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Abgastest für Pickerl: Onboard-Diagnose statt Vollgastest

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Abgaswerte-Test für § 57a Pickerl Österreich: Software-Diagnose ersetzt Vollgastest am Stand
Die Abgaswerte bei der Pickerl-Prüfung müssen bei Fahrzeugen der Abgasnorm Euro 5 und 6 nicht mehr am Auspuff gemessen werden.©istock
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Die motorschädigende Abgas-Endrohrmessung am Auspuff im Rahmen der jährlichen § 57a-Begutachtung kann seit einer Gesetzesnovelle durch eine moderne On-Bord-Diagnose-Software (OBD) ersetzt werden. Welche Fahrzeugentypen dafür geeignet sind und wie sichergestellt wird, dass ein solches Diagnosegerät verwendet wird. Die nächsten Innovation der Abgasmessung: der Partikelzähler, doch da gibt es Probleme.

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Seit wann werden Abgastests durchgeführt?

Seit den 1970iger Jahren müssen Autos im Rahmen jeder Pickerl-Prürfung die Abgaswerte gemessen werden. Die Art und Weise, wie die Abgase gemessen werden, hat sich als Folge des Dieselskandals, bei der durch Manipulation der Software bei der Messung der Emissionen getrickst wurde, und durch neue technische Lösungen in den letzten Jahren erheblich verbessert, sofern diese angewendet wird.

Was wird bei einem Abgastest geprüft?

Bei Abgastests wird überprüft, ob die Abgasvorrichtungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor funktionieren und so die von der EU vorgeschriebenen Grenzwerte für die jeweilige EU-Abgasnorm eingehalten werden können.

Verordnung zur Abgasmessung in Österreich: Was seit 2018 neu ist

2018 gab es hitzige Diskussionen darüber, ob die bis dahin eingesetzte Endrohrprüfung zur Prüfung von Abgaswerten bei der Pickerl-Prüfung (§ 57a) entfallen soll und durch die sogenannte On-Board-Diagnose (OBD) - eine reine Prüfung der Abgaswerte - durch eine Software ersetzt werden soll oder nicht. Das Argument der Gegner damals war, diese Messmethode sei zu ungenau und damit würde jeder Stinker den Abgastest bestehen. Die Kritiker konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Novelle Pickerlgutachten nach §57a ermöglicht On-Board-Diagnose

Seit 20. Mai 2018 ist das Auslesen von Daten über die C02-Emission von Fahrzeugen durch die 9. Novelle der Prüf- und Begutachtungsverordnung zum § 57a Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) möglich. Diese Novelle ermöglicht es Werkstätten im Rahmen der Pickerl-Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen das Auslesen des On-Board-Diagnose-Systems (OBD) an Stelle der mechanischen Abgasmessung am Auspuff. Durch die Novelle zur Abgasmessung in Österreich wurden auch die Anforderungen an die Leistung der Abgasmessgeräte erhöht. Diese müssen einen Fehlerspeicher aufweisen und die Überprüfung der Motorkontrollleuchte vorsehen. Vermehrte Manipulationsversuche wurden seither auch nicht festgestellt.

Die 9. Novelle Prüf- und Begutachtungsverordnung zur Abgasmessung im Detail

Was versteht man unter On-Board-Diagnose (OBD)?

Seit der Novelle der Prüf- und Begutachtungsstellen-Verordnung bei Fahrzeugen der Klassen Euro 5 und Euro 6 kann die Funktionsfähigkeit des Abgassystems mit Hilfe der On-Board-Diagnose bestimmt werden. "Bei neueren Fahrzeugen werden Fehler bei der Motorelektronik und der Abgasnachbehandlung bereits vom Fahrzeug selbst erkannt. Das Fahrzeug macht mittels Warnlampe auf Fehler im System aufmerksam und wird so meist nicht erst bei der Abgasprüfung erkannt. Die Abgasüberwachung läuft automatisch sobald die Zündung eingeschaltet ist", erklärt Arbö-Cheftechniker Groiss.

Für die On-Board-Diagnose reicht die entsprechende Software und eine Schnittstelle zum Fahrzeug. Eine solche Schnittstelle ist bei neuen Fahrzeugen bereits verpflichtend eingebaut.

Abgastest: Voraussetzungen, um Endrohrmessung durch eine Computerdiagnose zu ersetzen

Die Voraussetzungen, um die Endrohrmessung durch ein OBD-Methode zu ersetzen, sind laut Verordnung gegeben,
- wenn zum einen das zu prüfende Fahrzeug nach der Abgasnorm Euro 5 oder Euro 6 typisiert ist.
- Zum anderen ist jedoch auch von Nöten, dass die jeweilige Werkstatt über das dafür notwendige Diagnosegerät verfügt.

