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Rote Kabale im Standby-Modus [Politik Backstage]

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Ein Comeback an die Parteispitze? In ÖVP und SPÖ schwelt in den Lagern von Sebastian Kurz und Hans Peter Doskozil die Hoffnung.
Ein Comeback an die Parteispitze? In ÖVP und SPÖ schwelt in den Lagern von Sebastian Kurz und Hans Peter Doskozil die Hoffnung.©APA/Hans Klaus Techt
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In ÖVP und SPÖ gibt es ein Lauern auf eine Comeback-Chance an der Parteispitze. Hier Sebastian Kurz, dort Hans Peter Doskozil. Welche Abstimmungs-Panne Andreas Babler vor dem schmählichen letzten Platz bei der Mitglieder-Abstimmung gerettet haben soll. Wann das Doskozil-Lager die Chance auf ein Comeback wittert. Warum das die Gegner des Burgenländers aber kalt lässt.

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Mitte dieser Woche sorgte ein Gerücht im Regierungsviertel für helle Aufregung. Ex-Kanzler Sebastian Kurz werde dieser Tage erstmals eine Anklage-Schrift zugestellt. Der türkise Messias a.D. müsse sich wohl im Herbst wegen des Vorwurfes der falschen Zeugenaussage vor Gericht verantworten. Damit käme Bewegung in eine seiner beiden offenen Justiz-Causen.

In Sachen Inseraten-Korruption ist eine Entscheidung der Anklage-Behörde aber noch lange nicht absehbar. Schlüssel-Figuren im Kurz-Kosmos wie Ex Pressesprecher Johannes Frischmann wurden zu den Vorwürfen bis heute noch kein einziges Mal einvernommen. WKStA und Anwälte liefern sich nach wie vor juristische Scharmützel, etwa um die volle Einsicht in Beweismittel. Vor der Generalprokurator ist gerade eines um die Herausgabe einer Video-Aufzeichnung des “Geständnisses” anhängig, in dem die Kronzeugin Sabine Beinschab die Kurz-Partie in Sachen Umfrage- & Inseratengeschäfte schwer belastet.

Das Breaking-News-Gerücht, Kurz wird noch im Juni angeklagt, war, zumindest was das Tempo betrifft, ein Fehlalarm. Die WKStA hat zwar ihrerseits die Akte Falsch-Aussage bereits an Justizministerium und Weisungsrat zur Freigabe übermittelt. Bis zu grünem Licht für eine allseits erwartete Anklage heißt es nun doch noch, bitte warten.

An das Agieren der Justiz knüpfen Kurz-Gegner den dringenden Wunsch, dass nun auch auf juristischer Ebene mit dem Ex-Kanzler abgerechnet werde.

Lauern auf Comeback-Chance in ÖVP und SPÖ

Kurz-Fans erhoffen sich so wie er selber eine Reinwaschung vor einem unabhängigen Richter - als Sprungbrett für ein Comeback. Je misslicher die Umfragen für die Nehammer-ÖVP, desto mehr gewinnen die Anhänger ihres Idols in der ÖVP wieder an Boden.

Der gefallene Obertürkise tut derweil auch alles, um weiter im Gespräch zu bleiben. Er postet Baby-Fotos zum Vatertag auf Instagram und Videos seiner Auftritte als Redner und Diskutant auf Twitter.

Privatmann und Staatsmann

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Sebastian Kurz ist seit kurzem aber nicht der einzige Ex-Spitzenmann im Regierungsviertel, der in der Etappe ungeduldig darauf lauert, wann sich eine Chance für ein Comeback auftun könnte.

Burgfriede in der SPÖ

Nach jahrelangem Machtkampf um die Parteispitze und zuletzt wochenlangen Skandal-Schlagzeilen, ist in der SPÖ zwar vergleichsweise Ruhe eingekehrt. Andreas Babler und seine Truppe aus der “Sozialistischen Jugend” haben Schlüsselpositionen in Partei und Parlamentsklub übernommen. Abgeschlossen sind die roten Kabalen um das Kapitel „Hans Peter Doskozil und die SPÖ-Führung“ aber noch lange nicht. Das lassen auch Doskozils Anhänger unmissverständlich wissen.

Nachdem der erste Schock ob des Zahlensturzes bei der Stimmenauszählung am Parteitag verdaut ist, werden in deren Kreisen erste Narrative herumgereicht, die belegen sollen: Der Bürgermeister von Traiskirchen sitzt zu Unrecht im Chefzimmer in der Wiener Löwelstraße.

Übereifrige Rendi-Fans ersparten Babler ruhmlosen letzten Platz

Im Doskozil-Lager machte zuletzt vor allem eine Episode bei der Stimmenauszählung die Runde: Wie dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler durch eine Laune des Schicksals der letzte Platz in der Mitglieder-Befragung hinter Rendi-Wagner erspart gebleiben sei.

