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Forderungsmanagement: Zahlungskrisen aktiv vorbeugen

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Das aktive Forderungsmanagment gehört zu den Pflichten eines jeden Unternehmens.
Das aktive Forderungsmanagment gehört zu den Pflichten eines jeden Unternehmens.©Elke Mayr
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Wenn Kunden ihre Rechnungen schuldig bleiben kann das auch solvente Unternehmen in Schwierigkeiten bringen. Ein effektives Forderungsmanagement ist daher ein gutes Präventionsinstrument im Rahmen des betrieblichen Krisenmanagements.

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Zahlungsausfälle durch Forderungsmanagement vermeiden

Eine Zahlungskrise oder auch Liquiditätskrise gehört zu den schwierigsten Situationen, in die ein Unternehmen kommen kann. Wenn der Geldfluss abreißt, dann wird es schnell eng, denn die Kosten laufen gleichzeitig ungebremst weiter. Löhne müssen bezahlt werden, Lieferanten bedient werden, Rechnungen beglichen werden und natürlich auch laufende Versicherungsbeiträge geleistet werden.

Eine der wichtigsten Aufgaben um einen Liquiditätsengpass und Zahlungskrisen zu vermeiden ist daher ein entsprechendes Forderungsmanagement. Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH, erklärt dazu: „Kleine wie große Unternehmen sehen sich in der Situation, dass Geschäftspartner nicht zahlen. Sie laufen ihrem Geld nach, was dramatische Folgen haben kann."

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Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH

© Elke Mayr

Das Betreiben und Eintreiben offener Forderungen ist daher nicht nur eine leidige und mühselige Sache. Es bedeutet auch zusätzlichen Aufwand und Kosten. Kapital ist gebunden und bei höheren Außenständen wird auch die Liquidität des eigenen Unternehmens belastet. Koch: "Es geht vor allem auch darum, die eigene Liquidität zu sichern und Umsätze zu generieren.“ Das Kredit- oder Forderungsmanagement eines Unternehmens muss daher darauf abzielen, Zahlungsverzüge und Forderungsausfälle so gering wie möglich zu halten und so die notwendige Liquidität des Unternehmens jederzeit zu wahren.

Debitorenmanagement und Bonitätsprüfung

Ein effizientes Forderungsmanagement beginnt daher bereits beim Debitorenmanagement, beim Management der Schuldner und im ersten Schritt mit der Bonitätsprüfung der jeweiligen Geschäftspartner. Im Idealfall, gleich zu Beginn der Geschäftsbeziehung. Auf jeden Fall aber bevor der erste größere Auftrag angenommen wird und höhere Summen im Spiel sind. "Eine objektive und transparente Bonitätsprüfung sorgt für sichere Geschäfte und hält damit den Wirtschaftskreislauf am Leben“, betont Gerhard Wagner, Geschäftsführer KSV1870 Information GmbH.

Die Basis für diese Prüfung sind die Hard Facts. Bilanzen, Jahresabschlüsse, die Eigenkapitalquote, die Umsatz- und Gewinnentwicklung, die Kostenstruktur oder die Rentabilität. Unternehmen sollten diese Key Performance Indicators (KPIs) jederzeit präsentieren können. Die Zahlungsfähigkeit der Geschäftspartner vorab zu prüfen ist bei gerade großvolumigen Aufträgen sowie bei der Bestimmung von Lieferumfängen in deren Zusammenhang unbedingt ratsam. Es empfiehlt sich außerdem, eine Bonitätsprüfung in regelmäßigen Intervallen zu wiederholen, da sich die wirtschaftliche Lage natürlich auch wieder ändern kann. Man sollte sich als Unternehmer auch keinesfalls auf gute Bewertungen, wie sie etwa auf Online-Portalen zu finden sind, verlassen. Dort ist die Gefahr von Manipulationen viel zu groß.

Im Business-Alltag zählen auch nur die Auskünfte von anerkannten Stellen, die auf verifizierte Daten zurückgreifen können. Im Zuge der Digitalisierung wurde dabei vieles automatisiert. Viele Auskunfteien arbeiten bereits mit solchen Lösungen zur Risikobestimmung. Das mag in vielen Fällen genügen und auch auf Knopfdruck ein passables Ergebnis liefern. Große Gläubigerschutzverbände wie der KSV1870 verlassen sich dennoch nicht zur Gänze auf rein digitale Analysen und beschäftigen eigene Experten, die Zahlen hinterfragen, zusätzlich recherchieren und Kontakt zu den Unternehmen halten. "Das galt nicht immer als modern, erweist sich jetzt aber als Vorteil", betont Wagner: „Aktuell zählt in der Wirtschaft nur mehr die recherchierte, brandaktuelle Auskunft.“

Schutz durch Kreditversicherung

Aufgrund der vielen Unwägbarkeiten im Wirtschaftsleben kann es natürlich trotz eingehender Bonitätsprüfungen zu Zahlungsausfällen kommen. Dagegen können sich Unternehmen durch Kreditversicherungen schützen. Eine solche Kreditversicherung oder Forderungsausfallversicherung empfiehlt sich umso mehr, je größer die Zahl großvolumiger Aufträge ist.

