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Aussage des IV-Präsidenten zu Pensionen erregt Gemüter

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IV-Präsident macht sich im Pensionistenverband keine Freunde
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Die Forderung des Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill nach einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 70 hat am Donnerstag die Gemüter erhitzt. Kritik kam vom SPÖ-nahen Pensionistenverband (PVÖ), der Gewerkschaft, den Freiheitlichen und den Grünen. "Wer jetzt nach einer Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters schreit, der betreibt reine Polemik und schafft Unsicherheit", fand etwa der interimistische PVÖ-Präsident Helmut Bieler.

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Knill hatte tags zuvor in der ZIB2 auf mehrfache Nachfrage gemeint: "Wir können gerne Richtung 70 gehen." Das sei vor Kurzem in Dänemark im Konsens beschlossen worden, "warum soll es in Österreich anders sein". Jedenfalls brauche es eine "ehrliche Diskussion", derzeit werde negiert, dass das System nicht gesichert sei. Es brauche eine Bundesregierung, "die ehrlich und mutig die Reformen implementiert", so Knill.

Das will der Pensionistenverband nicht auf sich sitzen lassen. Statt einer Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters seien vielmehr Jobs für Personen über 50 notwendig. Zudem brauche es Maßnahmen, damit Menschen länger gesund im Erwerbsleben verbleiben können. Die Annahme, dass ältere Arbeitnehmer nicht arbeiten wollen, sei falsch. Vielmehr fehlten die entsprechenden Arbeitsplätze, argumentierte Bieler.

"Hätte Herr Knill vor seinen Aussagen recherchiert, so hätte er folgende unmissverständliche Zahlen gefunden: Personen über 50 sind die am stärksten von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Gruppe", betonte der interimistische PVÖ-Präsident. Bundesweit sei ein Drittel der Langzeitbeschäftigungslosen über 50 Jahre alt, ein Viertel älter als 55. Grund dafür sei vor allem die oftmals immer noch sehr altersfeindliche Einstellung der Wirtschaft. Daher fordere der Pensionistenverband seit Jahren ein Bonus-Malus-System, das jene Betriebe belohnt, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen bzw. neu einstellen und jene sanktioniert, die im großen Stil frühpensionieren oder ältere ArbeitnehmerInnen aus dem Betrieb drängen.

Kritik kommt auch von den Freiheitlichen in Person von Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Wenn Knill meine, dass man das Antrittsalter auf 70 anheben könne, dann sei das "nicht nur völlig realitätsfern und zynisch, sondern auch eine Form von Bashing älterer Arbeitnehmer in neoliberaler Manier", so Belakowitsch. Als Chef der Industriellenvereinigung sollte er sich vielmehr damit befassen, wie jungen Menschen durch steuerliche Vergünstigungen ein rascherer Einstieg ins Berufsleben ermöglicht werden könne, oder Langzeitarbeitslose und ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung gehalten werden könnten.

Scharfe Worte fand auch der Grüne Sozialsprecher Markus Koza: Die Forderung von Knill sei "klar abzulehnen". Jetzt geht es vor allem darum, das effektive Pensionsantrittsalter an das geltende gesetzliche heranzuführen. Diskussionen über Arbeiten bis 70 helfen uns da keinen Millimeter weiter, sondern zeugen nur von einer unglaublichen Abgehobenheit." Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen - gerade auch bei älteren Menschen sei die Forderung "absurd und zynisch".

"Jeder, der sich seriös mit dem österreichischen Pensionssystem beschäftigt, weiß, dass die Pensionen gesichert sind und dass man an mehreren Schrauben drehen muss, wenn man möchte, dass sich das faktische Pensionsantrittsalter erhöht", erklärte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Mittlerweile gehe jeder Vierte nicht aus Erwerbstätigkeit in Pension, sondern nach einem Krankenstand oder aus der Arbeitslosigkeit. Auch Katzian will Unternehmen in die Pflicht nehmen, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen.

Hart ins Gericht mit Knill ging GPA-Vorsitzende Barbara Teiber: "Das ist kein seriöser Vorschlag, das ist eine bewusste Provokation - gegen alle, die ihr Leben lang gearbeitet haben und oft mit 60 bereits um ihre Gesundheit oder ihren Arbeitsplatz kämpfen." Das habe nichts mit Arbeitsmarktpolitik zu tun, "das ist schlicht Zynismus", so Teiber.

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