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Austrian Airlines CEO Annette Mann: "Die AUA passt in keine Schublade" [INTERVIEW]

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Austrian Airlines CEO Annette Mann
Austrian Airlines CEO Annette Mann©trend / Wolfgang Wolak
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Nach der schlimmsten Krise in der Geschichte der Austrian Airlines spürt die rot-weiß-rote Airline wieder Aufwind. AUA-Chefin Annette Mann verrät im trend. Interview, wohin die Reise in den nächsten Monaten gehen soll.

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Bei der heimischen Airline AUA ist das Lächeln zurück. "Wir sind sehr stolz", freut sich Annette Mann, seit einem Jahr an der Spitze der Austrian, anlässlich der Präsentation der Jahreszahlen 2022. Denn früher als erwartet habe die Lufthansa-Tochter die Coronakrise hinter sich gelassen. Dies zeigt sich daran, dass das EBIT nach minus 238 Millionen Euro im Vorjahr heuer wieder nahe der Null liegt. Das um die Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis weist sogar ein leichtes Plus auf. "Das war eine tolle Teamleistung", ist Mann überzeugt. Doch nicht das ganze Team freut sich mit der AUA-Chefin, denn diese Woche hat der Betriebsrat Bord zu Betriebsversammlungen aufgerufen, Streiks stehen im Raum. Zwar läuft das noch von Manns Vorgänger Alexis von Hoensbroech ausverhandelte Sparpaket früher als erwartet aus, aber die Gewerkschaft will beim Inflationsausgleich noch nachverhandeln. Die im Oktober vereinbarten sieben Prozent sind ihr zu niedrig. Außerdem kritisiert sie die Boni der Manager.

Jedenfalls wächst seit Mitte letzten Jahres sowohl der Personalstand als auch die Flotte wieder. Zwei neue A320neo und 600 Mitarbeiter sind bereits Teil der AUA-Familie. Zwei weitere Flieger und 150 neue Mitarbeiter sollen in Kürze folgen. Auch die sehnsüchtig erwartete Entscheidung über die Expansion der Langstrecke soll demnächst fallen. 2023 will die AUA wieder deutlich in der Gewinnzone landen. Die überstandene Krise will man in der Airline mithilfe des Programms "Rediscover" aufarbeiten.

INTERVIEW

trend: Sie sind seit genau einem Jahr bei der AUA. Welche Akzente haben Sie gesetzt?
Annette Mann: Ich habe mich im ersten Jahr stark darauf konzentriert, bei der Austrian anzukommen. Als ich gekommen bin, war Omikron noch präsent und der Fokus lag darauf, aus der Pandemie rauszukommen. Es war wichtig, die AUA wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.

Sie haben die Staatshilfe vorzeitig zurückgezahlt. Welche Konsequenzen hat das etwa auf Eigentümerstruktur, Aufsichtsrat, Standortgarantie?
Es bleibt alles gleich. Auch die Mischung im Aufsichtsrat mit zwei konzernexternen Vertretern wollen wir beibehalten, weil wir die als sehr positiv empfinden. Jene Gesellschaft, in die unsere Flugzeuge ausgegliedert wurden, muss allerdings erst wieder rückabgewickelt werden. Das kann noch ein paar Monate dauern. Einige Elemente wie etwa die Standortgarantie gelten unabhängig vom Rückzahlungszeitpunkt bis 2030. Die Standortgarantie steht aber ohnehin nicht zur Disposition. Die AUA ist ja sehr gut aus der Krise gekommen. Es wurde ja auch erst kürzlich entschieden, dass wir um vier Flugzeuge wachsen.

Wie erleben Sie denn die Gespräche mit der Gewerkschaft? In Ihrer früheren Funktion bei der Lufthansa zählte das ja nicht zu Ihren Hauptaufgaben...
Ich habe davor keine Tarifverhandlungen geführt, aber viele andere Verhandlungen, außerdem verhandeln wir im Team. Ich empfinde die Gespräche über das letzte Jahr überwiegend als konstruktiv. Auch die Gespräche mit dem Betriebsrat Bord werden sich wieder einrenken. Wir brauchen einander ja. Es ist wichtig, dass wir weiter an unserer Beziehung arbeiten.

Die Gespräche mit dem Betriebsrat Bord werden sich wieder einrenken. Wir brauchen einander.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass man in den nächsten Wochen zu einer Lösung mit dem Betriebsrat kommt?
Ich bin deswegen zuversichtlich, weil wir, nüchtern betrachtet, mehr geben, als noch im Oktober und Dezember gefordert wurde. Wir bekommen von vielen unserer Mitarbeitenden sehr positives Feedback, weil wir es in so kurzer Zeit so weit geschafft haben. Die AUA stand schon lange nicht mehr so gut da, wir bekommen Zuspruch für diesen kontinuierlichen Aufwind.

Ein Stein des Anstoßes sind ja auch die Bonuszahlungen an das Management. Wie hoch sollen die ausfallen?
Die Bezeichnung Boni ist etwas irreführend, da man sofort an hohe Vorstandsgehälter denkt. Gemeint sind variable Gehaltsbestandteile, die in erster Linie für unsere Teamleiter wegfallen würden. Teamleiter sind keine Großverdiener und es wäre nicht fair, wenn sie auf viel mehr als andere verzichten müssten. Und man darf nicht vergessen, auch die Führungskräfte standen in den letzten Jahren unter einer enormen Belastung. Außerdem wird auch die variable Vergütung abgesenkt ausgezahlt.

Also sind Sie nicht bereit, über die Bonuszahlungen zu verhandeln?
Nein.

