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Bonität und Liquidität sichern: Meisteraufgabe für Unternehmen

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Bonität und Liquidität sichern: Meisteraufgabe für Unternehmen
k.A©Getty Images/iStockphoto
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Ein reibungsloser Zahlungsverkehr ist die Basis eines funktionierenden Wirtschaftskreislaufs. Die ausreichende Bonität und Liquidität aller Beteiligten ist dafür Grundvoraussetzung. Wie Unternehmen ihre Bonität sichern können.

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Der Geldfluss

"Money makes the world go 'round" - die Zeile aus dem Refrain des von Liza Minelli und Joel Grey im Film-Musical "Cabaret" interpretierten Songs "Money Money" bringt viel auf den Punkt, worüber Wirtschaftsgelehrte dicke Bücher verfassen.

Ins Deutsche übersetzen könnte man die markante Song-Zeile mit "Geld hält die Welt in Schwung" oder "Geld regiert die Welt" - beziehungsweise wie der gelernte Österreicher sagen würde: "Ohne Geld ka Musi!"

Wie entscheidend es ist, dass der Geldfluss aufrechterhalten bleibt und reibungslos abläuft wird gerade dann besonders bemerkbar, wenn er abzureißen droht und alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, damit das nicht geschieht. In schlimmer Erinnerung ist diesbezüglich noch die Weltfinanzkrise, die - ausgelöst durch den Zusammenbruch des davor durch wilde Spekulationen aufgeblähten Immobilienmarkts der USA ab 2007 - im Untergang der amerikanischen Großbank Lehmann (15. September 2008) und einiger weiterer Banken mündete und deren Nachwehen immer noch nicht ganz ausgestanden sind.

An den Börsen kam es zu dramatischen Kursverlusten. Der IWF bezifferte die im April 2009 die durch von der Krise verursachten Wertpapierverluste mit vier Billionen US-Dollar. In vielen Ländern mussten Finanzdienstleister mit enormen Summen aus staatlichen Mitteln unterstützt werden, was zu einem massiven Anstieg der Staatsverschuldungen führte. Im Bemühen eine Kreditklemme zu vermeiden wurden Leitzinsen auf historische Tiefstmarken bis hin zu Negativzinsen gesenkt. Trotzdem griff die Finanzkrise auf die Realwirtschaft über und eine Insolvenzwelle rollte über den Globus. Prominentestes Fallbeispiel der Pleitewelle war der amerikanische Automobilgigant General Motors, der am 1. Juni 2009 mit 172,8 Milliarden US-Dollar Schulden Insolvenz anmelden musste und in der Folge mehrheitlich verstaatlicht wurde.

In Europa folgten auf die Finanz- und Wirtschaftskrise die Euro- und Staatschuldenkrise, zu deren Bekämpfung ein billionenschwerer Rettungsschirm aufgespannt wurde und gerade als sich Licht am Horizont zeigte kam die Corona-Pandemie und machte ein erneutes Einschreiten der Staaten und multinationaler Staatenverbände nötig, um den Geldfluss in Schwung zu galten und einen Flächenbrand in der Wirtschaft und der Unternehmenslandschaft zu vermeiden.

Corona-Zwischenbilanz und Ausblick

Österreichs wirtschaftliche Zwischenbilanz nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit insgesamt vier Lockdowns und im Winter 2021/22 immer noch andauernden Restriktionen: 41,3 Milliarden Euro wurden seit Beginn der Pandemie an Wirtschafts-Hilfszahlungen geleistet. Jeder Tag im harten Lockdown verursachte dem Staat Kosten von einer Milliarde Euro.

Die milliardenschweren Hilfszahlungen haben Wirkung gezeigt. Es ist gelungen, die Bonität der Unternehmen zu erhalten. Die befürchtete Insolvenzwelle aufgrund von weit verbreiteten Zahlungsausfällen konnte vermieden werden. Die zwischenzeitlich auf Rekordhöhe gestiegenen Arbeitslosenzahlen sind im Winter 2021/22 wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgegangen.

Die heimische Wirtschaft ist für die weitere Zukunft gut positioniert. Unternehmen suchen mehr denn je Fachkräfte, um Aufträge entsprechend abarbeiten zu können, brauchen eher mehr Investitionskapital, um sich für die Zukunft aufzustellen. Auch die Oesterreichische Nationalbank ist in ihrer bis 2024 reichenden Prognose zu den Wirtschaftsaussichten für Österreich recht optimistisch. Der schwere Einschnitt, den die Corona-Krise im Jahr 2020 mit einem BIP-Rückgang von 6,8 % verursacht hat, scheint überwunden zu sein.

