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Malik on Management: 6 Regeln für Vertrauen im Team

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Malik on Management: 6 Regeln für Vertrauen im Team
k.A©Martin Barraud/Getty Images
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Vertrauen der Mitarbeiter in Führungskräfte ist die Basis für den Erfolg: Die sechs wichtigsten Regeln von Fredmund Malik, wie Sie ein Team bilden, das geschlossen hinter Ihnen steht und Erfolge möglich macht.

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Wir stehen im Managementzentrum St. Gallen immer wieder vor folgendem Rätsel: Wie ist es zu erklären, dass es Führungskräfte gibt, die - wenn man das Lehrbuch als Maßstab nimmt - alles "falsch" machen und trotzdem in ihren Abteilungen ein gutes, oft ausgezeichnetes Betriebsklima haben? Und wie ist es anderseits zu erklären, dass es Führungskräfte gibt, die - wieder gemäß Lehrbuch - alles "richtig" machen, alle Motivationstheorien kennen und ihr Führungsverhalten auch danach ausrichten und trotzdem ein schlechtes, oft miserables Betriebsklima in ihren Bereichen haben?

Wenn wir der Sache nachgegangen sind, kam als des Rätsels Lösung stets der Faktor Vertrauen ans Tageslicht.

Wenn und insoweit es einem Manager gelungen war, das Vertrauen seiner Mitarbeiter und Kollegen zu gewinnen und zu bewahren, dann war auch das Betriebsklima oder die Unternehmenskultur in Ordnung. Die Leute standen hinter ihrem Boss und wären für ihn durch dick und dünn gegangen. Wenn keine Vertrauensbasis vorhanden war, dann nutzten sämtliche Bemühungen um die Unternehmenskultur oder die Motivationslage gar nichts - sie wurden sogar nicht selten ins Gegenteil verkehrt; die Mitarbeiter empfanden das als unehrlich und häufig als eine besonders raffinierte Form von Zynismus.

Man kann daraus einen Führungsgrundsatz ableiten:

Worauf es in letzter Konsequenz ankommt, ist das gegenseitige Vertrauen.

Es ist das Vertrauen, das zählt. Und gerade nicht all die anderen, so oft beschriebenen und geforderten Dinge wie Motivation, Führungsstil usw. Das Merkwürdige ist, dass über Vertrauen in Organisationen fast nichts oder jedenfalls nur sehr wenig geforscht und geschrieben wurde - um ein vielfaches weniger als über all die anderen Aspekte der Unternehmenskultur, die in Wahrheit viel weniger bedeutsam sind. Es scheint, als hätten die Humanwissenschaften dieses Problem schlicht übersehen.

Leider ist, eben weil die Vertrauensproblematik weitgehend übersehen wurde, darüber noch nicht viel bekannt. Ich kann daher nur einige wenige Punkte behandeln. Zum Teil sind es Hinweise auf Fehler, die man vermeiden sollte, weil sie das Vertrauen nachhaltig zerstören. Schon damit ist viel gewonnen, denn den meisten Managern wird ja am Anfang von den Mitarbeitern durchaus ein gewisser Vertrauensvorschuss gegeben.

6 entscheidende Punkte um das Vertrauen im Team zu stärken

1. Niemals das "Verliererspiel" spielen

Es gibt Leute, die ein Leben lang nicht lernen, einen Fehler zuzugeben. Wenn sie zu Führungskräften gemacht werden, erhalten sie leider auch noch Macht und Mittel, ihre Fehler gegenüber ihren Mitarbeitern zu verschleiern und zu vertuschen oder sie jedenfalls mit geschickter Rhetorik zu überspielen und den Mitarbeitern in die Schuhe zu schieben. Aber natürlich merken das die Leute.

Nicht alle merken es sofort; aber wenn ein Manager das zur Methode macht, dann kommen mit der Zeit alle darauf, welches Spiel hier mit ihnen gespielt wird.

