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Karriere als Manager: In den 30ern auf Stärken und Fähigkeiten setzen

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Karriere als Manager: In den 30ern auf Stärken und Fähigkeiten setzen
k.A©Getty Images/iStockphoto
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Die Schlüsselaufgabe in den Dreißigern, der zweiten Laufbahnphase, lautet: "Finde den Job, in dem du deine Fähigkeiten am besten einsetzen und weiterentwickeln kannst." Management- und Leadership-Experte Fredmund Malik zeigt auf, worauf es dabei ankommt.

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Wenn die Zwanziger zu Ende gehen, muss jede Berufsentscheidung an den Stärken orientiert sein, die man hat. Niemand kann dort erfolgreich sein, wo er Schwächen hat. Nur selten ist es möglich, Schwächen in Stärken umzuwandeln. Und niemand wird dafür bezahlt, dass er seine Schwächen beseitigt hat, denn das führt ja erst zu "nicht mehr schwach", aber man ist deswegen ja noch lang nicht stark, obwohl viele das stillschweigend unterstellen. Das Einzige, was zählt, sind die Stärken - das, was man kann.

Die Periode der Dreißiger muss primär aus dieser Perspektive gestaltet werden. Sekundär muss es darum gehen, jene Dinge zu beseitigen oder abzuschleifen, die einen daran hindern, seine Stärken voll zu entwickeln.

Gehöre ich ins Großunternehmen?

Da hat zum Beispiel jemand herausgefunden, dass das Großunternehmen eher nicht seine Welt ist, dass er mit der dort auch bei bestem Management immer gegebenen Bürokratie nicht umgehen kann, dass er die ebenfalls immer zu beobachtenden Intrigen nur schwer ertragen kann und dass er sich im Labyrinth der Organisation des Großkonzerns und in seiner Anonymität nur mit besonderer Anstrengung zurechtfindet.

Wenn das seine Beobachtungen sind, dann sollte er alles daran setzen, in ein überschaubares, mittelständisches Unternehmen zu kommen. Es gibt Leute, deren Stärken und Fähigkeiten im Großkonzern nicht nur verkümmern, sie werden dort auch gar nicht gebraucht, ja sie sind eher karriereschädlich. Improvisationstalent, Direktheit, Offenheit und dergleichen werden zwar auch in der Welt der Großorganisationen als wünschenswert angesehen. Aber selbst wenn das Interesse daran echt ist, ist das entsprechende Verhalten eher nachteilig. Großkonzerne sind nicht der Platz, wo solche Dinge besonders gut ausgelebt werden können.

Gehöre ich an die Linie oder eher an eine Stabsstelle?

Es gibt Menschen, die ein Leben lang hervorragende Stabsmitarbeiter sind, aber sich in einer Linienposition schwer tun. Sie können die Hektik der "Front" nicht gut ertragen, sie haben auch den "Beiß-Reflex" nicht, der dort oft nötig ist, um erfolgreich zu sein. Sie brauchen eine gewisse Distanz zum Geschehen, sie sollen denken können, bevor sie handeln, und sie müssen gelegentlich in Ruhe etwas gründlich studieren, bevor sie es verstehen können. Ihre Stärken liegen in der Analyse und weniger im Handeln. Sie sind oft hervorragend in der konzeptionellen Gestaltung, weniger aber im Realisieren. Sie können abwägen, sind aber nicht sehr zupackend. In diesem Falle ist die Richtung ziemlich klar. So jemand muss alles daran setzen, in einen Stabsbereich zu kommen oder in eine Position, wo die Hauptaufgabe die Assistenz und Dienstleistung ist.

Wenn jemand herausgefunden hat, dass ihm der Umgang mit Menschen etwelche Schwierigkeiten bereitet, dann sollte er nicht gerade eine Tätigkeit im Vertrieb oder im Personalwesen anstreben. Wer Mühe mit Zahlen hat, wird vermutlich kein besonders guter Controller werden.

Erfolge erzielen.

