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Vorstellungsgespräch: Von der Bewerbung zur Anstellung

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Aktualisiert
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12 min

Vorstellungsgespräch: Angst ist fehl am Platz. Gut vorbereitet sollte man aber auf jeden Fall sein.

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Wer in die engere Auswahl jener Kandidaten kommt, die zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch geladen werden, hat große Chancen auf einen neuen Job. Man kann sie ordentlich vergeigen oder gewinnbringend nutzen. Ein paar Tipps zum Nutzen.

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"Teamfähig bin ich in jedem Fall, das hat sich in über zwanzig Projekten gezeigt, die wir erfolgreich in unterschiedlich zusammengesetzten Teams absolviert haben", sagt Karl B., TU-Absolvent und erfahrener Projektleiter.

"Haben Sie auch Schwächen?", fragt der Interviewer. "Ja, ich gestehe, mich leicht ins Detail zu verlieren, aber ich habe das insofern in den Griff bekommen, als ich jetzt planmäßig immer wieder die Erreichung der Zielvorgabe überprüfe!"

Karl findet, dass er sich wirklich gut schlägt, ganz natürlich rüberkommt, locker und authentisch! "Und warum haben Sie sich gerade für unser Unternehmen entschieden?", fragt ihn der Personalchef. "Weil Ihr Unternehmen im technischen Bereich tätig ist, in dem ich viel Erfahrung habe, und ich außerdem gerade verfügbar bin!"

Eine Woche nach dem Bewerbungsgespräch bekommt Karl - trotz hervorragender Qualifikation - eine schriftliche Absage. Der Grund für das technische K.O.: Seine Begeisterung, für das Unternehmen arbeiten zu wollen, kam beim Personalchef ganz und gar nicht an.

Vorstellungsgespräche dienen vor allem einem Zweck: der Feststellung, ob die Stellenanforderung, das Arbeitsumfeld und der Bewerber zusammenpassen und auch das nötige Engagement und die Begeisterung vorhanden sind. Schaffen es Jobanwärter bis zu einem persönlichen Vorstellungstermin, haben sie die Chance auf eine gelungene Selbstpräsentation. Doch ohne Vorbereitung geht es sicher nicht!

Entscheidende Fragen im Vorstellungsgespräch

"Natürlich werden die Fragen im Vorstellungsgespräch gestellt, um den Bewerber näher kennen zu lernen", ist Gabriela Novotny, Geschäftsführerin des Online-Service bewerbung.at überzeugt, "aber auch die Qualität der Antworten gibt Aufschluss über die Persönlichkeit des Bewerbers." Dabei begegnet man immer wieder denselben Fragen, denn strukturierte Fragenkataloge machen die Bewerber leichter vergleichbar. Ein Vorteil nicht nur für den Recruiter, sondern auch für die Vorbereitung des Bewerbers!

Auf welche Fragen muss man im Vorstellungsgespräch gefasst sein? Und warum werden sie gestellt? Nachfolgend lesen Sie die wichtigsten Fragen und wie Sie sie am besten beantworten:

Weshalb bewerben Sie sich bei uns?

Die Frage "Weshalb bewerben Sie sich bei uns?" kommt wie das Amen im Gebet, auch wenn sie ab und an in anderem Kleid erscheint, z. B. als: "Was gefällt Ihnen an unserem Unternehmen?" oder "Warum ist Ihre Wahl gerade auf uns gefallen?"

Jedenfalls sollte man bei dieser Frage vorsichtig agieren, meint Elfriede Gerdenits, Geschäftsführerin der Businesscoaching Partner und erfahrener Bewerbungscoach: "Das ist eine emotional besetzte Frage, denn kein Unternehmer will einer unter hundert sein." Das hängt weniger damit zusammen, dass Personalmanager womöglich Sensibelchen sind, vielmehr sind sie davon überzeugt, dass sich künftige Mitarbeiter weit besser mit ihrer Arbeit identifizieren, wenn sie ganz gezielt diesen Job in dieser Firma wollen.

