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Entspannung am Immobilien-Markt, Gremium für Lockerung der Kreditvergabe

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Immobilienfinanzierung: Die Vergaberichtlinien für Kredite sollen wieder gelockert werden.
Immobilienfinanzierung: Die Vergaberichtlinien für Kredite sollen wieder gelockert werden.©Elke Mayr
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Der Preisauftrieb am Immobilienmarkt hat nachgelassen. In der zweiten Jahreshälfte 2022 gingen Immobilienkäufe deutlich zurück. Das Gremium für Finanzmarktstabilität empfiehlt eine Lockerung der Verordnung zur Immobilienfinanzierungen.

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Der Preisauftrieb bei Immobilien hat sich zuletzt spürbar beruhigt. Zwar kletterten die Preise im Schlussquartal 2022 weiter nach oben, aber bei weitem nicht mehr so stark wie davor, zeigt eine Marktanalyse der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Demnach halbierte sich die Teuerung der Wohnimmobilien gegenüber dem Vorjahresquartal im bundesweiten Schnitt auf 5,6 Prozent (nach 12 Prozent im dritten Quartal), in Wien waren es 4,8 Prozent (nach 9,6 Prozent).

Die Preise für Wohnimmobilien deuteten zu Jahresbeginn 2023 österreichweit auf "eine Verlangsamung des seit der zweiten Jahreshälfte 2020 bestehenden Preisauftriebs" hin, so die Nationalbank mit Blick auf ihre aktuelle Immobilienmarktanalyse. Der Trend stark steigender Immobilienpreise habe sich "im vierten Quartal 2022 erstmals eingedämmt".

Allerdings auf einem seit langem überteuertem Niveau. Zwar zeigt der OeNB-Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien im vierten Quartal des abgelaufenen Jahres "eine geringere Abweichung der Preise von Fundamentalfaktoren", also eine sich abschwächende Überbewertung. Die Immobilien waren aber immer noch deutlich zu teuer: Im vierten Quartal 2022 lag der Indikator bei 34,2 Prozent, nach 37,3 Prozent im dritten Quartal. Er weise aber darauf hin, "dass die Risiken für die Finanzmarktstabilität, die sich aus dem Immobilienmarkt ergeben, nicht weiter steigen", so die Nationalbank.

Inflation drückt Nachfrage

Dies sei - neben den gegenüber dem Vorquartal leicht gesunkenen Immobilienpreisen - "vor allem auf die hohe Inflation zurückzuführen, wodurch die realen Immobilienpreise sinken". In Wien waren Wohnimmobilien laut Fundamentalpreisindikator der OeNB im vierten Quartal 2022 im Schnitt sogar um 39,6 Prozent zu teuer. Gegenüber dem dritten Quartal verringerte sich die Überbewertung um 3,1 Prozentpunkte.

Der Indikator der OeNB, der die Überteuerung von Immobilien ausschildert, setzt sich aus den Teilindikatoren reale Immobilienpreise, Leistbarkeit, Immobilienpreise zu Miete, Wohnimmobilienpreise zu Baukosten, Kredittragfähigkeit, Wohninvestitionen zu Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Zinsrisiko zusammen.

In der zweiten Jahreshälfte 2022 gingen die Immobilienkäufe in Österreich laut Nationalbank merklich zurück. Der Anteil an verkauften Objekten (in Prozent der angebotenen Immobilien) sei sowohl bei Häusern als auch bei Wohnungen "deutlich rückläufig" gewesen.

Preise sinken

Im Vergleich zum Vorquartal seien die Immobilienpreise im vierten Quartal 2022 in österreichweiten Schnitt um 2 Prozent gesunken. Im dritten Quartal war gegenüber dem Vorquartal noch eine geringfügige Verteuerung von 0,3 Prozent verzeichnet worden. Betrachtet man die Entwicklung im Bundesgebiet ohne Wien, drehte sich die Dynamik des Immobilienpreisanstiegs laut OeNB nach einem Plus von 4 Prozent im dritten Quartal auf minus 1,6 Prozent im vierten Quartal.

Die starke Wohnbaukonjunktur der letzten Jahre klingt der Nationalbank zufolge langsam ab. Die 2019 und 2020 verzeichnete Rekordanzahl an Wohnungsfertigstellungen sei 2021 mit 71.200 Fertigstellungen nochmals übertroffen worden. Doch ab 2022 sei "mit einer deutlich rückläufigen Anzahl an Fertigstellungen" zu rechnen.

Eine wesentliche Ursache für diese Abkühlung liege im Überangebot an Wohnungen, das sich zuletzt aufgebaut habe und 2023 auf 50.000 Wohnungen steigen werde. Die Bauwirtschaft sei darüber hinaus von starken Anstiegen der Bau- und Grundstückskosten, steigenden Zinsen, der Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien und sinkenden Realeinkommen betroffen.

Verordnung erschwert Finanzierungen

Seit der strengeren Auslegung der sogenannten KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) dürfen Wohnbaukredite nicht mehr länger als 35 Jahre laufen, der Eigenmittelanteil muss mindestens 20 Prozent betragen, die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen.

Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) will nicht allzu weit von zuletzt verschärften Vergaberegeln für Immobilienkredite abrücken, empfiehlt der Finanzmarktaufsicht (FMA) aber, die derzeitige Verordnung per 1. April anzupassen. Dabei geht es um zwei Lockerungen bzw. Ausnahmen von gültigen Regelungen bei Zwischenfinanzierungen und Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften.

Denn die Vergabestandards von Immobilienkrediten im dritten Quartal 2022 habe sich "zwar verbessert, ein hoher Anteil wurde aber weiterhin zu nicht-nachhaltigen Konditionen im Sinne der KIM-VO und FMSG-Leitlinie vergeben", so das FMSG. "Dazu kommt, dass der Anteil der neu vergebenen Kredite mit variabler Verzinsung seit Mitte des Jahres 2022 deutlich angestiegen ist."

1. Empfehlung: Zwischenfinanzierungen ausnehmen

Zuletzt habe der immense Zinsanstieg und Inflationsraten die Nachfrage nach Immobilien und daher nach Immobilienkrediten deutlich reduziert, hielt das Gremium weiter fest. Dies sei nicht nur in Österreich, sondern im gesamten Euroraum und weltweit zu beobachten. Insbesondere habe es auch einen Rückgang der Neukreditvergabe in Deutschland gegeben, ohne dass es die gleichen kreditnehmerbezogenen Maßnahmen gab wie in Österreich. Der dortige Immobilienmarkt sei strukturell mit dem heimischen vergleichbar. Zuletzt sollen Kreditnehmende zur Darlehensaufnahme teils nach Deutschland gegangen sein, hieß es von Banken- und Politik-Vertreterinnen und Vertretern.

Nun sollen Zwischenfinanzierungen, die im Zusammenhang mit dem Wechsel des Wohnsitzes von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern sowie deren Angehörigen stehen, vom Anwendungsbereich der KIM-VO ausgenommen werden.

"Dabei darf diese Zwischenfinanzierung im Hinblick auf das Verwertungsrisiko bis zu 80 Prozent des gemäß CRR geschätzten Marktwerts der zu veräußernden Immobilie betragen und für eine maximale Laufzeit von zwei Jahren vereinbart werden", schrieb das FMSG nach ihrer Sitzung am Montag. "Da ein Verkauf einer Immobilie vielfach mehrere Monate in Anspruch nimmt, ist es kaum möglich, seine aktuelle Wunschimmobilie zu erwerben, da diese in der Regel dann nicht mehr am Markt ist", argumentierte hierzu zuletzt etwa Arno Wimmer, Berufsgruppensprecher der Immobilienmakler im WKÖ-Fachverband, für eine Lockerung.

Zur Vermeidung übermäßiger Schwankungen empfiehlt das Gremium, eine Untergrenze von einer Million Euro für das Ausnahmekontingent eines Kreditinstituts vorzusehen. Zudem empfiehlt das FMSG, bei Paaren als gemeinsame Kreditnehmer die bisher bestehende Geringfügigkeitsgrenze pro Person festzulegen.

2. Empfehlung: Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen ausnehmen

Auch soll die FMA laut FMSG die Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften in Höhe dieser Zuschüsse für einen maximalen Zeitraum von zwei Jahren ebenfalls vom Anwendungsbereich der KIM-V ausnehmen. Diese Form der öffentlichen Zuschüsse erhöhe die Verschuldung von Kreditnehmenden schließlich nur vorübergehend.

Damit werde einerseits die Flexibilität der KIM-V erhöht, anderseits aber sichergestellt, dass die zusätzlichen Risiken daraus begrenzt bleiben, so die FMSG. Das Gremium erinnerte zudem daran, dass bereits jetzt im internationalen Vergleich großzügige Ausnahmekontingente zur Verfügung stehen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) begrüßte die Empfehlung zu den Lockerungen als "positiven ersten Schritt in die richtige Richtung". Es sei höchste Zeit, dass Zwischenfinanzierungen bei der Kreditvergabe ausreichend berücksichtigt werden können, hieß es in einer Aussendung am Montagnachmittag. Die Kreditvergabe müsse flexibler, einfacher und näher an den Bedürfnissen der Menschen gestaltet werden. "Dazu braucht es keine Aushöhlung der Regelungen, sondern eine praxisnahe Anwendung, besonders bei den möglichen Ausnahmekontingenten", so Brunner.

Im FMSG sitzen Vertreter des Finanzministeriums, von denen einer das Gremium auch leitet, sowie Vertreter der Nationalbank (OeNB), des Fiskalrats und der FMA. Die FMA folgt verpflichtenden Empfehlungen des Gremiums und ist für die Verordnung zuständig.

Zuletzt waren auf politischer Ebene vom Finanzminister Brunner abwärts Stimmen laut geworden, die Lockerung der Verordnung zu prüfen. Auch Banken- und Immobilienwirtschaftsvertreterinnen und -vertreter äußerten stetig mehr Kritik. Die Baugewerkschaft warnte zuletzt vor sinkenden Bauaufträgen und erst am heutigen Montag forderte auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) eine Lockerung der Kredit-Vergaberegeln.

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