Ricardo-José Vybiral, CEO des Gläubigerschutzverbands KSV1870, rechnet ebenfalls damit, dass die meisten Branchen wieder stark zurückkommen.

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Ricardo-José Vybiral, CEO KSV1870: "Unternehmen sollten sich konzentriert und zielgerichtet auf die Zukunft vorbereiten."

© Elke Mayr

Auch wenn manche Branchen, darunter etwa Teile des Tourismus, noch länger auf ihr Comeback warten müssen. "Unternehmen sollten jedoch ihre Geschäftsmodelle auf die Rüttelstrecke stellen und sich konzentriert und zielgerichtet auf die Zukunft vorbereiten. Es wird nie wieder, wie es früher einmal war", empfiehlt Vybiral, auch angesichts neuer im Zuge der Corona-Krise zutage getretenen Problemen wie Lieferschwierigkeiten, der Chip-Krise, Preissprüngen und einer stark steigenden Inflation.

Österreichs Unternehmer und Unternehmerinnen stehen vor der Herausforderung, sich krisenfest aufzustellen. Ihre Lieferketten abzusichern und sind mehr denn je gefordert, ihre eigene Solvenz und die der Geschäftspartner im Blick zu haben.

Bonität prüfen und sichern

Für Unternehmer und Manager ist es in dieser Situation absolut kritisch, die Bonität und Zahlungsfähigkeit der eigenen Firma zu sichern und sie auf den Prüfstand zu stellen. Ebenso entscheidend ist es, über die Solvenz, die Zahlungsfähigkeit der Kunden, Lieferanten und anderer Geschäftspartner richtig einzuschätzen und gegebenenfalls Alternativen zur Hand zu haben. Denn auch wenn die meisten Wirtschaftsindikatoren nach oben zeigen, so haben die Krisen der letzten Jahrzehnte gezeigt, dass die globale Wirtschaft auf ziemlich wackeligen Beinen steht und durch eine neue Krise schnell wieder aus dem Gleichgewicht kommen kann.

Unternehmen auf dem Prüfstand

Was Unternehmer tun sollten, um die eigene Bonität abzusichern.

  • Das Geschäftsmodell abklopfen. Wie zeitgemäß ist es noch? Ist der Businessplan zukunftsfit?

  • Finanzen absichern und planen. Ist ausreichend Eigenkapital vorhanden, um weiter investieren zu können?

  • Digitalisierung weiter vorantreiben. Mitarbeiter mit Laptops auszustatten ist nicht de Weisheit letzter Schluss. Über alle Unternehmensbereiche sollte evaluiert werden, wie Potenziale der Digitalisierung genutzt werden können.

  • Wissen und Innovation aktiv fördern. In die Weiterbildung der Mitarbeiter investieren und ihr Potenzial nutzen, um Innovationen voranzutreiben.

  • Controlling. Die Prozesse und Kosten im eigenen Unternehmen genau im Blick haben.

  • Aktives Forderungsmanagement. Außenstände rechtzeitig urgieren und einmahnen.

  • IT-Systeme und Daten schützen. Ein besonders kritischer Punkt, der umso wichtiger wird, je mehr die Digitalisierung voranschreitet. Ein Ausfall, sei es aus technischen Gründen oder durch einen Hackangriff kann Millionen kosten.

Das aktive Forderungsmanagement, das Betreiben und Eintreiben offener Forderungen, ist für jedes Unternehmen eine mühselige Sache. Wenn eine Rechnung nicht gezahlt wird, dann bedeutet das zusätzlichen Aufwand und Kosten, Kapital ist gebunden und bei höheren Außenständen wird auch die Liquidität des eigenen Unternehmens belastet. Um dafür nicht zusätzlich Kapazitäten im eigenen Unternehmen aufwenden oder binden zu müssen empfiehlt es sich, mit Profis auf diesem Feld (Gläubigerschutzverbänden, Inkassobüros) zusammenarbeiten.

--> Siehe Artikel: "Wenn Kunden nicht zahlen: Geldforderungen über Inkasso"

Ein gezieltes Vorgehen trägt auch dazu bei, dass sich das Rating, die Bonitätsbewertung des Unternehmens, verbessert. Was sich wiederum positiv auf die weitere Entwicklung des Unternehmens auswirkt, denn je besser das Rating, desto günstiger sind in der Folge die Konditionen, wenn zum Beispiel für eine Investition oder eine Expansion eine Kreditaufnahme erforderlich ist.