Die Antwort darf also nie den Eigennutz in den Vordergrund stellen. "Sie sind nur zwei U-Bahn-Stationen von meiner Wohnung entfernt, kommt gar nicht gut", weiß Gerdenits. Hingegen ist es hier angebracht, seine Kenntnisse über das Unternehmen einfließen zu lassen, über das Image, die Stellung im Markt, das Produkt etc. Christoph Stieg, Geschäftsführer von Perfact Training, das sich mit Recruiting und Bewerbungsgtraining befasst, hat gerade in diesem Punkt schlechte Erfahrungen gemacht: "Besonders bei jungen Bewerbern ist das oft wirklich schlimm! Die kennen manchmal nicht einmal die Website des Unternehmens." Das ist nach Stiegs Ansicht auch ein Grund, warum sich die Flut an Bewerbungen so steigern konnte, "weil sich die Leute keine Gedanken machen, warum sie sich für ein Unternehmen entscheiden, und dann den Job natürlich auch nicht bekommen." Zur guten Vorbereitung gehört es also, alle verfügbaren Informationen über das Unternehmen einzuholen.

Warum glauben Sie, für diesen Job besonders geeignet zu sein?

Die Frage kann auch lauten: "Was, glauben Sie, wird in dem Job besonders wichtig sein?" Oder: "Welche Aufgaben werden Sie in der Position erwarten?" "Was bringen Sie mit?" "Was befähigt Sie für diese Position?" "Warum sollten wir gerade Sie nehmen?"

"Das ist eine Frage an das Selbstbewusstsein und auch auf die Vorbereitung gerichtet. Wer hier keine Antwort parat hat, fliegt definitiv raus!", ist Gerdenits überzeugt. Die Frage bietet aber auch den nötigen und passenden Rahmen für eine kurze, aber gezielte Selbstpräsentation. Bewerbungsprofis empfehlen, mit der Darstellung der eigenen fachlichen Stärken zu beginnen, zwischendurch die Erfahrungen einfließen zu lassen und dann gezielt die persönlichen Stärken einzubauen.

Stieg: "Wichtig ist immer die Begründung. Leere Worthülsen bringen nichts." Auf die Anmerkung, man sei wirklich lösungsorientiert, muss daher sofort ein plastisches Beispiel aus Schulalltag, Praktikum oder auch Privatleben folgen. Je anschaulicher, desto besser.

Wenn es bei uns nicht klappt, wie geht es dann weiter?

Hier wird die Strategie hinterfragt. Ist der Bewerber so vernünftig, dass er mit einer Absage rechnet? Oder ist er ein Glücksritter, der alles auf eine Karte setzt? Oder sind wir ohnehin nur eine Option unter fünfzig anderen, die ihm alle gleich lieb wären?

Die richtige Antwort dazu lautet - so Gerdenits: "Ich habe noch andere Bewerbungsverfahren laufen. Aber Ihr Unternehmen wäre meine absolute Priorität!" Nun kann man noch kurz die besonderen Vorzüge des Unternehmens herausarbeiten.

Mit Begeisterung und Sympathie punkten

Gabriele Goldynia, Geschäftsleiterin von ISG Personalmanagement, empfiehlt als Vorbereitung vor der konkreten Bewerbung eine persönliche Standortanalyse: "Warum will ich gerade für dieses Unternehmen arbeiten? Warum würde ich mich selber einstellen? Welche sind meine persönlichen Werte, und passen sie zu den Werten des Unternehmens?" Erst wenn all diese Fragen ehrlich beantwortet sind, weiß der Bewerber, ob er tatsächlich zu diesem Unternehmen und in die angebotene Position will. Und genau das verleiht ihm jenen Funken Begeisterung, den der Recruiter spüren will.