Die Menschen sind im allgemeinen schon bereit, Niederlagen wegzustecken. Wenn ihnen aber ein Spiel zugemutet wird, in dem sie nicht nur gelegentlich die Verlierer sind, sondern überhaupt und systematisch nicht mehr gewinnen können, dann akzeptieren sie das nicht.

Wenn sie immer und ohne Ausnahme die Dummen sind, weil ihr Chef ständig die Spielregeln zu seinem eigenen Vorteil verändert, dann sind die Folgen vorprogrammiert: Die guten Leute und jene, die Optionen haben, werden gehen; und die anderen, die dagegen nichts machen können, weil sie zum Beispiel aus Altersgründen keine Alternativen haben, reichen die innere Kündigung ein. Sie sind dann physisch noch da, aber sie arbeiten nur noch wegen des Geldes und nicht mehr wegen der Aufgabe. Man hat nur noch Zuschauer, aber keine Mitspieler mehr - und das Vertrauen ist irreparabel zerstört.

Daraus lassen sich einfache Regeln ableiten:

  • Fehler des Chefs "gehören" dem Chef. Er muss die Größe haben, sie zuzugeben, oder er muss das lernen. Er kann dann durchaus von seinen Leuten verlangen, dass sie ihm helfen, Fehler zu korrigieren; aber er kann nicht seine eigenen Fehler seinen Leuten in die Schuhe schieben - jedenfalls nicht, ohne die Vertrauensbasis zu unterminieren.

  • Fehler der Mitarbeiter "gehören" auch dem Chef - jedenfalls nach außen und nach oben. Er kann sie nicht ohne Vertrauensverlust im Regen stehen lassen. Ich betone: nach außen und nach oben - nicht nach innen. Wenn ein Mitarbeiter einen Fehler macht, dann muss man ihm das sagen, und er muss ihn korrigieren. Das kann durchaus mit Kritik und gelegentlich auch mit Sanktionen verbunden sein.

  • Erfolge der Mitarbeiter "gehören" den Mitarbeitern. Als Chef schmückt man sich nicht mit fremden Federn.

  • Erfolge des Chefs, falls er allein solche haben sollte, kann er für sich beanspruchen. Die guten Manager und vor allem die Leader sagen allerdings auch dann noch: "Wir haben es erreicht."

Dies alles mag ein bisschen idealistisch klingen, aber die guten Leute handeln nach diesen Regeln, weil ihnen das Vertrauen ihrer Leute wichtiger ist als ihr eigenes Image. Ich weiß natürlich, dass es viele Manager gibt, die das genaue Gegenteil tun und damit sogar in hohe Positionen gekommen sind. Sie mögen damit also vordergründig Karriere gemacht haben. Sie werden aber niemals das Vertrauen ihrer Umgebung haben, und auf lange Sicht richten sie katastrophalen Schaden an.

2. Hören Sie zu

Manager haben in der Regel nicht viel Zeit. Aber auch wenn sie nur zehn Minuten für ihre Mitarbeiter erübrigen können, so hören sie in diesen zehn Minuten aufmerksam und konzentriert zu. Sie zwingen sich dazu. Sie können durchaus den Mitarbeiter ermahnen, sich kurz zu fassen. Aber das, was er zu sagen hat, und das, was er insbesondere seinem Chef sagen will, können Sie nicht einfach ignorieren, ohne sein Vertrauen zu verlieren.

3. Seien Sie echt

Gute Führungskräfte verzichten darauf, ihren Mitarbeitern ein X für ein U vorzumachen. Sie versuchen nicht, eine Rolle zu spielen, die sie nämlich auf Dauer sowieso nicht durchhalten können, und sie achten daher auch nicht sonderlich auf ihren Führungsstil - sie sind echt, mit allen ihren Ecken und Kanten. Sie stehen nicht nur zu ihren Fehlern, sondern auch zu ihrer Persönlichkeit, was nicht heißt, dass man diese nicht entwickeln kann.