Von der glücklosen SPÖ-Wahlkommission hätten nämlich 740 Stimmen für die Ex-Parteichefin für ungültig erklärt werden müssen, weil mutmaßlich ältere Genoss:innen bei Ihrer Stimmabgabe für Rendi-Wagner auf Nummer sicher gehen wollten. Sie schnitten den Teil des Stimmzettels, auf dem die anderen Kandidaten zur Wahl standen mit der Schere ab und schickten damit einen verstümmelten Stimmzettel per Post an die SPÖ-Parteizentrale. Diese Stimmzettel hätten aus formalen Gründen für ungültig erklärt werden müssen.

Die SPÖ-Pressesprecherin Patricia Huber dementiert diese Zahl. Es seien insgesamt nur 218 Stimmzettel ohne QR-Code gewesen.

Andreas Babler und Pamela Rendi-Wagner trennten bei der Mitgliederbefragung am Ende mit 33.703 zu 33.528 nur 175 Stimmen.

Dosko-Anhänger: Letztes Wort in Sachen SPÖ-Spitze noch nicht gesprochen

Gipfelpunkt des burgenländischen Narrativs, das auf dem Bericht eines Mitglieds der Wahlkommission fußt: Hätten die 740 verstümmelten Pro-Rendi-Stimmzettel gezählt, dann wäre Andreas Babler nicht überraschend auf dem zweiten, sondern auf dem ruhmlosen letzten Platz gelandet. Ein Doskozil-Vertrauter meint: „Wer weiß, ob sich Andreas Babler dann getraut hätte, beim Parteitag anzutreten.“

Für das Doskozil-Lager ein Grund mehr denn je zu glauben: Das letzte Worte in Sachen SPÖ-Führung ist für den Burgenländer noch lange nicht gesprochen.

Doskozil setzt auf der Vorderbühne auf Business as usual

Hans Peter Doskozil macht derweil demonstrativ auf Business as usual. Der österreichweit einzige noch mit absoluter Mehrheit regierende Landeschef setzt seine populäre Wohlfahrts-Politik fort.

Anfang der Woche rief der SPÖ-Landeshauptmann das Projekt „Gratis-Nachhilfe an Pflichtschulen“ aus. Was aufs erste danach klingt, dass ab dem kommenden Schuljahr alle 17.000 Pflichtschüler im Burgenland, die Nachhilfe in Anspruch nehmen müssen oder wollen, diese nun überall und jederzeit kostenlos bekommen könnten. In Wahrheit stellt das Land Burgenland 32 zusätzliche Lehrer an, die nachmittags Förderstunden modellhaft vor allem in Mathematik und Englisch in Kleingruppen anbieten sollen.

Es ist einmal mehr ein Pilot-Projekt mit politischer Signalwirkung: Seht her, was alles möglich ist, wenn ich etwas zu sagen habe.

Doskozil: Kampfabstimmung nach Mitglieder-Entscheid war ein Fehler

Eine öffentliche Aufarbeitung seiner Niederlage im roten Machtkampf meidet der machtbewusste Burgenländer bisher.

Dass er sich nach seinem ersten Platz bei der Mitgliederbefragung entgegen seinem Credo doch zu einer Kampfabstimmung auf einem Parteitag hinreißen ließ, sieht er inzwischen als Fehler. Bei den Funktionären hatte Doskozil sehr viele Sympathien wegen seines Dauerkonflikts mit der Parteispitze verspielt. Bei den Mitgliedern blieben indes die Sympathien für den roten Populisten weitgehend unbeschadet.

Dosko-Gegner: "Comeback-Frage erledigt sich von selbst."

Wenn es nach Andreas Babler geht, dann werden die Mitglieder in der SPÖ künftig zuvorderst das Sagen haben.

Die Fans von Hans Peter Doskozil geben nicht nur deshalb die Parole aus: „Schauen wir mal, wie in ein, zwei Jahren die Lage der SPÖ ist.“ Sprich: Wie sich Andreas Babler nach seinem Heimspiel bei den Funktionären bei den Wählern nachhaltig schlägt.

Im Lager der wichtigsten Unterstützer von Andreas Babler und zugleich schärfsten Gegner von Hans Peter Doskozil sehen Spitzenfunktionäre die neue SPÖ-Lage weiterhin entspannt. Ondits aus dem Burgenland, Doskozils Rückzug ins Burgenland sei nicht für immer, lassen in der Wiener SPÖ keine Sorgenfalten aufkommen: „So tragisch es persönlich ist: Die letzten Monate haben gezeigt, seine Stimme wird immer schwächer statt stärker. Die Frage, ob Doskozil noch einmal zum Herausforderer um die SPÖ-Spitze werden kann, wird sich daher von selbst erledigen.“

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