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Quantitative Easing: Das EZB-Programm zur Förderung des Wirtschaftswachstums und Stabilisierung der Inflation

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Quantitative Easing: Die EZB hat viele Billionen Euro in den Ankauf von Vermögenswerten gesteckt.
Quantitative Easing: Die EZB hat viele Billionen Euro in den Ankauf von Vermögenswerten gesteckt.©Getty Images/iStockphoto
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Ankäufe von Vermögenswerten, auch Quantitative Easing (QE) oder quantitative Lockerung genannt, sind eines der Instrumente, das die Europäische Zentralbank EZB einsetzt, um das Wirtschaftswachstum im Euroraum zu fördern und die Inflation auf unseren Zielwert von 2 % zu bringen. Wie das Programm funktioniert.

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Was versteht man unter Quantitative Easing?

Als Quantitative Easing (QE) oder Quantitative Lockerung wird eine finanz- oder geldpolitische Maßnahme einer Zentralbank bezeichnet, bei der eine Zentralbank zur Belebung der Wirtschaft und Stimulierung der Inflation in großem Stil zumeist langfristige Anleihen kauft.

Der Fokus liegt dabei auf öffentliche Wertpapiere wie Staatsanleihen sowie Anleihen von Geschäftsbanken oder strategisch relevanten großen Unternehmen, forderungsunterlegte Wertpapiere (Asset-Backed Securities – ABS) und gedeckte Schuldverschreibungen.

Was passiert durch Quantitative Easing?

Durch Anleihenkaufprogramme fließt zusätzliches Geld von der Zentralbank in die Märkte. Das bedeutet, dass die verfügbare Geldmenge erhöht wird. Man spricht daher auch von einer "expansiven Geldpolitik".

Der Grundgedanke dahinter ist, dass durch eine Steigerung der Geldmenge, die Senkung der langfristigen Zinsen am Anleihemarkt und der Bereitstellung zusätzlicher Liquidität im Bankensystem, die Inflation an das von der Zentralbank ausgegebene Ziel herangeführt wird. Die Europäische Zentralbank EZB hat für die Eurozone eine Inflation von 2 % als ideale Zielmarke definiert.

Warum war die Quantitative Lockerung nötig?

Zu Normalzeiten können Zentralbanken die allgemeinen Finanzierungsbedingungen und somit in der Folge auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Inflation über die Leitzinsen steuern. Eine Erhöhung der Leitzinsen bewirkt, dass Geld aus dem Markt kommt und die Inflation sinkt. Eine Senkung der Leitzinsen bewirkt das Gegenteil. Als Folge der globalen Finanzkrise hatten die EZB und die Fed ihr zinspolitisches Pouvoir allerdings bereits verschossen und die Leitzinsen Richtung Null gesenkt, sodass eine weitere Reduktion kaum mehr möglich gewesen wäre oder nur noch einen geringen Effekt gehabt hätte.

Da die Inflation dennoch unter dem Zielwert von 2 % blieb, den der EZB-Rat als Preisstabilität definiert hatte, wurde das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten gestartet. Im Dezember 2018 endete der Nettoerwerb im Rahmen dieses Programms. Das Programm lief aber weiter, da Tilgungsbeträge der erworbenen Vermögenswerte bei Fälligkeit vollumfänglich wieder angelegt werden.

Das Quantitative Easing Programm der EZB

Wie funktioniert das QE-Programm zum Ankauf von Vermögenswerten?

Im Rahmen des Programms erwarb die EZB monatlich Vermögenswerte im Umfang von 15 bis 80 Milliarden Euro. Institutionen, Mit diesen Ankäufen von Vermögenswerten beeinflusst die EZB die allgemeinen Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und private Haushalte im Euroraum und damit letztendlich das Wirtschaftswachstum und die Inflation. Das geschieht im Wesentlichen über drei Kanäle:

1. Direkte Weitergabe

Wenn die EZB Vermögenswerte des privaten Sektors ankauft, die an Darlehen von Banken an private Haushalte und Unternehmen der Realwirtschaft gebunden sind, treibt die erhöhte Nachfrage den Preis dieser Werte nach oben. Dazu gehören etwa forderungsbesicherte Wertpapiere (englisch asset-backed security, ABS) und gedeckte Schuldverschreibungen.

