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"Bist du deppert", begann Fellner, der als Erster auf die Bühne trat und dabei sogar Standing Ovations erntete. Er habe sich so eine Reaktion nie erwartet. Der Landesrat, der nicht vom Pult aus sprach, sondern mit einem Handmikrophon, startete mit einem Verweis auf die Teuerung: "Das sind die Sorgen der Leute. Ich denke, dass wir wieder zuhören müssen. Ehrlich und aufmerksam. Denn wenn wir gescheit sind, lernen wir wieder etwas daraus. Es hat ja einen Grund, warum wir zwei Ohren haben und nur einen Mund."
Es brauche die Sozialdemokratie, "weil wir immer für Gerechtigkeit gekämpft haben". Über ungerechte Regelungen könne er sich folglich maßlos aufregen - im System würde er sich einige Änderungen wünschen, etwa was Besteuerungen angeht. In weiterer Folge arbeitete er sich am Österreich-Aufschlag im Supermarkt oder Strom-Netzgebühren ab: "Da will ich den Druck erhöhen, wenn ihr mir das Mandat gebt. Ich fordere einheitliche Netzgebühren für ganz Österreich." Beim geplanten Netzausbau in Kärnten werde etwas herausspringen müssen, "aber nicht für die Börse, sondern fürs Börserl".
Wenn man am Monatsende überlegen muss, ob man noch Geld abheben kann oder mit Freunden auf ein Bier oder ein Schnitzel "dann läuft etwas falsch in diesem Land". Eine Erhöhung der Beitragsjahre für die Pension nannte Fellner, der etwas Zeit brauchte um sich auf der Bühne warmzulaufen, einen "einseitigen Vertragsbruch". Mit harten Bandagen ging er schließlich die Vorgängerregierung an: Diese habe das Thema Teuerung "verkackt" und lediglich eine "Aspirin-Therapie" verschrieben, ohne auf die eigentlichen Ursachen einzugehen.
In weiterer Folge streifte Fellner die Themen leichterer Zugang zum Medizinstudium und bessere Rahmenbedingungen für Arbeit und Wirtschaft, Grund und Boden sollten rechtzeitig für leistbares Wohnen bereitgestellt werden. "Und ihr seid jetzt nicht auf der falschen Parteiveranstaltung: Ich will schnellere Verfahren. Kärnten soll das Bundesland mit den schnellsten Behördenverfahren werden." Die Partnerschaft von Wirtschaft und Arbeitnehmern gehöre gestärkt. Die SPÖ sei die Partei der Arbeit.
"Wir waren in der Vergangenheit zu oft die Partei mit dem erhobenen Zeigefinger", übte Fellner Selbstkritik: "Zuhören und ernst nehmen", leitete er zum Thema Asyl über. "Man sagt, die Sozialdemokratie duckt sich bei dem Thema immer weg. Ich aber sicher nicht. Ich bin der Meinung, dass wir da sein müssen für Menschen, die Angst um ihr Leben haben. Doch man muss sich an die Regeln halten." So wie bei ihm zuhause: "Wenn sich jemand nicht an die Regeln hält oder respektlos ist, dann zeige ich ihm die Tür." Das dürfe "kein Wunsch sein, sondern die Pflicht", sagte Fellner unter Applaus. Und: "Wenn wir da auch nur einen Millimeter nachgeben, dann wird das, was unsere starke Frauenbewegung erreicht hat, zunichte gemacht."
"Wir müssen in jede Gemeinde gehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, sondern bewaffnet mit einem Stift. Dann werden wir zuhören und aufschreiben", gab Fellner das Programm für die nächste Zeit vor. Zum Schluss seiner halbstündigen Rede beschwor Fellner noch das "Wir": "Nicht ich, sondern wir, nicht irgendwann, sondern jetzt."
