VwGH hat klargestellt, dass die Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei der gemischten Schenkung ausschließlich nach der in der Rechtsprechung der Vergangenheit entwickelten Grundsätzen und nicht anhand des EStG zu erfolgen hat.

Schenkungsabsicht und Bereicherungswille vor allem gegenüber Verwandten gegeben

Es kommt bei einer gemischten Schenkung laut VwGH vielmehr auf die Schenkungsabsicht, also den Bereicherungswillen an und damit auf den Hauptzweck des Geschäfts.

Exkurs Bereicherungswille: Ein solcher liegt vor, wenn die Zuwendenden, den einseitigen Willen haben, den Bedachten unentgeltlich etwas zuzuwenden. Für das Vorliegen des Bereicherungswillens muss der Wille zu bereichern, vorhanden sein. Der Bereicherungswille gilt im Besonderen bei Zuwendungen an einen Angehörigen und wird von den Behörden als gerechtfertigt anerkannt, weil Familienbande einen solchen nahelegen. Ein Bereicherungswille gegenüber Fremden ist üblicherweise ungewöhnlich, da hier kein Anlass besteht.

Gegenleistungen nicht mehr als 25 Prozent

Bei nahen Angehörigen wird daher im Zweifel eine Schenkungsabsicht vermutet, auch wenn Leistung und Gegenleistung im krassen Missverhältnis stehen. Weicht der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25 Prozent vom Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes ab und liegen keine besonderen Umstände vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist meist von einem entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen.

Einkommensteuer: 75-Prozent-Grenze für Unentgeltlichkeit bei gemischten Schenkungen

Ende März 2023 wurde der Wartungserlass der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) veröffentlicht, in dem das Erkenntnis des VwGH vom 16. November 2021 verarbeitet wurde. Darin wurde eine 75-Prozent-Grenze bei gemischten Schenkungen festgeschrieben. Es sind für die Einkommensteuer jedoch Übertragungen vor und nach dem 16. November 2021 zu unterscheiden.

Übertragungen vor dem 16. November 2021: Wenn bis zu 75 Prozent unentgeltlich

Für Übertragungen mit einer Gegenleistung zwischen 50 Prozent und 75 Prozent des gemeinen Wertes, bei denen gegenüber der Abgabenbehörde keine Unentgeltlichkeit behauptet wurde, kommt aufgrund der offenkundigen Willenserklärung, ein entgeltliches Rechtsgeschäft abschließen zu wollen, eine spätere „Umqualifikation“ auf eine unentgeltliche Übertragung nicht in Betracht.

War hingegen eine unentgeltliche Übertragung gewollt, die vom Finanzamt unter Berufung auf die 50%-Grenze nicht anerkannt wurde, ist eine Abänderung/Aufhebung der Bescheide gemäß § 299 BAO oder im Fall einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO möglich.

Für Übertragungen nach dem 15.11.2021 gilt folgende Einkommenssteuer

  • Beträgt die Gegenleistung zumindest 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, ist davon auszugehen, dass eine (entgeltliche) Veräußerung vorliegt.

  • Beträgt die Gegenleistung höchstens 25% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, liegt eine unentgeltliche Übertragung vor.

  • Beträgt die Gegenleistung mehr als 25% aber weniger als 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, ist unter Angehörigen grundsätzlich von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen.

Ertragsteuerrecht: Korridor zwischen 25 und 75 Prozent

Im Gegensatz zur Grunderwerbsteuer, in der die Grenze zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei 70% und 30% liegt, sieht das Ertragsteuerrecht einen Korridor von 75% bis 25% vor.
TPA Steuerberater Kerbl: "Die 75%-Grenze ist auch für Erbteilungen und Erbstreitigkeiten anwendbar, wobei die obigen Regelungen für die Ausgleichszahlungen aus Mitteln gelten, die nicht aus dem Nachlass stammen."

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