Sie haben letztes Jahr 600 neue Mitarbeiter eingestellt. Damit ist die Zahl der Mitarbeiter aber deutlich unter jener vor der Pandemie, oder?
Wir haben den Personalabbau Mitte letzten Jahres für beendet erklärt. Wir sind in der Krise um 20 Prozent geschrumpft, auch beim Personal. Jetzt ersetzen wir Fluktuation wieder und heuer haben wir 150 weitere Mitarbeiter für die neuen Flieger eingestellt.

Der Personalabbau wurde Mitte letzten Jahres beendet.

Die Lufthansa hat bereits angekündigt, dass sie nicht genügend Personal für den Sommer hat und etliche Flüge streichen muss. Sie sind zuversichtlich, dass die AUA es gut durch den Sommer schafft.
Die Lufthansa hat eher ein Problem damit, dass Flughäfen wie Frankfurt an der Kapazitätsgrenze liegen, das funktioniert in Wien besser. Wir tun uns leichter, weil wir kleiner sind und man auch die Arbeitsmärkte in Deutschland und Österreich nicht eins zu eins vergleichen kann.

Mitarbeiter, die schon lange bei der AUA arbeiten, sagen, früher hätte man sich immer als große Familie verstanden. Das sei jetzt weg. Wie empfinden Sie das Klima im Haus?
Während Corona war es mit all den Unsicherheiten wirklich schwierig. Natürlich ist vom Profil der AUA in der Krise etwas verloren gegangen. Deshalb haben wir das Programm "Rediscover" ins Leben gerufen, das dazu führen soll, dass alle wieder stärker zueinander finden und sich bewusst werden, wofür die AUA steht. In der Krise wurden viele Kommunikationswege abgeschafft. Jetzt sollen alle, vor allem die Fliegenden mit den Nichtfliegenden, wieder stärker zusammenkommen. Nur so funktioniert eine Airline. Wir wollen auch, dass die Mitarbeiter wieder stolz auf ihren Arbeitgeber sind und zum Beispiel ihre Uniform wieder mit Stolz tragen. Da denken wir etwa an Anpassungen beim Schnitt. Aber keine Sorge! Die roten Strumpfhosen werden bleiben. Uns ist jedenfalls wichtig, dass wir als AUA in erster Linie Gastgeber sind. Dieses Image wollen wir künftig wieder verstärken.

Was am Image der AUA die letzten Jahre sehr gekratzt hat, war die mangelnde Servicequalität, etwa die mangelnde Erreichbarkeit der Hotline etc. Wird sich daran etwas ändern?
Da ist schon viel passiert, soll aber weiter verbessert werden. Wir haben ein eigenes Servicecenter in Lemberg in der Ukraine mit mehr als 100 Mitarbeitern. Dort stellen wir auch weiter ein. Außerdem greifen wir auf das Servicecenter-Netzwerk der Lufthansa zu.

In Wien gibt es kein Servicecenter?
Nein.

Die AUA ist ein integraler Bestandteil der Lufthansa-Gruppe.

Welche Rolle spielt die AUA im Konzern? Die Swiss ist ja die Cashcow, Brussels fliegt nach Afrika, Eurowings ist Billigflieger - wo hat da die AUA ihren Platz?
Wir sind integraler Bestandteil der Gruppe und haben uns letztes Jahr viel Respekt erkämpft. Wir decken ganz klar das Drehkreuz Wien ab. Die AUA passt aber aus meiner Sicht in keine Schublade. Das Besondere an der AUA ist: Bei uns kann sich jeder wohlfühlen. Wir sind weder elitär noch billig. Wir können Geschäftsreise genauso wie Touristik. Unser Fokus ist Gastfreundschaft.

Die AUA will ja in Wien weitere Marktanteile dazugewinnen. Wie soll das gelingen?
Wir haben jetzt vier Flieger mehr. Das allein sorgt bereits für Wachstum. Aber Marktanteile allein sind für uns kein Wert an sich. Wir müssen die Strecken aber auch profitabel fliegen können. Drei Millionen Euro Gewinn bei 1,9 Milliarden Euro Umsatz - das kann es ja nicht sein. Unser Fokus liegt also auf dem Profit. Und der zweite Fokus liegt auf der Flottenerneuerung.

Wann gehen Sie davon aus, dass die AUA neue Langstreckenflieger bekommt?
Wir befinden uns mit der Lufthansa in sehr intensiven Gesprächen. Eine konkrete Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Ich denke, dass das jedenfalls heuer passieren wird.

Wir sind kontinuierlich im Wettbewerb.

Die Ryanair hat angekündigt, dass sie in Wien wieder massiv ausbauen will...
Das ist nichts Neues.

Scheint Sie nicht zu beunruhigen?
Nein.

Rechnen Sie da wieder mit stärkerem Preiskampf?
Wir sind kontinuierlich im Wettbewerb, es wird immer auch attraktive Angebote geben. Ich gehe aber insgesamt von stabilen Preisen aus. Den großen Preissprung gab es letztes Jahr vor allem wegen des teuren Kerosins.

Die Chefs der AUA hatten in den letzten Jahren eine sehr kurze Halbwertszeit. Wie sieht Ihre Karriereplanung aus?
Ich fühle mich sehr wohl in Wien. Ich bin auf Langstrecke eingestellt.

ZUR PERSON

Annette Mann, 45, steht genau seit einem Jahr an der Spitze der AUA. Sie folgte Alexis von Hoensbroech nach. Seit 20 Jahren ist die geborene Bayerin in diversen Funktionen im Lufthansa- Konzern tätig, zuletzt als Senior Vice President für Corporate Responsibility. Ihr Vertrag ist vorerst auf drei Jahre angelegt, kann danach aber um fünf Jahre verlängert werden.

Das Interview ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 10. März 2023 entnommen.

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