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Deutschland: Diversity-Backlash statt Fortschritt

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Studie belegt erstmals seit zehn Jahren leichten Rückgang bei Frauenanteil in deutschen Aufsichtsräten. Vorstände als reine Männerclubs feiern Comeback. Auch in Österreich gerät Diversität unter Druck.

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Der Anti-Woke-Kurs von US-Präsident Donald Trump hat in Deutschland bereits mehrere Konzerne zurückrudern lassen. Nach dem Tech-Konzern SAP passten zuletzt der Börsenliebling Siemens Energy und der kriselnde Autokonzern Volkswagen ihre „Diversity, Equity, Inclusion“-Strategien (DEI) in den USA an. Nun warnt eine aktuelle Studie der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR) vor einem möglichen Backlash in deutschen Führungsetagen: Demnach ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der wichtigsten börsennotierten Unternehmen zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder leicht gesunken – und zwar auf rund 37 Prozent. In den deutschen Vorständen, wo der Anteil weiblicher Führungskräfte bei 19,9 Prozent liegt, hat sich der Zuwachs zuletzt deutlich verlangsamt.

Und auch die reinen Männerrunden unter den Vorständen sind wieder im Aufwind. Aktuell finden sie sich in 70 der 179 wichtigsten Börsenunternehmen in Deutschland. Dast sind fünf mehr als noch vor einem Jahr. Für Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern gilt seit drei Jahren die Vorgabe, mindestens eine Frau in den Vorstand berufen zu müssen. Von den 60 Unternehmen, die unter diese Regelung fallen, gibt es ein einziges Unternehmen, das davon abweicht: Beim Agrana-Großaktionär Südzucker ist die Chefetage weiterhin rein männlich besetzt.

Seit Einführung der Frauenquote in Aufsichtsräten vor zehn Jahren wurden in Deutschland beachtliche Fortschritte in Sachen Chancengleichheit erzielt. „Im Laufe des vergangenen Jahres sah es noch so aus, als würde es mit den Fortschritten weitergehen. Dieser Aufwärtstrend ist nun offenbar gestoppt. Wir wissen: das Ziel, Parität zu erreichen, ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, kommentiert FidAR die Ergebnisse.

In Österreich zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Hierzlande hatte sich die Geschlechtervielfalt in den vergangenen Jahren deutlich verbessert – doch 2024 markierte eine Zäsur. Der exklusiv für trend erhobene „Gender Diversity Index“ der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG), der die Gleichstellung der Geschlechter in Vorstand, Aufsichtsrat und bei der Vergütung misst, verzeichnete erstmals seit 2018 einen Rückgang. Die angestrebte Geschlechterparität verzögert sich dadurch um zehn Jahre – auf 2049.

Laut BCG bekleideten Frauen im Vorjahr 13 Prozent der Vorstandsposten und stellten nicht ganz ein Drittel der Aufsichtsratsposten der wichtigsten Börsenunternehmen des Landes. Seitdem kamen bei mehreren Rochaden in den Führungsetagen auch Frauen in neue Spitzenpositionen: Im April wurde mit Kremserin Marianne Heiß eine der mächtigsten deutschen Aufsichtsrätinnen in das Kontrollgremium von Palfinger berufen. EVN-Vorständin Alexandra Wittmann zog im Juni in den Aufsichtsrat der Wiener Börse ein. Und mit Dagmar Steinert, ehemals CFO bei Rheinmetall, sitzt nun erstmals eine Frau in der Vorstandsetage von Wienerberger. Ob das für einen Anstieg des Gender Diversity Index 2025 ausreicht, muss sich aber erst zeigen.

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