Abgasnorm der Modelle hängt von Erstzulassung ab

Welcher Abgasnorm das jeweilige Modelle entspricht, hängt vom Zeitpunkt der Erstzulassung ab. Ab dem Jahr 2008 durften bis September 2015 nur noch Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 neu zugelassen werden. Die Euro-6-Vorschrift ist seit dem 1. September 2015 für alle in der EU neu zugelassenen Fahrzeuge bindend. Welche Abgasnorm das Fahrzeug erfüllt, steht im Zulassungsschein.

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Ohne Vollgas geben zu müssen, werden heute Fahrzeuge auf ihren Abgasausstoß mit moderner On-Board-Diagnose im Zuge der Pickerl-Prüfung getestet. Vollgas am Stand zu schauen, ob hinten Rußpartikel herauskommen, ist nach wie vor üblich, aber schädlich für Fahrzeug und Umwelt.

© Arbö

So stellen Besitzer sicher, dass ihr Auto mit Diagnosegerät geprüft wird?

Wer verhindern will, dass sein Auto bei der Pickerlprüfung durch einen möglicherweise fahrzeugschädigenden Vollgastest gequält wird, fragt zunächst am besten vor dem Fahrzeugcheck nach wie der Abgastest durchgeführt. Wenn die Werkstatt über kein Diagnosegerät verfügt, bleibt nur die Werkstatt zu wechseln. Um hinterher zu prüfen, ob auch wirklich die schonendere Diagnose mittels moderner Software durchgeführt, reicht ein Blick auf das danach ausgestellte Protokoll. Darin wirkt vermerkt, wenn der Abgastest elektronisch durchgeführt wurde. "

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Arbö-Cheftechniker Erich Groiss empfiehlt Abgastests mit dem On-Board-Diagnosesystem.

© Franz Miedler

Welche Abgasgrenzwerte werden bei Euro 6 und Euro 6d gemessen?

Die EU hat mit den Euro-Abgasvorschriften ein System entwickelt um Schadstoffe zu reduzieren. Für Kohlenstoffmonoxid (CO), Stickstoffoxide (NOx), Kohlenwasserstoffe (HC) und Partikel (PM) gibt es laufend verschärfte Grenzwerte. Dadurch wurden die Emissionen im Straßenverkehr drastisch reduziert. Geprüft werden:

  • Kohlenwasserstoffe HC

  • Stickoxide NOx

  • Kohlenstoffmonoxid CO

  • Nichtmethankohlenwasserstoff NMHC (bei Euro 5 noch nicht gemessen)

  • Feinstaub

  • Partikel (bei Euro 5 bei Benzinern noch nicht gemessen)

Euro 7: Einführung 2025 geplant - EU-Grenzwerte-Vorgaben extrem hoch

Die nächste Abgasnorm, die Euro 7, mit weiteren, diesmal besonders massiven Verschärfungen bei Abgasgrenzwerten soll wenn alles klappt für Pkws am 1. Juli 2025 in Kraft treten, für Lkw und Busse ab Mitte 2027. Der maximale Stickstoffausstoß neu zugelassener Dieselfahrzeuge muss bis dahin von 80 mg/km auf den Benziner-Wert 60 mg/km sinken. Der erlaubte Ausstoß Kohlenmonoxid (CO) bei Benzinern wird auf das Diesel-Limit von 500 Milligramm halbiert. "Nach Ansicht von Autoherstellern sind die Vorgaben aber derzeit nicht machbar", so Arbö-Cheftechniker Erich Groiss.

Exkurs: Wozu dient ein Partikelfilter?

Um den Abgasausstoß zu senken, werden bei Dieselfahrzeugen und immer öfter auch bei Benzinern Partikelfilter eingesetzt. Sie sind in der Lage, mehr als 90 Prozent des Rußes von Dieselfahrzeugen auszufiltern und zu verbrennen, – darunter auch Feinstaubpartikel, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Bei Benzinern liegt der Anteil der Fahrzeuge, die mit einem solchen Schadstofffilter ausgestattet sind bei an die 50 bis 60 Prozent.

Was kostet der Tausch eines Partikelfilters?

Ein Partikelfilter hält jedoch nicht ewig. Der Filter kann verstopfen oder wird beschädigt. Ist ein gewisser Grenzwert an Asche im Filter erreicht, lässt sich der Filter auch in der Werkstatt nicht mehr korrigieren und muss ersetzt werden. Der Austausch eines Partikelfilters kostet zwischen 1.000 und 2.000 Euro.

Diesel-Fahrzeuge stoßen heute rund 95 Prozent weniger Partikel aus als noch 1992

Die Stickstoffoxid-Emission liegt bei einem modernen Verbrennungsmotor rund 90 Prozent laut einer Untersuchung "Unsere Luft" der TU Wien in Zusammenarbeit mit dem Öamtc unter dem Wert von Anfang der 1990er Jahre. "Schon heute kann sich deshalb niemand mehr mit einem laufenden Motor in einem geschlossenen Raum mehr vergiften", stellt Groiss fest.

