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Peršmanhof-Polizeieinsatz war bereits Tage zuvor geplant

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++ ARCHIVBILD ++ Die Polizei war am Sonntag zu der Gedenkstätte angerückt
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Der umstrittene Polizeieinsatz bei einem antifaschistischen Camp am Kärntner Peršmanhof dürfte bereits mehrere Tage zuvor vorbereitet worden sein. Planungen hätte es bereits am Freitag gegeben, berichtete die "Kleine Zeitung" am Mittwoch, die Polizei bestätigte auf APA-Anfrage Vorbereitungen. Für Mittwochnachmittag war ein Gespräch mit den Beteiligten und Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) geplant, um 15.00 Uhr soll es ein Pressestatement geben.

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Der vierstündige Einsatz am Peršmanhof hatte am Sonntag für Wirbel gesorgt. Drei Polizeistreifen, Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sowie der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt waren zu dem abgelegenen Hof, der eine Gedenkstätte beherbergt, angerückt. Grund dürften Anzeigen oder anonyme Hinweise gewesen sein, unter anderem wohl wegen unrechtmäßig aufgestellter Zelte während des Camps. Die Situation an Ort und Stelle schaukelte sich rund um verweigerte Identitätsfeststellungen hoch, weshalb drei Beamte der Schnellen Interventionsgruppe (SIG), eine Diensthundeführerin und ein Polizeihubschrauber nachgefordert wurden. 62 Verwaltungsübertretungen und zwei Widerstände gegen die Staatsgewalt wurden angezeigt, 32 Identitätsfeststellungen und zwei Personendurchsuchungen durchgeführt.

Die Polizei wurde für den Einsatz scharf kritisiert, insbesondere seitens der Kärntner Slowenen. Nicht nur sei der Einsatz wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Naturschutzgesetz überzogen gewesen, sondern auch angesichts des geschichtsträchtigen Ortes unangemessen. Am Peršmanhof hatten vor fast genau 80 Jahren, am 25. April 1945, Teile einer Spezialeinheit des I. Bataillons des SS-Polizeiregiments 13 ein Massaker an elf Zivilisten verübt. Das Innenministerium hat eine umfassende Aufarbeitung des Polizeieinsatzes vom Sonntag angekündigt, was auch von zahlreichen Seiten - sowohl aus der Politik als auch von Gedenkvereinen - gefordert wurde.

Landeshauptmann Kaiser rief dazu auf, zur "Dialogfähigkeit" zurückzukehren. Ein erster Schritt soll ein Runder Tisch am Mittwochnachmittag sein, an dem sowohl Verantwortliche des Peršmanhofs als auch der Bezirkshauptmannschaft und der Polizei teilnehmen.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sagte am Mittwoch bei einem Medientermin in Klagenfurt auf Nachfrage, dass ein Polizeieinsatz an einer Gedenkstätte immer einer besonderen Sensibilität bedürfe: "Es ist gut, dass die Vorgänge untersucht werden und dass diese Untersuchung transparent durchgeführt wird." Ob der Einsatz überzogen war, wollte er vorerst nicht kommentieren: "Ich habe mir zur Übung gemacht, dass ich erst Ergebnisse bewerte, deshalb will ich die Untersuchung abwarten." Was die diplomatische Ebene angeht, so werde man tun, was zu tun ist: "Wir haben ein gutes Verhältnis mit Slowenien, ich gehe davon aus, dass das auch so bleiben wird", so Stocker.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte, dass die Vorkommnisse rasch aufgeklärt werden müssen. Er habe am Mittwoch mit der slowenischen Präsidentin Nataša Pirc Musar, Landeshauptmann Kaiser und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) darüber gesprochen, schrieb er auf X: "Wir stimmen überein, dass an einem so sensiblen Ort wie dieser Gedenkstätte besonderes Augenmaß und größtmögliche Sensibilität erforderlich sind - und zwar von allen Beteiligten, insbesondere der Sicherheitsbehörden."

Für die Grünen verstrickt sich die Polizei in der Angelegenheit in Widersprüche. "Wenn der inakzeptable Polizeieinsatz am Peršmanhof bereits länger vorab geplant war, dann wird immer klarer, dass angebliche Verstöße gegen das Kärntner Naturschutzgesetz ein reiner Vorwand waren, um gegen das Gedenkcamp vorzugehen", sagte deren gedenkpolitischer Sprecher Lukas Hammer. "Oder wussten die Behörden schon vorher, dass die Zelte möglicherweise falsch aufgestellt werden, bevor das Zeltlager überhaupt errichtet wurde?" Volksgruppensprecherin Olga Voglauer verlangt eine Entschuldigung von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) als oberstem Behördenvertreter für den Einsatz mit Beteiligung der Bezirkshauptmannschaft.

Der Klagenfurter Rechtsanwalt Rudolf Vouk, der während des Einsatzes für die Teilnehmer und Veranstalter hinzugezogen wurde, ortet einen Fall von Amtsmissbrauch und hat eine Anzeige vorbereitet. Er sagt, die Polizei sei darauf aus gewesen zu eskalieren und einen Konflikt zu provozieren. Der Einsatzleiter habe betont, dass sich unter dem "Deckmantel" der Antifa Extremisten verbergen würden, so Vouk gegenüber der APA. Er kritisiert auch den Vermittlungsversuch des Landeshauptmanns, weil die Betroffenen des Antifa-Camps nicht eingeladen worden seien.

Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ist in der Causa Peršmanhof noch kein Ermittlungsverfahren anhängig. Wie ein Behördensprecher auf APA-Anfrage mitteilte, wurde während des Einsatzes der Journaldienst kontaktiert. Die Polizei fragte an, ob wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt Haft angeordnet werde, was die Staatsanwaltschaft verneinte.

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