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Unternehmer:innen, die sympathischen Regelbrecher

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Unternehmer:innen, die sympathischen Regelbrecher
Vorschriften zu missachten und Regeln zu umgehen ist für Unternehmer:innen mitunter erfolgskritisch©Getty Images/iStockphoto
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Unternehmerisches Handeln erfordert mitunter, Regeln zu brechen und sich über Konventionen hinwegzusetzen. An der WU Wien wurde untersucht, ob Entrepreneure dabei andere Limits sehen als Nicht-Entrepreneure.

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Um als Entrepreneur innovativ und erfolgreich zu sein, muss man gegen den Strom schwimmen. Denn eine Innovation ist definitionsgemäß etwas Neues – und das bedeutet zwangsläufig, dass man die Welt, wie sie ist, hinterfragen und den Mut haben muss, bestehende Regeln, Muster und Konventionen zu brechen.

Im Rahmen einer am Institut für Entrepreneurship & Innovation durchgeführten Studie wurde versucht herauszufinden, ob es hinsichtlich der Bereitschaft, gegen Vorschriften und Tabus zu verstoßen Unterschiede zwischen Unternehmer:innen und Nicht-Unternehmer:innen gibt.

Die Versuchsanordnung

Konkreter untersuchte Donatella Rubelj für ihre Abschlussarbeit, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung zu Regelverletzungen und einer unternehmerischen Persönlichkeitsprädisposition eines Menschen gibt.

insgesamt wurden dafür 89 angehende Entrepreneure und 70 Nicht-Entrepreneure im gleichen Alter und Bildungsgrad sowie der gleichen Geschlechterverteilung befragt. Dabei kam das von den Verhaltensforschern Brauer & Chaurand im Jahr 2009 entwickelte Messinstrument zum "unzivilen Verhalten" zum Einsatz.

Den Versuchsteilnehmern wurden insgesamt 21 alltägliche Regelverletzungen vorgelegt.

Ihre Aufgabe war es, diese nach dem von ihnen subjektiv wahrgenommenen Grad der Normverletzung zu beurteilen. Sie sollten sich vorstellen, sie würden einen ganz normalen jungen Mann beobachten, wie er diese jeweiligen Verhaltensweisen zeigen würde. Wie schlimm würden sie den Regelverstoß finden? Die Skala reichte von 1 = kein Problem bis 10 = sehr schlimm.

Untersuchung alltäglicher Regelverstöße

1. Kleinere strafrechtliche Verstöße

Betrachtet man zunächst die Gruppe der kleineren strafrechtlichen Vergehen, so zeigt sich, dass Entrepreneure diese signifikant insgesamt weniger dramatisch finden als Nicht-Entrepreneure.

  • Durchaus noch entschuldbar finden es Entrepreneure beispielsweise, wenn jemand Zierblumen in einem botanischen Garten pflückt (Mittelwert = 5,1) – das möglicherweise romantische Ziel des Übeltäters scheint sie etwas zu besänftigen. Nicht-Entrepreneure verstehen in diesem Punkt signifikant weniger Spaß (Mittelwert = 6,3).

  • Auch unerlaubtes Parken auf dem Gehsteig erscheint Entrepreneuren eher als lässliche Sünde (Mittelwerte 5,2 vs. 6,0).

  • Wenn es um wirkliche Delikte geht, wie eine Zeitung im Geschäft „mitgehen“ zu lassen (Mittelwerte 7,2 vs. 7,5) gibt es jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen – das lehnen beide stark ab.

  • Taschendiebstahl kommt Entrepreneuren sogar etwas schlimmer vor als nicht-Entrepreneuren (8,3 vs. 8,1).

2. Kleinere zivilrechtliche Verstöße

Auch bei der Gruppe der kleineren zivilrechtlichen Vergehen gibt es insgesamt keinen signifikanten Unterschied.

Entrepreneure und Nicht-Entrepreneure sehen Regelverletzungen in diesem Bereich gleichermaßen besonders kritisch – eher kritischer sogar als kleine strafrechtliche Sünden. Gewisse Unterschiede zwischen den Gruppen zeigen sich dennoch auch hier.

So finden es Entrepreneure am schlimmsten, wenn eine Person in einem öffentlichen Gebäude raucht – die patzige Unhöflichkeit, die in diesem Verhalten liegt, scheint sie besonders zu stören. Nicht-Entrepreneure dagegen stoßen sich vor allem am glatten Regelbruch, der zum Ausdruck kommt, wenn eine Person sich weigert, einen reservierten Platz im Zug freizugeben.

3. Moralische Normen und Konventionen

Am erstaunlichsten ist jedoch, dass es auch im Bereich der moralisch begründeten Normen und Konventionen insgesamt keine signifikanten Unterschiede zwischen Entrepreneuren und Nicht-Entrepreneuren gibt.

Auf den Boden spucken, jemanden im Gedränge rempeln, das Motorrad laut aufheulen lassen, sich im Kino laut unterhalten, sich nicht bedanken, wenn jemand einem die Tür aufhält – das finden Entrepreneure beispielsweise ähnlich unangemessen wie ihr Gegenstück.

Entrepreneure finden es sogar schwach signifikant ungebührlicher, wenn jemand beim Aufschlagen der Zeitung in einem öffentlichen Verkehrsmittel das Gesicht seines Nachbarn erwischt (Mittelwert = 4,4, nicht-Entrepreneure haben einen niedrigeren Mittelwert von 4,0).

Auch wenn jemand in einer Bibliothek die Füße auf den Tisch legt, stören sich Entrepreneure (Mittelwert = 5,9) daran schwach signifikant mehr als Nicht-Entrepreneure (Mittelwert = 5,4).

Fazit: Entrepreneure, die sympathischen Schlitzohren

Insgesamt ergibt sich ein interessantes Bild: Die Entrepreneure wirken wie eher wie Schlitzohren, die es mit dem Übertreten von kleineren Vorschriften nicht immer genau nehmen. Bei aller Bereitschaft zum Regelbrechen scheinen ihnen Höflichkeit und persönlicher Respekt aber dennoch sehr wichtig zu sein – ein sympathischer Zug. Wer die Welt ändern will, kann dies schließlich auch auf nette Weise tun!

WU Executive Academy

Die WU Wien, eine der weltweit führenden Business-Hochschulen, bündelt in der WU Executive Academy ihr Programmportfolio im Bereich „Executive Education“. Zu diesen zählen MBA, Master of Laws und Professional Master Programme, das Universitätsstudium Diplom BetriebswirtIn, Universitätslehrgänge, kompakte Weiterbildungsprogramme und Custom Programs. KI ist an der WU Executive Academy bereits in vielen Lehrangeboten ein wichtiger Teil der Digitalökonomie, der auch konkret angewandt wird. Mit durchschnittlich 750 Graduate Students und ca. 900 Führungskräften, Fachleuten und High-Potentials aus über 75 Ländern, die jährlich an den Programmen teilnehmen, gehört die WU Executive Academy zu den führenden Weiterbildungsanbietern in Zentral- und Osteuropa.

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