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So funktioniert die Endrohrmessmethode bei der § 57a Prüfung

Bei der Endrohrmessung läuft das Fahrzeug ohne eingelegten Gang einige Sekunden am Stand auf Vollgas. Während dessen wird am Endrohr, also am Auspuff, mit einer Sonde eine mögliche Schwärzung durch Ruß am Abgasstrang gemessen und bewertet. Der damalige Verkehrsminister Norbert Hofer bezeichnete diese Abgasmessung als "eine Methode aus der Steinzeit."

"Bei der Endrohrmessung wird im Grunde nur gemessen, ob der Partikelfilter dicht und damit funktionsfähig ist oder nicht", meint Andrej Prosenc, Techniker beim Verkehrsclub Öamtc.

Der Arbö-Chetechniker ergänzt: "Bei der §57a-Überprüfung können bei der Endrohrmessung lediglich Feinstaubwerte, jedoch keine NOx-Werte gemessen. Bei dieser Form der Überprüfung ist technisch auch nicht mehr möglich. Kleinste Partikel können im Gegensatz zur On-Board-Diagnose gar nicht erfasst werden."

Diese Schäden durch Abgastest mit Vollgas sind möglich

Die Endrohrmessung ist für jedes Auto ein Horror

Erich Groiss

Welche Schäden beim Vollgastest am Stand entstehen können

„Diese Praxis zur Messung der Abgase, die teilweise noch immer angewendet wird, sind für jedes Auto ein Horror“, meint Arbö-Cheftechniker Groiss. Denn für die Messung müssten die Autos am Stand mit Vollgas betrieben werden. „Selbst die drei, vier Sekunden, die dafür notwendig sind, können beim Auto bereits großen Schaden anrichten.

Auf diese Weise kann es zu einem Motorschaden kommen. Durch das Hochdrehen des Motors am Stand kann auch der Zahnriemen reißen. Durch die schnelle und hohe Beschleunigung kann es auch zu Schäden am Turbolader kommen. Wenn nach Einschätzung von Groiss bei so entstehenden Schäden meist bereits ein Vorschaden bestanden hat. Wenn das für Betroffene auch kein Trost ist.

Zumindest werden die Modelle der Abgasnorm Euro 5 und 6 für die der Endrohrtest für die Abgasprüfung angewandt wird, mittlerweile bei einer Drehzahl von rund 2.000 bis 3.000 Umdrehungen am Stand abgeriegelt werden und so die Gefahr von Schäden minimiert werden.

Schäden durch Endrohrmessmethode nur durch Klage einforderbar

"Für den Schaden müssen die Betroffenen meist selbst aufkommen, denn geprüft werde im Auftrag des Staates, regressieren könne man sich nur im Klagsweg bei der Finanzprokuratur. „Bis es zu einem Gerichtsurteil kommt, kann es Jahre dauern, zudem ist die Klage selten erfolgreich“, weiß Groiss.

Wozu dient die Partikelmessung?

Nach der OBD-Diagnose für die Messung der Abgaswerte steht schon die nächste Innovation dafür bereit, die Partikelmessung. Sie soll künftig die OBD-Diagnose ersetzen. Eine Partikelmessung ermöglicht eine genaue Analyse der Verschmutzung der Raumluft. Durch die neue Technik sollen bis zu rund 30.000 Rußpartikel im Auspuff automatisch gezählt werden können.

Das Problem bei dieser Art der Messung: Es muss wie bei der Endrohrmessung wieder bei laufendem Motor und am Endrohr gemessen werden. Und bis etwa im Winter ein Motor warm ist, um die nötige Drehzahl schonend zu erreichen, sollte der Motor rund 20 Minuten laufen. "Bei der On-Board-Diagnose reicht es die Zündung kurz einzuschalten und die Daten fließen in wenigen Sekunden in den Computer und zeigen mögliche Fehler an", so Arbö-Cheftechniker Groiss.

Deutschland zählte bei der neuen Messmethode der Partikelzählung neben Belgien zu den Vorreitern. Die verpflichtende Einführung fand bereits Anfang 2023 statt. Doch mittlerweile wurde die verpflichtende Umsetzung der Abgastestmethode auf Eis gelegt, da es nicht genügend neue Testgeräte gibt, aber auch aufgrund technischer Mängel, wie Groiss anmerkt. Er hält ein realistisches Datum für Einführung in Österreich frühestens für das Jahr 2025 möglich. "Bis dahin wird aber auch die On-Bord-Diagnose weiterentwickelt werden." Er hält deshalb auch die Beibehaltung dieser Methode aus heutiger Sicht für sinnvoller.

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