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ÖBAG-Chefin Hlawati: Neuer Kurs, neue Beteiligungen

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ÖBAG-Alleinvorständin Edith Hlawati
ÖBAG-Alleinvorständin Edith Hlawati©APA/ROLAND SCHLAGER
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ÖBAG-Chefin Edith Hlawati will die Staatsholding stärken und neue Beteiligungen an Technologie-Unternehmen eingehen. Bei den bestehenden Beteiligungen will sie die Kernaktionärsrechte ausüben. ESG und Diversity bekommen Top-Priorität.

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Edith Hlawati kennt die Staatsholding ÖBAG aus dem Eff. Bevor sie die Nachfolge von Thomas Schmid als Alleinvorständin antrat, beriet sie als Wirtschaftsanwältin die Holding und deren Vorgängerunternehmen 30 Jahre lang: "Es gibt keinen Mandanten, für den ich länger gearbeitet habe", betont Hlawati, "das schafft Pflichtgefühl und Verbundenheit. Was mir aber noch wichtiger ist: Ich glaube an die Sache." Nun gehe es ihr "um eine nachhaltige Wertsteigerung und eine langfristige Stärkung des Standorts". Hlawati will eine "nachhaltige Dividendenentwicklung mit einer kontinuierlichen Steigerung - nicht exzessiv und sicher nicht auf Pump".

Die ÖBAG fungiere als "Dach" über ihren Beteiligungen an wichtigen und teils börsennotierten Schwergewichten wie der OMV, Telekom, Post, Verbund oder Casinos. Bei OMV und Telekom hat die Staatsholding Syndikatspartner um ihre Kernaktionärsrechte auszuüben. "Bildlich gesehen ist das Dach auch Schutzschild zur Abschirmung vor politischem Einfluss."

Praktisch alle ÖBAG-Beteiligungsunternehmen befänden sich "in einer Transformation". "Einfach" sei naturgemäß gar keine Beteiligung. "Wir haben da schon Aufgaben", sagte Hlawati, die einen "Patient capital"-Ansatz verfolgt. Dabei geht es nicht um raschen Profit. "Es wird in Generationen gedacht, nicht in Quartalen, Jahresergebnissen oder Exit-Plänen." Die neueste Strategie der OMV passe hier ins Bild. Denn die Beteiligungsunternehmen bräuchten "stabile Kernaktionäre, die nicht nur Entscheidungen mittragen, sondern auch begleiten".

Herausforderungen bei ÖBAG-Beteiligungen

  • TELEKOM AUSTRIA. Eine der unmittelbar größten Herausforderungen ist die politische Lage in Weißrussland. 2.300 Menschen arbeiten für die Telekom Austria in Belarus, etwa die Hälfte der Bevölkerung nutzt ihr Netz.

    Beim Syndikatsvertrag mit America Movil steht die Verlängerung bis 2024 an. "Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu America Movil", so Hlawati. Man stehe in dauerndem Kontakt. "Mein Eindruck ist, America Movil schätzt die Beteiligung sehr und ist sehr zufrieden. America Movil hat als Mehrheitseigentümer das Sagen in der Telekom Austria. Die Mittelamerikaner werden dort weiter konsolidieren. "Wir haben es geschafft, einen Vertrag mit gewissem Mitspracherecht zu verhandeln", so Hlawati - die damals als Beraterin dabei war. Es habe große Investitionen in Glasfaser und ins Netz gegeben.

  • OMV. Österreichs wichtigstes Industrieunternehmen ist im Wandel. Die Transformation der Strategie ist mit der OMV und deren Syndikatspartner Mubadala aus Abu Dhabi akkordiert. Bei der petro-chemischen Ausrichtung bleibe man mittel-langfristig, weil derzeit "noch keine Alternativen am Markt vorhanden" seien, betont Hlawati. Fossile Energie werde für einige Zeit noch ein Muss bleiben.

    Als Folge des Kriegs in der Ukraine ist die Versorgungssicherheit ein Thema geworden. Man sei froh, dass Gazprom liefere. Aufgrund von Vertragsklauseln müsse die OMV auch dann an Gazprom zahlen, wenn sie kein Gas abnimmt. Der Ausstieg aus zwei russischen Gasfeldern und Nord Stream führt zu Abschreibungen.

  • CASINOS. Mit dem Mehrheitseigentümer Sazka aus Tschechien befinde man sich aber "auf einem guten Weg" und mit dem neuen CEO Erwin van Lambert will man "gut vorbereitet" in die Ausschreibung der Casino-Lizenzen 2025/26 gehen, die dann erstmals von einem unabhängigen Regulator vergeben werden.

    Die Lizenzen zu gewinnen werde "überlebenswichtig" für die Casinos. Die Casinos haben ein hartes Sparprogramm abgeschlossen und in der Coronazeit unter den Schließungen gelitten. Dafür boomte das Online-Glücksspiel und die Lotterien sind eine gewinnträchtige Tochter. Das kommende Glücksspielgesetz mit dem Regulator werde auch die Eigentümerstruktur bei den Casinos "entzerren".