Für Banken stellt das einen Anreiz dar, mehr Kredite zu vergeben, auf deren Grundlage sie dann weitere ABS oder gedeckte Schuldverschreibungen ausgeben können. Durch das erhöhte Kreditangebot sinken tendenziell die Kreditzinsen für Unternehmen und private Haushalte, sodass sich die allgemeinen Finanzierungsbedingungen verbessern.

2. Portfolioanpassungen

Die EZB erwirbt Vermögenswerte des privaten und des öffentlichen Sektors von Anlegern wie Pensionsfonds, Banken und privaten Haushalten. Diese Anleger können die aus dem Verkauf an die EZB erhaltenen Mittel in andere Vermögenswerte investieren. Das erhöht allgemein die Nachfrage nach Vermögenswerten, drückt die Preise nach oben und die Renditen nach unten.

Dadurch sinken die Kosten (der effektive Marktzins) für Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren wollen. Gleichzeitig schaffen sinkende Wertpapierrenditen Anreize für Banken, Kredite an Unternehmen und private Haushalte zu vergeben. Durch das gestiegene Angebot von Bankkrediten an die Realwirtschaft werden die Kredite für private Haushalte und Unternehmen tendenziell günstiger. Verwenden Anleger die zusätzlichen Mittel hingegen, um Vermögenswerte mit höherer Rendite außerhalb des Euroraums zu erwerben, kann das auch zu einem schwächeren Euro-Wechselkurs führen, was tendenziell Aufwärtsdruck auf die Inflation ausübt.

3. Signalwirkung

Der Ankauf von Vermögenswerten sendet auch ein Signal an die Märkte, dass die Zentralbank die Leitzinsen über einen längeren Zeitraum hinweg auf einem niedrigen Niveau belassen wird. Diese Signalwirkung dämpft die Volatilität und die Ungewissheit in Bezug auf künftige Zinsentwicklungen. Das ist wichtig, da sich verschiedene Anlageentscheidungen daran orientieren. Die Zinssätze für langfristige Kredite beispielsweise bleiben auf einem niedrigen Niveau, wenn die Banken von einem längeren Zeitraum niedriger Zinsen ausgehen.

Kritik am Quantitative Easing Programm

Mit der Fortdauer des Quantitative Easing Programms mehrte sich auch die Kritik daran, zumal sich der erhoffte Effekt über viele Jahre nicht einstellte. Die Wirtschaft kam zwar wieder in Schwung, über den Euroraum gesehen blieb die Inflation jedoch hartnäckig und anhaltend hinter dem Sollziel von 2 Prozent zurück.

Der Kernpunkt des Konzepts der quantitativen Lockerung wurde bereits 1912 vom Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises im Buch "Theorie des Geldes und der Umlaufmittel" kritisiert. Das seinerzeit bahnbrechendes Werk zur Geld- und Konjunkturpolitik hat in vielen Punkten heute noch Gültigkeit. Mises schrieb darin:

"Das wiederkehrende Auftreten von Boom-Perioden mit nachfolgenden Depressionsperioden ist das unvermeidliche Ergebnis der ständig wiederholten Versuche, den Marktzins durch Kreditexpansion zu senken. Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion – oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.“

Weitere wichtige Kritikpunkte daran sind:

  • Reformbremse. Staaten haben bei einem laufenden QE-Programm praktisch die Garantie, dass sie für aufgelegte Anleihen Abnehmer finden. Das zuletzt auch dann, wenn diese Anleihen mit Negativzinsen ausgegeben werden, also ein Verlustgeschäft für den Käufer sind. Staaten würden daher ihre Reformanstrengungen zurückstellen, was einer nachhaltige Verbesserung der Situation entgegenläuft.

  • Instabilitätsrisiko für Zentralbanken. Durch den Kauf von Anleihen gehen Zentralbanken ins Risiko, weil sie von Zahlungsausfällen oder Pleiten von Emittenten betroffen werden. Schulden würden derart vergemeinschaftet, die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken unterminiert.

  • Preisdruck auf Immoblien. Steigende Immobilienpreise, respektive Wohnkosten, werden ebenfalls zumindest teilweise auf das Quantitative Easing Programm zurückgeführt.

  • Fehlende Klima-Komponente. Im Anleihenkaufprogramm der EZB und der US-Fed waren keine klimaschutzrelevanten Kriterien für die Investments der Zentralbanken festgehalten.

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