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Booking.com – der blaue Riese

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Booking.com ist die mit Abstand wichtigste Reise-Buchungsplattform in Europa.

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Die Reise-Buchungsplattform BOOKING.COM wächst und wächst. Hoteliers fühlen sich von ihr immer stärker unter Druck gesetzt, Reisebüros werden in Nischen gedrängt. Aber ohne sie geht es auch nicht.

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Wer will nicht wie US-Superstar Mariah Carey Urlaub machen? Drei Tage in der von der Sängerin bevorzugten Villa in Beverly Hills inklusive Reservierungen in ihren Lieblingsrestaurants und Termin bei Mariahs Fashionstylist. Das alles für nur 6,21 US-Dollar. Booking.com macht es möglich. Die Marketingaktion zu Sommerbeginn ging weg wie die warmen Semmeln. Und machte der Welt gleichzeitig klar: Booking.com steht für viel mehr als nur für das Vermitteln von Hotelzimmern.

Die Buchungsplattform mit dem blauen Logo hat ihr Spektrum in den letzten Jahren massiv erweitert. Zu Hotels kamen Flüge, Mietwagen, Ausflüge und Ferienwohnungen hinzu. Das Urlaubs-Rundum-Paket gewissermaßen.

Oder, wie es Glenn Fogel, der CEO von Booking.com, nennt: der "Connected Trip". Soll heißen: Booking.com soll zur einzigen Anlaufstelle für Reisende werden und -siehe Mariah Carey -eben auch die Reservierungen in Restaurants oder beim Friseur organisieren, wenn man auf Reisen ist.

Booking.com, ein niederländisches Unternehmen, das 2005 vom US-Konkurrenten priceline um lediglich 133 Millionen US-Dollar übernommen wurde, befindet sich auf einer beispiellosen Expansionsreise. Mittlerweile liegt die Marktkapitalisierung der Buchungsplattform bei knapp 100 Milliarden Dollar, 2022 wurden mehr als 896 Millionen Buchungen darüber getätigt -deutlich mehr als vor Corona. Und der Umsatz des Mutterkonzerns Booking Holdings lag bei mehr als 17 Milliarden Dollar bei einem Reingewinn von mehr als drei Milliarden Dollar. Über die Jahre hat der Tech-Konzern immer wieder strategische Zukäufe getätigt wie jenen der Vergleichsplattform Kayak oder aktuell jenen der schwedischen Flugplattform Etraveli.

Wachsende Marktmacht

"Booking.com ist zwar noch kein Monopol, aber monopolähnlich mit einer unglaublichen Marktmacht", schildert Gregor Kadanka, Fachverbandsobmann der heimischen Reisebüros. Wie mächtig der "blaue Riese" am Markt tatsächlich ist, zeigen einige Zahlen: Gemäß einer Studie von Hotrec, dem europäischen Dachverband der Hotellerie, aus dem Jahr 2022 erfolgen mehr als ein Viertel aller Buchungen über Onlineportale. Davon liegt der Anteil von Booking.com bei 71,1 Prozent am europäischen und 74,4 Prozent am österreichischen Buchungsmarkt. In den letzten acht Jahren, so Hotrec konnte der Marktführer seinen Anteil um mehr als elf Prozentpunkte steigern. Eine Studie der IMC Fachhochschule Krems aus dem heurigen Jahr geht sogar davon aus, dass die Österreicher 56 Prozent ihrer Auslandsreisen online buchen, 92 Prozent davon benützen dafür Booking.com.

Dieses enorme Wachstum wurde aber nicht nur durch die eigene Expansion ermöglicht, sondern dadurch, dass die Konkurrenz zurückfiel. HRS oder expedia spielen in Europa mittlerweile nur noch Außenseiterrollen beziehungsweise haben sich in Nischen zurückgezogen.