Wirklich entscheidend ist jetzt vor allem eines: In der Phase der Dreißiger muss der junge Mensch das Wichtigste erlangen können, woraus allein später, wenn er vierzig ist, Dinge wie Selbstvertrauen, Selbstachtung, Selbstmotivation, die Kraft zum Durchhalten und die Glaubwürdigkeit für andere Menschen resultieren. Was ist das?

Es gibt im Management wenige Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt. Meistens führen "mehrere Wege nach Rom". Auf diese Frage gibt es aber nur eine einzige Antwort. Sie lautet: Das sind Ergebnisse - sichtbare, vorzeigbare, überzeugende Leistungen.

Die Schlüsselfrage lautet also nicht nur: Wohin gehöre ich, und wo kann ich meine Stärken am besten einsetzen? Sie muss ergänzt werden durch: Wo kann ich jene Art von Leistungen erbringen und Resultaten erzielen, auf die ich später stolz sein kann? Mit vierzig wird niemand mehr nach seinem Studium und schon gar nicht nach seinen Zeugnissen und Titeln gefragt. Kompetente Leute fragen nur nach Ergebnissen. Nicht "Was haben Sie bisher gemacht?", sondern "Was haben Sie geleistet, was sind Ihre Resultate auf Ihren bisherigen Stellen gewesen?", das werden die Fragen kompetenter Personalchefs sein.

Und die Menschen, die man später - als Vierziger - zu führen hat, werden sich ohnehin nicht durch Titel, Statussymbole und den Rang in der Organisation beeindrucken lassen. Auch für sie zählen in erster Linie Ergebnisse. Wer in dieser Beziehung nichts vorzuweisen hat, wird als Vierziger zu einer Lebenslüge gezwungen sein: Er wird so tun müssen, als sei er kompetent, als habe er Leistung erbracht - den Beleg muss er aber schuldig bleiben.

Job Rotation?

Das hat eine Konsequenz, die in krassem Widerspruch zu einem fast überall für wichtig gehaltenen Element moderner Personalpolitik steht - zur Job Rotation. Wichtig ist nicht die Rotation, wichtig sind Ergebnisse. Vielfalt, Abwechslung, Neues kennen lernen usw. haben ihren Stellenwert. Wenn sie aber dazu führen, dass junge Leute keine vorzeigbaren Ergebnisse mehr erlangen können, dann wird Schaden angerichtet, und zwar sowohl für das Unternehmen selbst als auch für den Mitarbeiter.

Job Rotation, so wie sie in einer erstaunlich großen Zahl von Konzernen gehandhabt wird, ist ein "Verlierer-Spiel". Weder kann das Unternehmen auf diese Art Ergebnisse erzielen, noch kann es der Mitarbeiter. Dass junge Leute Job Rotation mögen, dass sie das erwarten, unter anderem deshalb, weil sie diesen Unfug in ihrer Ausbildung gelernt haben, das überrascht nicht. Es ist aber auch keinerlei Grund, sie deswegen zu betreiben und in der Form zuzulassen, dass die durchschnittliche Verweildauer der Dreißiger im Schnitt unter zwei Jahre absinkt, was leider zu beobachten ist.

Wie lange muss der Dreißiger auf einer Stelle bleiben? So lange, bis Ergebnisse zu sehen sind; so lange, bis die Aufgabe gelöst ist.

Ich will nicht gänzlich ausschließen, dass man auch einmal innerhalb von weniger als zwei Jahren dieses Kriterium erfüllen kann; aber ich behaupte, dass das die Ausnahme ist. Ich kenne nicht viele Stellen, auf denen man in weniger als zwei Jahren wirklich Vernünftiges, ins Gewicht Fallendes leisten kann, und meistens braucht man deutlich länger als zwei Jahre.

Dieser Gedanke und die damit zusammenhängende Forderung sind für die meisten jungen Leute schwer zu akzeptieren, und bei gewissen Human-Resources-Experten stoße ich gelegentlich auf aggressiven Widerstand - nicht hingegen bei erfahrenen Praktikern.

Wie lange also soll man in einer Position bleiben?