  • VERBUND. Der Verbund muss sein Geschäftsmodell erweitern, "muss auf Erneuerbare gehen. Da wird viel erwartet und auch viel getan." Die ÖBAG wolle den Verbund dabei begleiten.
  • POST. Hier befinde man sich rund um den Ausstieg der BAWAG und der Suche nach einem neuen Bankpartner, von denen einer kurzfristig wieder abgesprungen war, "nach einem Umweg auf die Wiese wieder auf der Autobahn. Es geht in die richtige Richtung."

Neue Beteiligungen werden geprüft

Während es bei den Beteiligungsunternehmen verschiedenste Herausforderungen gibt, geht es für die ÖBAG künftig womöglich auch darum, bei neuen Unternehmen einzusteigen. Es gehe aber keinesfalls um eine Einkaufstour. "Es geht um etwaige Minderheitsbeteiligungen, Finanzierungen oder Garantien für standortrelevante Unternehmen", sagte Hlawati. Die Strategie dazu setzt sie gerade neu auf und präsentiert diese bald Finanzminister Magnus Brunner, der die Strategie als "Herr über die Dividenden" absegnen muss. Hierbei könne man gemeinsam mit Fonds vorgehen, denn mittlerweile seien staatliche Ankeraktionäre wieder gefragt.

Bisher war stets von etwa einer Milliarde Euro die Rede, die eingesetzt werden könnten, um Unternehmen eine Folgeinvestition zu ermöglichen oder einen Einstieg anderer zu verhindern, die den Unternehmenssitz aus Österreich abziehen könnten. Beispielsweise könnten 100 Mio. Euro für ein Unternehmen locker gemacht werden. Wie stark man sich dann beteilige, müsse im Einzelfall angeschaut werden. Zudem könnten Unternehmen auch zur Kapitalmarktreife geführt werden, so die Expertin. "Privatisierungen spielen in den nächsten Jahren hingegen keine Rolle."

"Es geht auch nicht um Start-ups", betonte Hlawati. Die Firmen müssten ein schon länger funktionierendes Geschäftsmodell haben sowie Forschung und Entwicklung betreiben. Dahingehend werde sie die Strategie ihres Vorvorgängers Thomas Schmid, der die ÖBAG aufgrund verschiedener politischer Skandale verlassen musste, "nachschärfen". "Es geht stark um Tech-Unternehmen, die in den jeweiligen Regionen auch Cluster-Potenzial haben, deren Know-how nicht abwandern und deren Hauptsitz in Österreich bleiben soll." Ansatz sei das Investitionskontrollgesetz, das Übernahmen aus Drittstaaten verhindern kann.

Im Fokus: ESG und Diversity

Rund um ESG-Belange werden Umwelt- und Frauenthemen verstärkt bearbeitet. So sollen Frauenkarrieren gefördert werden, wie aktuell bereits bei der Post mit einem entsprechenden Index der Fall, so Hlawati. Umweltthemen würden in den Beteiligungsfirmen stark adressiert.

Bei der Strategie zur "Weiterentwicklung der Aufsichtsratsbesetzungen und darüber hinaus Vorstandsentscheidungen" sei auf Aufsichtsratsseite schon einiges geschehen, so Hlawati, die selbst erfahrene Aufsichtsrätin ist und jenen der Post und Telekom Austria vorsitzt. "Es geht darum, in den Standards noch eine Lücke zu schließen, auch wenn die Governance-Regeln gut eingehalten werden. Aber der Anspannungsgrad dessen, was von internationalen Unternehmen erwartet wird, ist höher." Es gehe um eine professionelle Besetzung der Aufsichtsratsjobs. Die Entsendeten sollen nicht nur unabhängig sein, sondern auch verstärkt nach Expertisen ausgewählt werden, die zu den Unternehmen passen. Die Fachleute sollen aus einem Pool in der ÖBAG kommen oder über Personalberater ausfindig gemacht werden.

Zudem sollen sogenannte "Staggered boards" eingesetzt werden. Dort haben die Aufsichtsräte kürzere Mandate als gesetzlich mit fünf Jahren vorgesehen. So werde eine rollierende Besetzung des Gremiums hergestellt, bei dem dann jährlich ein oder zwei Posten zur Wahl in der Hauptversammlung anstehen. So könnten Expertisen laufend angepasst werden, so Hlawati. "Internationale Investoren schauen auch darauf, dass viele Unabhängige in Aufsichtsräten sitzen", betonte sie.

Bei der ÖBAG wurden von Beobachtern oftmals hohe Beratungskosten kritisiert. Es gibt ein Panel für verschiedene Bereiche, wo diese gebraucht werden - Finanzen, Strategie, PR, Recht und Personal. Ins Panel gelangen nur Anbieter, die vorher nach dem europäischen Ausschreibungsgesetz ausgewählt wurden. "Das ist nie günstig. Ohne Abruf müssen wir aber auch nichts bezahlen", erläuterte Hlawati.

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