Mit derartigen Kreditversicherungen (Lieferantenversicherungen) werden die Risiken vom Lieferanten abgesichert, die Waren liefern, deren Bezahlung oft erst 30 bis 180 Tage später erfolgt. Besonders bei großvolumigen Lieferungen mit langfristigen, bis zu sechs Monate dauernden Zahlungszielen, wäre andernfalls das Risiko der Lieferanten zu groß. Den Berechnungen der weltweit führenden Kreditversicherungsgruppe Allianz Trade (in Österreich Acredia) liegt das jährliche Volumen dieser Kreditversicherungen alleine in Deutschland bei rund 340 Milliarden Euro.

Das Ziel einer solchen Kreditversicherung ist, Unternehmen Schutz vor Liquiditätsengpässen zu bieten, die aus Forderungsausfällen entstehen können. Voraussetzung für den Abschluss einer solchen Versicherung ist eine zuvor erstellte Bonitätsprüfung. Der Versicherungsfall tritt ein, wenn der Abnehmer zahlungsunfähig wird oder in Zahlungsverzug gerät. Die Höhe der Entschädigungen liegt im Fall einer abgeschlossenen Versicherung bei 70 bis 90 Prozent der Nettoforderungen im Gegensatz zu der oft bescheidenen Quote, die Gläubigern im Falle einer Insolvenz zugesprochen wird.

Eine solche Versicherung kann auch das "Fabrikationsrisiko" umfassen. Darunter versteht man die Absicherung von Leistungen oder des Wareneinsatzes wenn ein Auftraggeber während der Produktion zahlungsunfähig wird.

Forderungsmanagement in 5 Schritten

1. Grundsatzbestimmung: Im Unternehmen muss grundsätzlich klar festgelegt sein, ob und in welchem Umfang es überhaupt Zahlungen auf Kredit geben soll und wie mit Forderungen daraus umgegangen werden soll. Grundsätzlich wird man als Unternehmer daran aber kaum vorbei können. Lieferungen nach Vorkasse oder Bezahlungen bei Übergabe nehmen im Geschäftsleben eine immer geringere Rolle ein. In dem Zusammenhang sollte auch der maximale Forderungsstand je Kunde und die Dauer dessen Außenstands bestimmt werden.

2. Planung: In diesem Schritt müssen die möglichen Forderungen mit dem Controlling abgestimmt werden und der potenzielle Forderungsbestand im Budget einkalkuliert werden.

3. Handlung und Entscheidung: Es muss festgelegt werden, wie im Rahmen des Budgets mit offenen Zahlungsforderungen an Kunden umgegangen werden soll und welche Maßnahmen gesetzt werden.

4. Organisation des Forderungsmanagements: Bestimmung der Zuständigkeiten: Soll das Forderungsmanagement und das Eintreiben im Unternehmen erfolgen und bis zu welchem Grad? Gibt es eine geeignete Software für das Management der Außenstände? Das Zahlungsmanagement und das Mahnwesen kann auch an externe Inkassofirmen übertragen werden. Das Inkassobüro erhält dabei eine Vollmacht zum Eintreiben der Forderungen.

Weitere Details zum Forderungsmanagement über Inkassobüros finden Sie im Artikel: "Wenn Kunden nicht zahlen: Geldforderungen über Inkasso".

5. Kontrolle: Ein Inkassobüro zur Eintreibung einer offenen Forderung auch mit einer sogenannten Titelüberwachung beauftragt werden. Im Rahmen einer solchen Titelüberwachung können Außenstände von Schuldnern bis zu 30 Jahre nach der ursprünglichen Fälligkeit eingetrieben werden - inklusive der dann zumeist erheblichen Zinsen und Bearbeitungskosten. Das Zahlungsverhalten der Kunden sollte daher laufend beobachtet werden.

Dolose Handlungen im Forderungsmanagement

Unter "dolosen Handlungen" werden in der Fachsprache von Wirtschaftsprüfern Bilanzmanipulationen, Untreue, Unterschlagung und alle anderen zum Schaden des Unternehmens vorsätzlich durchgeführten Handlungen zusammengefasst. Also Strafbestände aus der Wirtschaftskriminalität, die vorsätzlich herbeigeführt oder grob fahrlässig in Kauf genommen werden.

Im Zuge des Forderungsmanagements sollte besonders bei größeren Außenständen vermehrt darauf geachtet werden, dass man als Gläubiger und eigentlich Begünstigter nicht in den Verdacht der Bilanzmanipulation oder Bilanzfälschung kommt. Folgende Punkte sollten dabei beachtet werden:

  • Die Einbringlichkeit der Forderung im Rahmen der Planung oder im Jahresabschluss muss richtig bewertet werden.

  • In weiterer Folge auch das korrekte Ausweisen der offenen Forderungen in der Bilanz.

  • Es kann als grob fahrlässig bewertet werden, einen potenziellen Kunden nicht auf seine Kreditwürdigkeit zu prüfen.

  • Eine zu frühe Ausbuchung einer Forderung aufgrund einer (scheinbaren) Uneinbringlichkeit kann zum Bumerang werden.

  • Auch das Nicht-Abschreiben einer uneinbringlichen Forderung zählt dazu und kann als Bilanzmanipulation gewertet werden.

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