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Fitch hatte Österreichs langfristiges Rating im Juni von "AA+" auf "AA" herabgestuft, Ausblick stabil. Dass dies mit dem sich damals schon abzeichnenden Defizitverfahren der EU zusammenhängt, glaubt Marterbauer nicht. Die Ratingagenturen schauten sich die gesamtwirtschaftliche und die Budgetentwicklung soundso im Detail an: "Die brauchen niemanden, der sie darauf hinweist." So habe auch der Beschluss des Defizitverfahrens "überhaupt keine Effekte auf den Finanzmärkten" gehabt. Marterbauer nimmt aber an, dass angesichts stark steigender Staatsschulden Fitch nicht die einzige Agentur bleiben wird, die Österreich downgraded.
Das Defizitverfahren an sich nimmt der Finanzminister weiter überaus gelassen: "Es gibt in dem Sinn für den Abbau des Defizits überhaupt keine Empfehlungen, keine Ratschläge." Es handle sich dabei eher um ein "Informationsaustauschinstrument": "Wir hätten das gleiche gemacht mit oder ohne Defizitverfahren."
Dass das für heuer anvisierte Defizit von 4,5 Prozent des BIP hält, ist für Marterbauer "realistisch", wenngleich der Vollzug letztlich auch stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängen wird. Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten sogar ein besseres Ergebnis, vor allem das Wifo mit 4,1 Prozent. Der Finanzminister sieht hier eine zu optimistische Annahme. Das Wifo habe noch im März für 2025 eine Prognose von 3,3 Prozent gehabt: "Ich habe mich damals schon sehr gewundert." Denn diese sei "weit weg von Realität" gewesen.
Hoffnungsfroh ist der Minister, dass das große deutsche Investitionspaket Österreichs Wirtschaft nach oben ziehen wird, was auch dem Budget helfen würde: "Das deutsche Paket wird uns sehr helfen und ich glaube, dass der Impuls schon heuer beginnt und nächstes Jahr stärker wird." Was Berlin mache, sei "gute Politik", profitiere davon doch das eigene Land und zusätzlich Europa. National sind für den Finanzminister große Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung derzeit nicht möglich. Im Sparpaket werde zwar relativ viel investiert, "darüber hinaus haben wir aber wenig Spielraum, weil wir sparen müssen."
"Durchaus optimistisch" ist Marterbauer, was die Binnennachfrage angeht: "Ich habe schon den Eindruck, dass sich die Konsumnachfrage stabilisiert." Die Sparquote gehe bereits zurück. Das große Problem sei auch in diesem Zusammenhang, dass die Arbeitslosigkeit weiter zu hoch sei.
Rund 270 Millionen will Marterbauer unter dem Titel der Betrugsbekämpfung im kommenden Jahr hereinholen. Aktuell tagt noch eine Taskforce, um die konkreten Maßnahmen auszuarbeiten. Der Finanzminister geht davon aus, dass man hier auf zwei Ebenen agieren wird. Erstens werde es gesetzliche Maßnahmen brauchen. Dabei gehe es etwa um den in ganz Europa grassierenden "Karussellbetrug" bei der Umsatzsteuer, wo Österreich seinen Beitrag leisten wolle. Andererseits werde es auch mehr Kontrollen brauchen, wobei durchaus Personal in diese Richtung umgeschichtet werden könnte. Bei ganz vielen Unternehmen sei in den vergangenen Jahren gar nicht geprüft worden. Hier müsse man ein Signal setzen.
Ebenfalls noch im Verhandlungsprozess ist man beim Stabilitätspakt, der regelt, inwieweit sich die Gebietskörperschaften verschulden dürfen. Marterbauer glaubt, dass die "Grundbotschaft", dass alle sparen müssen, überall angekommen sei: "Die Schwierigkeit, die wir haben, ist, dass die Ausgangsposition sehr schlecht ist." Deshalb wolle sich niemand auf etwas festnageln lassen, weil er dafür quasi haftbar sei. Klar ist für den Minister, dass bei diesem Prozess nur die Zahlen festgelegt werden sollen und nicht Maßnahmen rundherum.
Der Gemeindebund hatte zuletzt darauf gedrängt, im Zusammenhang mit dem Stabilitätspakt auch Maßnahmen wie eine Ambulanzgebühr oder eine höhere Grundsteuer anzugehen. Bei letzterem Punkt signalisiert Marterbauer Beweglichkeit. Er habe "mit Interesse" den entsprechenden Vorstoß der Gemeinden registriert: "Wenn Gemeinden und Städte mit einem gemeinsamen Modell kommen, ist auf jeden Fall die Bereitschaft bei uns, das zu prüfen und schauen, wie man damit umgeht."
Ein kleines Geplänkel zwischen Wirtschaft und Finanzminister gab es zuletzt, was Arbeiten im Alter angeht. Marterbauer schlug ein Bonus/Malus-System vor, über das mehr Ältere beschäftigt werden könnten. Darauf bestehen will er nicht. Dies sei keine Forderung sondern ein Vorschlag gewesen. Daher will der Minister diesen Vorstoß auch nicht mit der Flat-Tax junktimieren, über die Arbeiten im Pensionsalter künftig steuerlich begünstigt werden soll: "Das ist eine Offensivmaßnahme, die sich ein Regierungspartner gewünscht hat und daher werden wir sie auch umsetzen." Freilich werde man dabei "peinlichst" auch auf die Kosten und die Verteilungswirkung schauen müssen.
Bereits vom Nationalrat beschlossen ist die Teilpension. Ausständig ist hierbei noch eine entsprechende Regelung für beamtete Dienstverhältnisse. Die Gewerkschaft hat bereits entsprechende Forderungen erhoben. Gesprächsbereit ist Marterbauer, versprochen wird aber nichts: "Darüber haben wir noch gar nicht geredet, aber es darf klarerweise nicht mehr kosten."