Ich halte daher auch nicht sehr viel von jener Literatur, in der die Rollen des Managers im Vordergrund stehen. Es ist mir zwar bewusst, dass es in der Soziologie den Fachbegriff der "Rolle" gibt, aber ich halte diesen Ausdruck im Management nicht für zweckmäßig. Rollen werden im Theater oder in Filmen von Schauspielern gespielt, und genau dieses Verständnis des Rollenbegriffs haben wir auch im Alltag, weil die meisten von uns keine Soziologen sind.

Meine Kollegen aus der Soziologie sagen mir gelegentlich: "Aber du spielst doch zu Hause auch die Rolle des Vaters." Meine Antwort darauf ist: "Genau das tue ich nicht. Ich erfülle die Aufgaben eines Vaters, so gut es nur geht. Und das ist etwas viel Ernsthafteres, als eine Rolle zu spielen." Führungskräfte haben Aufgaben zu erfüllen und nicht Rollen zu spielen.

4. Pfeifen Sie auf Führungsstil

Lesen Sie bitte auch dann weiter, wenn Sie diese Überschrift schockiert haben sollte. Ich habe dafür folgende Gründe: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Führungsstil und Ergebnissen, außer in sehr künstlichen Spiel- oder Experimentalsituationen. Wenn wir einmal ganz simpel zwischen einem autoritären und einem kooperativen Führungsstil einerseits und zwischen guten und schlechten Resultaten anderseits unterscheiden, so kann man folgendes beobachten:

  • Es gibt kooperative Führungskräfte, die hervorragende Resultate erzielen. Das ist großartig, und man kann jedem Unternehmen nur wünschen, möglichst viele solche Leute als Manager zu haben.

  • Aber es gibt eben auch Leute, die zwar phantastisch kooperativ sind, aber leider gar keine guten Ergebnisse erzielen. Das sind zwar nette, angenehme und vielleicht liebenswürdige Menschen, aber sie bleiben ohne Wirkung.

  • Und dann gibt es natürlich auch autoritäre Führungskräfte, die keine guten Resultate haben. Diese sind eine Katastrophe für jede Organisation, und man sollte sich von ihnen möglichst rasch trennen.

  • Aber ich habe eben auch Manager kennengelernt, die sehr direktiv und im landläufigen Sinne durchaus autoritär waren, aber sehr wohl hervorragende Resultate erzielten.

Fall 1 und Fall 3 sind klar. Leute der ersten Kategorie muss man auf Händen tragen, und von der dritten Kategorie muss man sich rasch befreien. Die Schwierigkeiten treten in den Fällen 2 und 4 auf. Hier hat man die Wahl, dem Führungsstil oder den Resultaten den Vorzug zu geben. Meine Entscheidung fällt zugunsten der Resultate aus, auch wenn dies mit einer unangenehmen und gelegentlich harten Entscheidung verbunden ist. Management ist der Beruf des Resultate-Erzielens - und Menschen, die Ergebnisse bewirken können, kommen leider nicht häufig genug vor.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Auch ich finde kooperative Menschen angenehmer und sympathischer als andere; und ich arbeite an sich lieber mit ersteren als mit letzteren zusammen. Aber im Management und in einer Organisation geht es nicht um die Frage, was wir als angenehm und sympathisch empfinden, sondern es geht um Wirksamkeit und um Richtigkeit.

Ich gebe natürlich gerne zu, dass man autoritär das Falsche machen kann. Aber man kann eben auch kooperativ das Falsche tun. Autoritär, aber richtig in den Resultaten ist besser als kooperativ, aber falsch.