--> Siehe Artikel: "Bonitätsprüfung: So können Ratings verbessert werden"

Aktives Risikomanagement

Aktives Risikomanagement hilft Unternehmen sich professionell gegen Bedrohungen zu schützen, vor allem wenn die Wirtschaft nicht rund läuft, Lieferengpässe drohen, Kunden in die Insolvenz schlittern oder überhaupt die Umsatzentwicklung stockt. Für solche Situationen gibt es zwar kein Patentrezept oder und auch keine Versicherungen, aber Unternehmen, die sich selbst rechtzeitig strukturell aufstellen können Risiken zumindest abfedern.

Eckpfeiler des Risikomanagements

  1. Kundendaten auf Knopfdruck verfügbar

  2. Kundenstruktur aktiv gestalten

  3. Rechnung folgt Leistung

  4. Nichtzahlung - aktiv werden

  5. Schriftliche Vereinbarungen

  6. Finanzlage im Fokus

  7. Unternehmensrisiken erheben

  8. Anmeldung von Forderungen bei Kundeninsolvenz

  9. Minimierung von Kundenrisiken

  10. Eigenes Rating

Kundendaten auf Knopfdruck verfügbar

Um jederzeit einen Überblick über Kundenbeziehungen zu haben, sind aktuelle Kundendaten und eine IT-Lösung notwendig, die diese Daten auf Knopfdruck auswertet. Beim Speichern, der Auswertung und Nutzung von Kundendaten müssen die Bestimmungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) berücksichtigt werden.

Aktive Gestaltung der Kundenstruktur

Um die Abhängigkeit von einzelnen Kunden zu reduzieren, heißt es den Kundenstamm zu verbreitern. Wer mit wenigen Kunden den Großteil des Umsatzes erzielt, kann in gewisse Abhängigkeiten geraten. Bei Zahlungsausfällen kann das im Ernstfall existenzbedrohend werden. Daher gilt: Kunden-Portfolio checken, Risiko reduzieren, Kundenstamm erweitern.

Rechnung folgt Leistung

Sobald eine Leistung erbracht ist, soll dafür auch die Rechnung erstellt und verschickt werden. Auf der Rechnung soll das vereinbarte Zahlungsziel genannt werden. Die schnelle Rechnungserstellung und die pünktliche Zahlung verbessern in weiterer Folge auch die eigene Liquidität.

Eine korrekte Rechnung soll folgende Daten enthalten:

  • Fortlaufende Rechnungsnummer

  • Name, Adresse, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer; UID-Nr.) des Rechnungslegers

  • Name, Adresse des Rechnungsempfängers (bei Beträgen über 10.000 €, auch die UID-Nr.)

  • Art und Umfang der Leistung bzw. Menge und Bezeichnung der Waren nach § 11 UStG

  • Rechnungssumme (Nettobetrag, ausgewiesene Umsatzsteuer und Bruttobetrag)

  • Lieferdatum und Leistungszeitraum

  • Kontodaten Rechnungsleger

Die UID-Nr. des Kunden soll zuvor über finanz online geprüft werden.

Bei Nichtzahlung aktiv werden

Zahlungsausfälle haben den Daten des Gläubigerschutzverbands KSV1870 zufolge direkte negative Auswirkungen auf die von den Ausfällen betroffenen Unternehmen. So führen sie zu:

  • Liquiditätsengpässen (33,3 Prozent)

  • höheren Zinskosten (13,3 Prozent)

  • Gewinneinbußen (52,4 Prozent)

  • Existenzbedrohung (8,4 Prozent)

  • Kündigungen von Mitarbeitern (4,9 Prozent)

Unternehmen sollten diese Risiken vermeiden und falls ein Zahlungsziel nicht eingehalten wird, einen Mahnlauf mit Verlängerung der Frist um eine Woche starten. Es gibt übrigens keine Verpflichtung, drei Mahnungen zu versenden! Offene Forderungen können jederzeit zum Inkasso übergeben werden.

Schriftform für Vereinbarungen

Geschäftsabschlüsse und Rahmenbedingungen sollten schriftlich festgehalten und juristisch wasserdicht formuliert werden. Auch die Formulierung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist im Geschäftsleben ein absolutes Muss. Um Schäden bei möglichen Kundeninsolvenzen schon vorher zu begrenzen: Eigentumsvorbehalt vereinbaren.