Ich antworte darauf nicht in absoluten Zahlen, obwohl ich sechs Jahre für einen richtigen Durchschnittswert halte. Ich will aber nicht generell ausschließen, dass es auch Stellen gibt, auf denen man in kürzerer Zeit etwas erreichen kann. Meine Antwort ist somit: Man muss lange genug in einer Position bleiben, um sichtbare und überzeugen-de Ergebnisse vorweisen zu können. Manchmal wird das in zwei bis drei Jahren möglich sein; häufig wird man länger dafür brauchen.

Die Dreißiger sind also die Phase, in der man seine ersten echten Leistungen erbringen und sich Ergebnisse schaffen muss, die einen unabhängig machen von der Motivation durch andere, die einem die Kraft geben, auch Rückschläge durchzustehen, und die einem die Achtung anderer Menschen verschaffen. In die Phase der Dreißiger fallen also zwei bis drei und, wenn man großzügig ist, auch vier Stellenwechsel.

Höhere Anforderungen.

Der Dreißiger muss bereit sein, höchste Anforderungen zu erfüllen, und das Unternehmen darf sie von ihm verlangen. Er muss bereit sein zu härtester Arbeit, zu fast unlimitiertem Einsatz und zu größtem Engagement. Und wenn er sich mit der Firma und seinen Aufgaben identifiziert, ist das in Ordnung. Verlangen würde ich das nicht, aber ich hätte auch nichts dagegen.

Der Mensch in seinen Dreißigern, der an Karriere interessiert ist, muss auch akzeptieren, dass es für ihn einige unlösbare Probleme geben wird, die eine Quelle von permanent schlechtem Gewissen für ihn sein werden. Die Probleme heißen: Zeit für die junge Familie, das Leben genießen, die Jugend ausleben und den Hobbys frönen. Das alles wird nicht gehen, oder es wird jedenfalls extrem zu kurz kommen.

Die Dreißiger sind die Zeit der vollen, manchmal ans Unmenschliche grenzenden Konzentration auf den beruflichen Erfolg, auf das Fundament für die spätere Karriere. Daneben hat nicht sehr viel anderes Platz. Ob man das anstrebt und ob man bereit sein will, das alles auf sich zu nehmen, muss jeder selbst und zusammen mit seinem Lebenspartner entscheiden. Es gibt gute Gründe, das alles nicht zu wollen. Wer aber an Laufbahn interessiert ist, wird darum kaum herumkommen. Zumindest muss er die Bereitschaft dazu mitbringen und den Realitäten klar ins Auge blicken. Wenn es dann nicht ganz so "dick" kommt, wie er es befürchtet hat, umso besser. Niemals aber sollte man die sich in dieser Phase stellenden Anforderungen unterschätzen.

Sie werden übrigens nicht nur in der Wirtschaft gestellt, wie manche meinen. Vergleichbares gilt für praktisch alle Gebiete. Junge Wissenschafter arbeiten in dieser Phase mindestens so hart, wenn nicht härter und kompromissloser als die Leute in der Wirtschaft. Wer in der Forschung reüssieren will, muss zu Höchstleistungen bereit sein und auf sehr vieles verzichten. Dasselbe gilt aber auch z. B. für junge Ärzte, für die freien Berufe, es gilt in der Politik, im Showbusiness und Entertainment, für junge Musiker und Schauspieler.

Nicht auf Motivation warten.

Niemand sollte in dieser Phase auf irgendeine Motivation von außen und durch Dritte warten. Entweder man will den Erfolg - dann braucht man durch niemanden motiviert zu werden. Oder man will ihn nicht, mit vielleicht guten Gründen - dann braucht man ebenfalls keine Motivation durch andere.

Es wird überhaupt in den Unternehmen viel zu viel von Motivation geredet, obwohl bis heute nicht so ganz klar ist, was das eigentlich ist. Eines scheint mir aber ziemlich gewiss zu sein: Leute, die den Erfolg in der Sache wollen, die etwas bewegen und bewirken wollen, sei es im Beruf oder zum Beispiel im Sport, brauchen niemanden, der sie motiviert. Natürlich hilft einem gelegentlich ein aufmunterndes Wort, wenn man einen Rückschlag erlitten hat oder wenn man nach einer intensiven Arbeitswoche mit dem letzten Flugzeug am Freitagabend nach Hause gekommen ist und keine Zeit für Konzert oder Kino hatte.