"Eine wichtige Überlegung gilt der eigenen Begeisterung für die Aufgabe und das Unternehmen", ist auch Bewerbungs-Profi Novotny überzeugt. "Gerade in diesem Punkt merkt man deutlich, dass es sich um ein Vorstellungsgespräch und nicht um ein Verstellungsgespräch handelt." Denn nichts ist so schwer vorspielbar wie Begeisterung, wenn in Wahrheit kein Funken davon vorhanden ist. Erkennt der Bewerber in der Vorbereitungsphase, dass ihn das Unternehmen, seine Produkte und das Image sowie das künftige Aufgabengebiet relativ kalt lassen, sollte er auch die Größe haben, sich dies einzugestehen, und eine Stelle zu suchen, die ihn aufgrund seiner Begeisterung langfristig auch glücklicher machen wird. Das spart ihm und dem Recruiter wenigstens einen unnötigen Termin.

Den Sieg trägt in jedem Fall jener Bewerber davon, der die Sympathien auf seine Seite bringen kann. Um dies zu bewerkstelligen, gilt es, zunächst ganz primitive Regeln zu beherzigen: "Ein Lächeln, ein deutlicher Gruß, ein fester Händedruck, ein offener Blick und eine lockere, aber aufrechte Körperhaltung gelten als selbstverständlich", so Gerdenits, werden aber, so zeigt ihre eigene Erfahrung, oft genug vergessen. Ihr Tipp für die Körperhaltung: "Den Sessel, auf dem man gegenüber dem Personalchef Platz nimmt, nicht parallel zum Tisch stellen, sondern leicht um 45 Grad drehen und die Unterarme auf die Tischkante legen, das wirkt lebhafter."

Outfit und weitere Erfolgsparameter

Das Outfit sollte zur angestrebten Position und zum Unternehmen passen. "Es ist schon ein Unterschied", gibt Stieg zu bedenken, "ob ich mich in einer Notariatskanzlei oder als Radiomoderator bewerbe." Verkleidung ist in jedem Fall falsch, denn darin fühlt sich der Bewerber selber fremd und agiert dementsprechend unauthentisch.

"Entscheidende Parameter für eine Anstellung", weiß Novotny, "sind jedenfalls der erste Eindruck, Erscheinungsbild, Sympathie, Gesprächskultur, Interaktion, persönliches Verhalten und Interesse." Auch gegen das Lampenfieber hat sie einen Tipp parat: "Indem man sich vorweg den Worst Case für das Bewerbungsgespräch vor Augen führt und zu dieser Situation eine entspannte Haltung einnimmt, kann man die Angst entmachten."

Personalchefs, die aus Jux und Tollerei den Kandidaten in den Hinterhalt locken, muss keiner fürchten. "Die dummen Fallen wie: 'Steigen Sie bitte auf diesen Tisch!', um dann anzumerken: 'Tun Sie eigentlich alles, was man Ihnen sagt?'", sind nach Stiegs Erfahrung längst vorbei. Solche Provokationen weisen keine Relevanz zur Praxis auf. Auch Businesscoach Gerdenits erlebt Personalisten wesentlich humaner und weniger strikt gebrieft als früher:

"Im Personalwesen kehrt Menschlichkeit zurück. Frühere Spielchen, wie mit Spots blenden oder das Aufgabengebiet in den finstersten Farben schildern oder das Telefon permanent klingeln lassen, gibt es einfach nicht mehr. Heute soll ein Vorstellungsgespräch vor allem ein Forum zur bestmöglichen Präsentation sein." Ein Forum, das man getrost nutzen sollte, denn zur Beruhigung vor der großen Selbstpräsentation hält Gerdenits Bewerbern stets vor Augen: "Das größere Risiko liegt immer beim Personalisten. Einige Fehlbesetzungen, und er ist draußen! Überzeugen Sie ihn davon, dass Sie die richtige Besetzung sind!"

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