Diese Marktmacht hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Laut Hotrec fühlen sich 55 Prozent aller Hoteliers von Plattformen unter Druck gesetzt. "Es wurde verabsäumt, rechtzeitig Konkurrenz zu Booking.com aufzubauen", beklagt der Salzburger Hotelier Sepp Schellhorn. Nun sei man dem Unternehmen eben auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wer nicht bereit ist, mehr als die übliche Provision von 15 Prozent an Booking.com zu zahlen, verschwindet rasch im Nirwana, schildert er. Dabei betrug die Provision vor ein paar Jahren noch weniger als zehn Prozent, erinnert sich Michaela Reitterer, die das Boutiquehotel Stadthalle in Wien besitzt. "Die Provision ist noch dazu vom Bruttopreis zu zahlen", erzählt sie. Bei 35 bis 40 Prozent Personalanteil und Wareneinsatz und Energie bleibt für die Hotels dann meist nicht mehr viel über, rechnet Reitterer vor.

Doch nicht nur die hohen Kosten bereiten den Hoteliers Probleme: "Es gab über die Jahre immer wieder Haxelstellereien", so Reitterer. So habe die Plattform mehrfach versucht, mit sogenannten "Sponsored Discounts" die von den Hotels angegebenen Preise zu unterbieten, um die potenziellen Gäste zu einer Buchung auf Booking.com zu locken. "Da hat man dann gegenüber den Gästen immer Aufklärungsbedarf", berichtet Reitterer. Überhaupt, so Schellhorn, sei der Aufwand durch Booking.com groß, denn: "Die Angebote müssen tagtäglich bearbeitet werden." Ein weiteres Problem, so Kadanka, wäre die Haftungsfrage. Booking.com haftet für die Richtigkeit der Informationen auf ihrer Website nicht und verweist auf die Hotels. "Hier sollte man sich schon auch an Booking.com schadlos halten dürfen", findet der Reisebüro-Inhaber. Trotz der wachsenden Macht der Plattformen ist die Zahl der Reisebüros in Österreich aber dennoch kaum zurückgegangen. Kadanka: "Der Kuchen im Tourismus wächst sehr stark. An diesem größer werdenden Kuchen können wir den Anteil konstant halten." Zumal Reisebüros immer stärker in Nischen ausweichen und anspruchsvollere Reisen verkaufen.

Günstiger als erlaubt?

Anders als andere Big Techs wie Amazon oder Google schafft es Booking.com aber, weitgehend vor öffentlicher Kritik verschont zu bleiben. Vermutlich auch deshalb, weil Millionen Kunden weltweit von der Plattform profitieren. So hat Oxford Economics in einer Studie letztes Jahr festgestellt, dass Onlineplattformen Hotelpreise in Europa im Schnitt um neun Euro je Nacht reduzieren. In Österreich liegt die Ersparnis bei sechs Euro, so das Institut. Lediglich die von Booking.com geforderte Bestpreisklausel – sie besagt, dass die Hoteliers nirgendwo billiger anbieten dürfen als auf der Plattform – hat wiederholt schon zu einem Aufschrei gesorgt. In Österreich wurde sie deshalb 2017 verboten, europaweit ist die Bestpreisklausel immer noch erlaubt. Diese und andere Praktiken im rechtlichen Graubereich führen dennoch regelmäßig zu Untersuchungen durch Kartellwächter und gelegentlich zu Geldbußen.

Dennoch brauchen die Hotels die Plattform als oftmals einziges Tor zu Welt, auch wenn sie ihre Methoden nicht schätzen. Hotelière Reitterer investiert deshalb viel in den USP ihres Hotels als grüne Unterkunft. "Man muss schauen, dass man unverwechselbar ist und Booking.com irgendwann vielleicht gar nicht mehr braucht."

Booking.com in Zahlen

  • 2022 betrug der Umsatz der börsennotierten Booking Holdings (ISIN US09857L1089), zu der neben Booking.com weitere Portale wie Agoda, priceline oder Kayak gehören 17,1 Milliarden US-Dollar, 56 Prozent höher als 2021.

  • Der Nettogewinn lag bei 3,1 Milliarden Dollar.

  • 2022 wurden über Booking 896 Millionen Buchungen getätigt.

  • Die Plattform vermittelt mehr als 28 Millionen Unterkünfte weltweit, in Österreich rund 70.000 Unterkünfte.

  • Booking beschäftigt 21.600 Mitarbeiter.

  • Mit einem Marktanteil von 71,2 Prozent ist Booking.com die mit Abstand wichtigste Buchungsplattform in Europa.

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