Finanzlage im Fokus

Es ist das Einmaleins des Unternehmers, das laufende Reporting und Monitoring der eigenen Kennzahlen im Griff zu haben. Die Bilanzen pünktlich zu erstellen und zu hinterlegen sorgt für Transparenz nach innen und außen. Nur so kann im Anlassfall eine rasche Reaktion folgen mit allen entsprechenden Schritten.

Unternehmensrisiken erheben

Unternehmensrisiken sind so unterschiedlich wie Betriebe und Branchen. Daher: Risiken evaluieren, absichernde Maßnahmen setzen, Krisen- und Aktionspläne erarbeiten.

Anmeldung von Forderungen bei Kundeninsolvenz

Eine kleine Quote ist besser als ein Totalausfall. Im Durchschnitt erhalten Gläubiger im Fall einer Insolvenz eines Geschäftspartners bei einem eröffneten Verfahren eine Quote von 10 Prozent.

Auch wenn diese Quote gering scheint sollte nicht auf Insolvenzforderungen verzichtet werden. Gläubigerschutzverbände unterstützen Unternehmen bei der Forderungsanmeldung und vertreten Gläubiger bei Insolvenzverfahren um für sie die beste Quote zu erzielen.

Kundenrisiken minimieren

Kein Geschäftsabschluss mit Neukunden, ohne vorherige Bonitätsprüfung des Unternehmens. Aber auch bei Stammkunden heißt es die Finanzen immer wieder zu checken, denn nichts ist fix. Ein laufendes Monitoring der Kunden lohnt sich.

Eigenes Rating

Nicht nur Lieferanten, Neukunden, die Konkurrenz sondern auch das eigene Unternehmen hat eine Bonität und somit ein Rating. Daher gilt es auch das eigene Rating stets im Blick haben. Wirtschaftsauskunfteien und Gläubigerschutzverbände sollten daher regelmäßig auch mit neuen, relevanten Informationen versorgt werden. Damit wird das Rating verbessert und optimiert.

Die Bonität ist vor allem bei Kreditverhandlungen mit Banken von Bedeutung. Aber auch bei Geschäftspartnern, die ebenfalls Bonitätsauskünfte einholen.

Rasch handeln bei Zahlungsunfähigkeit

Ist dennoch einmal der schlimmste Fall - die Zahlungsunfähigkeit - eingetreten, dann gilt es, keine Zeit zu verlieren. Zahlungsunfähigkeit liegt per Definition vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, alle seine fälligen Schulden zu bezahlen, und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann.

Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig (= insolvent) ist, geht es darum, vielleicht doch noch das Überleben und den Fortbestand zu ermöglichen. Und freilich darum, Arbeitsplätze zu retten. Spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss die Insolvenz beim zuständigen Gericht angemeldet werden, da sonst Klagen wegen Insolvenzverschleppung drohen, wobei die Unternehmer oder Geschäftsführer persönlich haftbar sind.

Das Gericht bestellt in der Folge einen Masseverwalter, der das von der Insolvenz betroffene Unternehmen genau unter die Lupe nimmt und prüft, ob eine Sanierung möglich ist oder ob ein Konkurs unausweichlich ist. Im Falle eines Konkurses wird das Unternehmen geschlossen, die noch vorhandenen Aktiva werden verwertet (versteigert) und der Erlös anteilig ihrer Forderungen den Gläubigern ausgezahlt.

--> Siehe Artikel: "Insolvenz, Konkurs und Sanierung: Was passiert bei einer Pleite?"

Podcast: Unternehmensinsolvenz

Für Unternehmer wohl das Worst-Case-Szenario: die Insolvenz. Verbunden mit den Begriffen Konkurs, Zahlungsunfähigkeit oder Haftung löst „Unternehmensinsolvenz“ naturgemäß negative Assoziationen aus. Dabei ist die Hauptintention des Insolvenzrechts ganz klar die Sanierung von Unternehmen, welche auch den Kern der Restrukturierungsordnung bildet.

Arno Maschke, Rechtsanwalt und Partner bei Schulyok Unger & Partner, gibt einen tiefgreifenden Überblick über die Unternehmensinsolvenz, von der Einleitung des Verfahrens über die Rolle der Gläubiger bis hin zum Sanierungsverfahren und geht dabei den Frage, ob Geschäftsführer haftbar sind und wie sich die Corona-Beihilfen auf Insolvenzen ausgewirkt haben.

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