Wolfgang Rami, ein bisher auch in der Kärntner SPÖ völlig unbekannter Pensionist, begann seine Rede mit einem ganzen Strauß an sprachlichen Bildern: "Begier ist blind und Wünsche trüb. Jeder hat zu wenig, jeder will mehr. Es gibt keine Bäume, die in den Himmel wachsen, irgendwann ist Ende der Fahnenstange." Es folgte das Bild einer Sanduhr mit "Multis ganz unten und der Mittelschicht ganz oben". Und: "Man sollte nicht mit einem großen Vorsatz beginnen, sondern mit einer kleinen Tat", so der sichtlich nervöse Kandidat, der zwischendurch immer wieder aufmunternden Applaus erntete.
Es gebe nur mehr wenige Familienbetriebe, sonst nur mehr Konzerne, so Rami weiter: "Die Wirte sterben, die eigentlich den Sozialarbeiterstatus kriegen müssten. Da fand früher einmal die Kommunikation statt. Es gibt nur mehr Getränke- und Essensverkäufer." Höflichkeit sei wichtig und auch Bildung: "Vielleicht sind die Jungen dann so gebildet, dass sie den Rattenfängern nicht mehr auf den Leim gehen." Er sei mit einer Intention angetreten: "Ein Kandidat ist zu wenig für eine Demokratie." Insgesamt müsse man wieder stolz darauf sein können, ein Roter zu sein.
Kaiser hatte zuvor Bilanz über die jüngste Vergangenheit der SPÖ und des Bundeslandes Kärnten gezogen. So habe er 2010 den Parteivorsitz "nach immens viel Unruhe" übernommen: "Die Partei hat sich selbst unnötig geschwächt, wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftigt, während Kärnten von einer populistischen Showpolitik auf Kosten der Steuerzahler geprägt war." Kärnten sei auch international isoliert gewesen.
Schließlich war die SPÖ mit 37 Prozent im Jahr 2013 wieder zur stärksten Kraft und Kaiser Landeshauptmann geworden. Sein Credo als Landeschef: "Dass Politik für alle Menschen da zu sein hat - ein Vermächtnis, dem ich immer versucht habe, gerecht zu werden." Auch bange Momente in der jüngeren Geschichte ließ Kaiser nicht aus, er sprach etwa den HCB-Skandal im Görtschitztal oder die Milliardenhaftungen für die Hypo an, was Kärnten in den Ruin hätte treiben können. Weitere Krisen, wie die Flüchtlingsbewegung 2015, die Coronapandemie, Unwetter mit Naturkatastrophen und zuletzt der Terroranschlag in Villach "waren immense Herausforderungen, die uns an unsere Grenzen gebracht haben. Aber nie habe ich daran gezweifelt, dass wir es schaffen können, wenn wir zusammenstehen."
Schließlich widmete sich Kaiser auch seinem potenziellen Nachfolger. Daniel Fellner habe bewiesen, dass er bereit sei, Verantwortung zu übernehmen: "Daniel, ich bin stolz auf dich. Du bist die richtige Wahl, heute und 2028", wagte Kaiser einen Blick auf den regulären Termin für die nächste Landtagswahl. "Ich werde weiterhin für soziale Gerechtigkeit kämpfen und für ein starkes Kärnten", schloss Kaiser seine Rede, "für eine SPÖ, die immer den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Für meine Familie, die sozialdemokratische Partei. Es war mir immer eine Ehre, mit euch diesen Weg gemeinsam zu gehen."
Kaisers Abgang als Parteivorsitzender ist der erste Schritt zu einer Umgestaltung auch der Kärntner Landesregierung. Wann er sein Amt als Landeshauptmann abgibt, steht aber vorerst nicht fest - das sei Sache des neuen Parteivorsitzenden, hatte Kaiser erklärt. Zuletzt wurde mit einem Termin im Frühjahr 2026 spekuliert.
Landesparteivorsitzender und Landeshauptmann Peter Kaiser (l.,SPÖ) und Landesrat Daniel Fellner (r.,SPÖ) im Rahmen des Ordentlichen Parteitages der SPÖ Kärnten mit der Neuwahl des Parteivorsitzenden und Entscheidung über die Nachfolge von Peter Kaiser am 20. September 2025 im Congress Center Villach.