Österreichische Unternehmen müssen bei den Corona-Förderungen Rückforderungen in Millionenhöhe fürchten, weil Fehler bei den nationalen Förderrichtlinien gemacht wurden. Georg Eisenberger und Julia Holzmann über die schwierige Sanierung der offenen Baustellen.
Unionsrechtliche Unklarheiten im Zusammenhang mit den COVID-19-Förderungen bereiteten in den letzten Monaten den österreichischen Unternehmen, aber vor allem dem Finanzminister und der COFAG einmal mehr Kopfzerbrechen.
Das betrifft zwei Baustellen. Die beihilferechtlichen Höchstbeträge (abhängig vom Förderinstrument entweder 2,3 Millionen Euro oder 12 Millionen Euro) werden nun plötzlich nachträglich bezogen auf den Unternehmensverbund angewendet. Statt wie bisher bezogen auf das einzelne Unternehmen.
Österreichische Unternehmen müssen Rückforderungen in Millionenhöhe fürchten. Deshalb, weil Fehler bei den nationalen Förderrichtlinien gemacht wurden, die auch der Europäischen Kommission bei ihren Genehmigungen nicht auffielen.
Für Aufregung sorgten auch „verspätete“ Anträge, insbesondere beim Verlustersatz III. Unionsrechtlich war eine Gewährung der Förderung bis 30.06.2022 vorgesehen. In Österreich wurde eine Antragstellung bis 30.09.2022 ermöglicht. Probleme waren also vorprogrammiert. Betroffene Unternehmen warten teilweise seit über einem Jahr auf die Auszahlung von Förderungen.
Schwierige Fehlerbehebung
Nun wurden am 10.08.2023 weitere Coronahilfen in Höhe von 750 Millionen Euro von der Europäischen Kommission genehmigt. Damit will man die zwei Baustellen, Überschreitung der Höchstbeträge und Spätanträge, sanieren. Auf nationaler Ebene wird an einer Richtlinie zur Umsetzung dieser Sanierung gebastelt.
Das klingt nach guten Nachrichten für die österreichischen Betriebe. Doch eine vollständige Behebung der unterlaufenen Fehler wird nicht möglich sein. Überdies besteht dem Vernehmen nach auch in der Frage des Inhaltes der Umsetzungsrichtlinie in einzelnen Punkten Uneinigkeit zwischen den Regierungsparteien.
Was ist grundsätzlich geplant?
Im Fall einer Überschreitung der Höchstbeträge im Unternehmensverbund sollen den bisherigen Höchstbetrag überschreitende Fixkostenzuschüsse, Ausfallsboni und Umsatzersätze auf Antrag in einen Verlustersatz umgewidmet werden.
Der Höchstbetrag für den Verlustersatz beträgt 12 Millionen Euro. Dazu müssen aber die Voraussetzungen für die Gewährung eines Verlustersatzes auf Ebene des Unternehmensverbundes vorliegen und der 12 Millionen-Höchstbetrag darf noch nicht ausgeschöpft worden sein.
Sollte die Umwidmung in einen Verlustersatz nicht (oder nicht vollständig) möglich sein, sollen Unternehmen einen „Schadensausgleich“ beantragen können.
Auch im Fall von (nach nationaler Rechtslage zulässig gewesenen) Spätanträgen beim Verlustersatz III ist ein Schadensausgleich vorgesehen. In einem deutlich geringen Ausmaß stellt sich die Problematik von Spätanträgen auch beim Ausfallbonus III für März 2022. Der Schadensausgleich soll hier ebenso möglich sein.
Der Schadensausgleich setzt einen Schaden voraus. Dieser liegt vor, wenn das im Betrachtungszeitraum erzielte Ergebnis im Vergleich zum Ergebnis vor Pandemie negativ ist (= Fehlbetrag). Betrachtet werden aber nur jene Tage, an denen das Unternehmen von einer „Lockdown-Maßnahme“ (direkt oder indirekt) betroffen war.
Betriebsbeschränkungen und Lockdown-Maßnahmen
Fraglich ist, ob „bloße“ Betriebsbeschränkungen (z.B. 3G-Regelung, Einschränkung der zulässigen Personenanzahl z.B. in Handelsbetrieben oder bei Veranstaltungen, Maskenpflicht), die zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt haben, als „Lockdown-Maßnahme“ zählen. Ob also auch hier die erforderliche Betroffenheit vorliegt. Wenn nicht, ist ein Schadensausgleich von vornherein nur eingeschränkt möglich. Der so ermittelte Schaden soll dann nicht zur Gänze ersetzt werden, sondern er wird einem „hair-cut“ von 5 % unterzogen. Dieser pauschale Abschlag wird mit einem pandemiebedingten Nachfragerückgang begründet.
Rückzahlung mit Zinsen
Erhaltene Förderungen, die nicht in einen Schadensausgleich umgewidmet werden können, müssen mit Zinsen zurückgezahlt werden. Ein noch nicht ausbezahlter Verlustersatz III, der nicht umgewidmet werden kann, wird den Unternehmen nicht mehr ausbezahlt. Die Kommission fordert, dass Umwidmungen nur vorgenommen werden können, wenn sich Unternehmen zuvor verpflichten, erhaltene Förderungen, die nicht umgewidmet werden können, mit Zinsen zurückzuzahlen.
Selbst für Forderungen, die nach einer Umwidmung nicht zurückgezahlt werden müssen, müssen Rechtswidrigkeitszinsen für den Zeitraum ab Erhalt bis zur Umwidmung geleistet werden. Die Leistung von Rechtswidrigkeitszinsen ist nach dem EU-Beihilfenrecht bei rechtswidrigen Beihilfen zwingend. Den Unternehmen wird somit die Möglichkeit (und die Chance) genommen, sich darauf zu berufen, die Förderungen im Vertrauen auf die Rechtslage genutzt zu haben. Rechtsstaatlich erscheint das äußerst bedenklich.
Die anfänglichen Jubelmeldungen aufgrund der Genehmigungsentscheidung der Kommission waren somit wohl verfrüht. Weder für die COFAG und die Republik Österreich noch für die betroffenen Unternehmen wird das Thema mit der Ermöglichung der Umwidmung erledigt sein.