
Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich und Johannes Braith, CEO Storebox (v. l.).
©LUKAS ILGNERJohannes Braith, Gewinner des Scale-up Awards und Entrepreneur Of The Year, und Florian Haas, EY, über Finanzierungen, Diversität – und die notwendige Verrücktheit, die Gründer aufweisen müssen.
TREND: Warum haben Sie beim EY Entrepreneur Of The Year mitgemacht? Wie profitiert Storebox vom Award?
Johannes Braith: Unternehmertum hat – nicht nur im Start-up-Bereich – viel mit der Überwindung von Rückschlägen zu tun; einen Award zu bekommen, ist daher sehr erfreulich und motiviert das gesamte Team. Wir hatten sehr viel positives Feedback, denn der EY Entrepreneur Of The Year ist eine international anerkannte Auszeichnung, die auch bei Investoren ein sehr gutes Standing hat.
Storebox ist seit fast zehn Jahren am Markt. Wie gehen Sie mit dem „Zeitalter der multiplen Krisen“ um? Sind Start-ups resilienter?
Braith: Gründer haben eine Art „Survival Mode“ in ihrer DNA, kämpfen jeden Tag ums Überleben und können Krisen daher leichter meistern. Auch wir müssen tough sein: Obwohl wir Wachstumsraten von 100 Prozent pro Jahr aufweisen, können wir uns nicht entspannt zurücklehnen, sondern verfolgen konsequent unsere Vision weiter. Entrepreneur zu sein ist sehr anstrengend, zugleich aber auch sehr erfüllend. Fast jeden Tag gibt es kleine Freuden, die mir oft mehr geben als das Erreichen großer Meilensteine.
Florian Haas: Eine gewisse Leidensfähigkeit gehört bei Start-ups immer dazu, denn nach der Gründung beginnt meistens eine wahre Achterbahnfahrt – diesen Druck muss man aushalten können. Wichtig sind daher Eigenschaften wie Kreativität, Problemlösungskompetenz und eine gewisse Verrücktheit in den Ambitionen.
Wie ist das Umfeld für Start-ups in Österreich? Wie sieht es bei Finanzierungen für weitere Wachstumsschritte aus?
Haas: Die Situation am Finanzierungsmarkt ist sehr angespannt, unabhängig davon, ob es sich um ein Frühphasen-Investment handelt oder um größere Kapitalrunden. Aktuell liegt das Volumen sogar unter dem Vor-Pandemie-Niveau, wir hoffen bis zum Jahresende auf eine leichte Entspannung.
Braith: Das veränderte Umfeld bedeutet, dass Wachstum um jeden Preis nicht mehr möglich ist. Vielmehr müssen Gründer von Anfang an darauf achten, bald die Gewinnzone erreichen zu können. Auch wird die Künstliche Intelligenz viele Geschäftsmodelle und Ideen durcheinanderwirbeln oder sogar obsolet machen.
Storebox setzt erfolgreich auf Diversität. Warum?
Braith: Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt wollten wir bewusst eine Unternehmenskultur aufbauen, die einzigartig ist. Chancengleichheit ist ein zentraler Bestandteil davon – und wirkt sich positiv auf die Entwicklung von Storebox aus.
Haas: Diversität hat in der Start-up-Szene stark zugenommen: Früher waren Gründungsteams rein männlich, heute nicht mehr. Weil Gründer für ihre Teams Menschen mit speziellen Fähigkeiten benötigen, suchen sie zudem international, daher gibt es bei Start-ups auch bezüglich Backgrounds und Nationalitäten viel Diversität.
Die neue Bundesregierung verspricht bessere Rahmenbedingungen für Gründer – wie auch die Regierungen davor. Was erwarten Sie?
Haas: Österreich ist leider nicht das Gründungsland Nummer eins. Auch wenn Reformschritte wie die FlexCo und die Reform der Mitarbeiterbeteiligung gesetzt wurden, liegen viele Forderungen seit Jahren auf dem Tisch und werden nicht umgesetzt. Am wichtigsten wäre es, mehr privates Kapital für Gründer zu mobilisieren, beispielsweise über steuerliche Erleichterungen.
Braith: Meine Hoffnung auf große Reformschritte schwindet von Jahr zu Jahr. Doch wenn niemand mehr Unternehmer sein möchte und Gründer ins Ausland abwandern, fügt das dem Wirtschaftsstandort einen nachhaltigen Schaden zu. Denn Wohlstand wird durch Unternehmen erzeugt – der Staat kann schließlich nur Geld verteilen.
EY Entrepreneur Of The Year
Die Auszeichnung würdigt herausragende unternehmerische Leistungen. Ausgezeichnet werden Unternehmer:innen mit Eigeninitiative, Weitsicht und Innovationsfreude. Die österreichischen Topunternehmer:innen des Jahres werden in den Kategorien „Social Entrepreneur“, „Handel & Konsumgüter“, „Dienstleistungen“ sowie „Innovation & Hightech“ ausgezeichnet, dazu kommt der „Scale-up Award“. Einer der ausgezeichneten Entrepreneure vertritt Österreich beim EY World Entrepreneur Of The Year 2025 in Monte-Carlo. www.eoy.at