5. Zeigen Sie Integrität

Dem werden wohl die meisten zustimmen können. Aber was meint man mit charakterlicher Integrität, was ist eine integre Persönlichkeit? Darüber kann man ganze Bücher schreiben, und sie wurden geschrieben. Vieles, was dazu gesagt wurde, ist furchtbar wolkig und dunkel - und sehr kompliziert. Wenn das ganze Philosophieren zu diesem Thema auf den harten Kern hin untersucht wird, kommt etwas sehr Einfaches zutage: Sie müssen meinen, was Sie sagen, und so handeln.

Konsistenz ist entscheidend und Prognostizierbarkeit. Die meisten Menschen verstehen unter Vertrauen ein allgemeines, etwas diffuses Gefühl oder Empfinden. Es mögen Gefühle mit Vertrauen verbunden sein; die Basis sind aber immer Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit.

Mitarbeiter müssen wissen, wie sie mit ihrem Chef und ihren Kollegen dran sind, und sich darauf verlassen können. Daher brauchen sie Spielregeln, die gelten, und auch ein Wort muss gelten.

Auch hier können Missverständnisse auftreten. "Meinen, was man sagt" bedeutet nicht, dass ein Manager alles sagen soll, was er meint. Das wäre naiv. Jede Führungskraft wird gelegentlich gute Gründe haben, über gewisse Dinge nicht zu reden, nicht jetzt und nicht hier. Wenn man aber etwas sagt, dann muss es eben auch so gemeint sein.

Und die Forderung lautet natürlich auch nicht, dass Sie Ihre Meinung nie wieder ändern dürfen. Selbstverständlich dürfen Sie das - auch öfter. Nur müssen Sie es eben den Leuten auch sagen. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich meinen Mitarbeitern und Kollegen nicht sagen sollte: "Bis gestern war ich der Auffassung, dass X richtig ist; ich bin jetzt zum Ergebnis gekommen, dass Y besser ist." Sie dürfen Ihre Leute nicht im unklaren lassen oder meinen, sie würden es schon irgendwann merken, dass Sie Ihre Meinung geändert haben.

Wo immer ich festgestellt habe, dass es Menschen gibt, denen ihre Umgebung fast blind vertraut, habe ich gefunden, dass ihr Leben von Konsistenz und Geradlinigkeit geprägt war. In diesem Zusammenhang höre ich immer wieder, das gehe eben nur in einfachen Situationen, aber nicht in den komplexen Verhältnissen einer Chefetage oder zum Beispiel in der Politik. Diese Auffassung ist sehr weit verbreitet, aber ich halte sie für falsch, für grundfalsch.

6. Fort mit Intriganten

Dies ist mein letzter Hinweis: Dulden Sie keine Intriganten um sich; trennen Sie sich von ihnen, so rasch es nur geht, oder gehen Sie selbst. Sie können mit Intriganten nicht und niemals zusammenarbeiten. Sie vergiften jeden Brunnen, verseuchen jedes Klima und unterminieren jeden Versuch, Vertrauen zu schaffen. Auch bezüglich dieses Punktes findet sich kaum eine Untersuchung in der Wissenschaft; auch das wurde, wie mir scheint, übersehen.

Aber es gibt genügend Anschauungsmaterial im Alltagsleben, und wer das Phänomen der Intrige studieren will, falls er es nicht Dutzende Male selbst erlebt haben sollte, braucht nur einige wenige Werke der Weltliteratur zu lesen oder in ein Stück von Shakespeare zu gehen.

Tun Sie sich, wenn Sie auch nur die kleinste Möglichkeit haben, sich von solchen Leuten zu trennen, das Elend nicht an, mit ihnen zusammenarbeiten zu wollen. Es gibt zum Glück noch immer genügend anständige, geradlinige und aufrechte Menschen, mit denen man zusammenarbeiten kann. Ein Leben ist zu kurz, um es mit Intriganten zu vergeuden.

Weitere Management-Tipps von Fredmund Malik finden Sie auf der Themen-Seite "Malik on Management"

Der Beitrag ist ursprünglich in der Reihe "Malik on Management" im Magazin trend. erschienen.

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