Der Antrieb ist aber Selbstmotivation und nicht Motivation durch andere. Es ist die Leistung selbst und die Aussicht auf das Ergebnis, was einen bewegt - und es ist der Wille, etwas zu erreichen.

Mentoren suchen.

Jungen Menschen in ihren Dreißigern empfehle ich, nach zwei oder drei Mentoren Ausschau zu halten, nach Personen also, zu denen man im Bedarfsfall gehen kann, um sie um einen Rat zu fragen. Und dann muss man sicher sein können, dass es sich um einen ehrlichen Rat handeln wird, also um einen solchen, der nicht von einer Interessenlage beeinflusst ist.

Das kann man realistischerweise weder von seinen Eltern noch von seinen Vorgesetzten erwarten. Hier spielen immer Gefühle und Interessen eine Rolle. Man kann es in der Regel auch nicht von gleichaltrigen Freunden erwarten, weil sie kaum über wesentlich mehr Erfahrung verfügen, als man selber hat.

Ob der Rat, den man dann erhält, richtig sein wird, kann man nicht wissen, und ob man ihn dann befolgen wird, muss man im Einzelfall selbst entscheiden. Man muss aber sicher sein können, dass er ehrlich ist. Gerade in den Dreißigern gibt es immer wieder Situationen, in denen es enorm hilfreich ist, wenn man zu jemandem gehen kann, um seine neutrale Meinung einzuholen.

Schlechte Gewohnheiten ablegen.

Ich sagte, dass es in der Phase der Dreißiger besonders wichtig ist, seine Laufbahnentscheidungen nach den Stärken auszurichten, die man schon hat. Es lohnt sich meistens nicht, an seinen Schwächen herumzulaborieren, denn selbst wenn es gelingt, sie zu beseitigen, hat man gewissermaßen erst die Null-Linie erreicht; man ist dann nur nicht mehr schwach, aber noch keineswegs stark. Worauf man aber achten muss, das sind jene schlechten Gewohnheiten, die einem im Wege stehen, die einen daran hindern, seine Stärken voll zur Entfaltung und zum Einsatz zu bringen.

Das sind Eigenarten, die man häufig mit Schwächen verwechselt. In Wahrheit sind es aber nur - wie gesagt - schlechte Gewohnheiten und Unsitten. In diese Kategorie fällt z. B. chronische Unpünktlichkeit. Es gibt Leute, die leider nie etwas zur Zeit fertig stellen können oder auch selbst nie pünktlich an einem Ort sein können. Sie kommen immer zu spät, nur ein bisschen, aber eben ständig.

Es mag Chefs geben, die das zu tolerieren in der Lage sind. Die meisten tun das aber nicht. Obwohl das objektiv gesehen eine Lappalie sein mag, können die meisten Vorgesetzten Unpünktlichkeit nicht ausstehen. Sie ist nichts als eine schlechte Gewohnheit, die man sich abtrainieren kann und muss.

Ein anderes typisches Beispiel ist der Hang zu Schlamperei - Flüchtigkeitsfehler in Texten und Zahlenmaterial, da und dort wird etwas übersehen, eine Beilage wird nicht hinzugefügt, eine Unterlage wird vergessen, ein Anhang fehlt. Jeder Einzelfall für sich genommen, mag ebenfalls nicht sonderlich ins Gewicht fallen. In Summe aber macht das die meisten Vorgesetzten und Kollegen, besonders wenn sie professionell kompetent sind, fuchsteufelswild.

Schlechte Gewohnheiten dieser Art können sich als enormes Hindernis erweisen. Besonders tragisch ist das für jene jungen Leute, die an sich gut und talentiert sind und ansehnliche Stärken haben. Sie nehmen ihren Stärken die Wirkung durch die schlechten Gewohnheiten. Manche merken das ein Leben lang nicht, und niemand sagt es ihnen.

Weitere Management-Tipps von Fredmund Malik finden Sie auf der Themen-Seite "Malik on Management"

Der Beitrag ist ursprünglich in der Reihe "Malik on Management" im Magazin trend. erschienen.

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