
Bei den Salzburger Festspielen steht die Burgschauspielerin in Karl Kraus’ Monumentaldrama „Die letzten Tage der Menschheit“ als Kriegsreporterin Alice Schalek auf der Bühne. Hier erklärt sie, warum sie Bildung für ein Top-Investment hält.
Expert:innen sehen in Österreich gerade eklatanten Nachholbedarf in Sachen Finanzbildung. Haben Sie eine gute Hand fürs Geld? Wissen Sie am Monatsende, wo es geblieben ist?
Ich gehöre zu den Menschen, die akribisch Rechnungen sammeln, um „den Überblick zu bewahren“ – die dann aber genau diese Rechnungen nie wieder in die Hand nehmen.
Angesichts von Teuerung und multipler Krisen: Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Dass schnelles Wachstum attraktiver ist als Nachhaltigkeit.
Lesen Sie abseits der Kultur- auch die Wirtschaftsseiten?
Natürlich, die Wirtschaftslage bestimmt unseren Alltag, unsere Sorgen und Ängste, unser Auskommen miteinander, unsere Politik. Sie ist der Puls der Gesellschaft.
Was hat Sie familiär in Sachen Geld geprägt?
Sobald wir vier Kinder konnten, haben wir mit Ferialjobs Geld verdient: im Altersheim, beim Bäcker, beim Bauhof. Da bekommt man schnell Beziehung und Bezug zu Geld und Arbeit.
Sie gehen für Ihre Projekte künstlerisch bis ans Äußerste. Sind Sie wirtschaftlich gesehen ein vorsichtigerer Mensch oder interessiert Sie auch das Spiel an der Börse?
Ich habe überhaupt kein geeignetes Nervenkostüm für Gambling oder Krypto. Mich macht Geld nervös.
Sie sind schon sehr jung als Schauspielerin erfolgreich gewesen, haben gleich nach dem Max Reinhardt Seminar ein Engagement am Burgtheater angetreten. Ist Vorsorge, also eine gewisse finanzielle Absicherung, ein Thema in Ihrem Leben?
Mein Vater hat mir ganz zu Beginn eingebläut, in diesem Beruf immer einen „Notgroschen“ haben zu müssen. Es gehört ganz schön viel Glück dazu, vom Schauspielerberufleben zu können. Bis jetzt habe ich Glück. Und einen Notgroschen.
Was halten Sie heute noch für ein sinnvolles Investment?
Bildung. Sie stellt uns Menschen auf zwei Beine, gibt uns ein Koordinatensystem fürs Leben und einen Kompass fürs Miteinander mit.
Und was halten Sie für Ihren ganz persönlichen kleinen Reichtum? Also was macht Ihr Leben besser?
Familie. Lebensmenschen. Dass ich mich um Menschen kümmern kann und es Menschen gibt, die sich um mich kümmern.
Tophotels, teures Essen, Technikgadgets – Guilty Pleasures? Wofür geben Sie leichten Herzens viel Geld aus?
Für Essen – von Fine Dining bis Wirtshausküche – und Bücher. Autos und Elektrogeräte langweilen mich.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Ein Schweigeseminar. Das hätte ich auch umsonst zu Hause machen können, meinte mein Bruder.
Was würden Sie als Künstlerin auch für viel Geld nicht machen?
Werbung und „Dancing Stars“. Das eine zu blöd, das andere zu schwer.
Zu Ihrem Job gehört mitunter auch der große Auftritt abseits der Bühne. Wie viel investieren Sie in Mode?
Ehrlich gesagt: immer mehr. Weil hochwertige Kleidung und faire Löhne ihren Preis haben. Finde ich auch richtig so. Und die Kleidung hält auch ein Leben lang.
Geld ist nie nur reines Transaktionsmittel, sondern immer auch emotional aufgeladen. Haben Frauen ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer?
Ja, weil Frauen noch immer den Geldsummen hinterherlaufen müssen, die ihre Kollegen verdienen.
Was bedeutet Luxus für Sie?
Handyfreie Zeit. Luxus, den man sich selten zu leisten gewillt ist.
Wissen Sie noch, was Sie sich von Ihrem ersten selbst verdienten Geld gegönnt haben?
Ein Bum Bum im Freibad. Das ist pinkes Steckerleis mit Kaugummi.
Und wofür würden Sie Ihren letzten Cent ausgeben?
Für meine Zahnärztin. Nichts Schlimmeres als Zahnschmerzen.
Zur Person
Marie-Luise Stockinger, 32
Die Oberösterreicherin wurde gleich nach ihrem Abschluss am Max Reinhardt Seminar 2015 ans Burgtheater engagiert und spielt zudem in Spielfilmen und Serien. Für ihre Darstellung der alkoholkranken Mutter in Ulrike Koflers Filmdrama „Gina“ gab es heuer den Diagonale-Schauspielpreis und eine Nominierung für den Österreichischen Filmpreis. Seit 2018 ist Stockinger mit Burgtheaterkollegen Michael Maertens liiert, mit dem sie nun auch bei den Salzburger Festspielen in Dušan David Parízeks Inszenierung der „Letzten Tage der Menschheit“ auf der Bühne steht. Ab 5. 9. ist die Koproduktion im Burgtheater zu sehen.
Dieses Interview ist erstmals im trend.PREMIUM vom 18. Juli 2025 erschienen.