
Bundeskanzler Christian Stocker, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Li Hongzhong (Vizepräsident des Nationalen Volkskongresses China) feiern die neue Panda-Partnerschaft.
©APA / ROLAND SCHLAGERDie Großen Pandas sind back in town: Warum die neuen Besuchermagneten im Tiergarten Schönbrunn politische Schwergewichte sind.
Einen in politisch harten Zeiten seltenen Wohlfühltermin gab es heute morgen im Tiergarten Schönbrunn. Bundespräsident und Bundeskanzler begrüßten das neue Panda-Paar offiziell im Tiergarten Schönbrunn, und tauschten mit der angereisten chinesischen Delegation rund um den Vizepräsidenten des Nationalen Volkskongresses Freundlichkeiten aus – mit gutem Grund.
Die Großen Pandas sind exotisch, selten und der „große Schatz von Chinas Biodiversität“, wie der Vizepräsident des Volkskongresses ausführt. Die Pandas sind für China ein diplomatisches Werkzeug, mit dem sie seit Jahrhunderten eine Art „Panda-Diplomatie“ betreiben. Diese Tradition wurde nach dem Zweiten Weltkrieg systematisch forciert. Eines der bekanntesten Beispiele war ein Panda-Paar, das Nixon von seinem Staatsbesuch 1972 mit in die Staaten nehmen durfte. 1984 stellte China seine Geschenkepolitik um, und verleiht die Tiere – nur mehr auf Zeit, verbunden mit strengen Auflagen zur Aufzucht, Forschung und Betreuung.
Die Vergabe von Pandas ist häufig an wirtschaftliche oder politische Vereinbarungen gekoppelt. Abkommen und gute Beziehungen werden mit Pandas „abgerundet“. Wenn es kriselt, werden die Pandas auch wieder nachhause geholt. Nach dem Streit um chinesische Spionageballons wollte China die US-Pandas nach Hause holen. Ein Treffen von Xi Jinping und Joe Biden im November 2024 kalmierte die Panda-Lage wieder.
Der Panda-Seismograf
Während die höchste amtsführende Politik von den Scheinwerfern angestrahlt wurde, hielt sich ein Mann dezent im Hintergrund der riesigen Medientrosses. Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wird von dem einen oder anderen chinesischen Besucher herzlich vertraut begrüßt, während vorne Reden gehalten werden.
Schüssel ist – wie er betont wissen will - ehrenamtlicher Aufsichtsrat des Tiergarten Schönbrunn. Er ist der eigentliche Panda-Pate, und hat das Potenzial dieser soften Diplomatie früh erkannt. In den letzten Jahren hat er genau beobachtet, wo China Pandas hingeschickt oder wieder zurückgeholt hat. „Seit zweieinhalb Jahren haben wir uns im Hintergrund bemüht, diese Kooperation zu erneuern“, erzählt Schüssel. Gekabelt wurde dafür auf höchster präsidialer Ebene. „Über die Politik Chinas gibt es sicher viele Auffassungsunterschiede. Diese freundschaftliche Verbindung aufrecht zu erhalten, ist für Österreich wichtig und strategisch sehr wertvoll.“
Van der Bellen unterstrich den „ganz eigenartigen Reiz, der von diesen Tieren ausgeht“ und sorgte für Heiterkeit: „Die beiden Pandas sind wirklich die bekanntesten Botschafter Chinas in Österreich,“ merkte er an. Die anwesende chinesische Botschafterin in Wien wird es ihm gern verzeihen, schließlich führte ihr Antrittsbesuch in Österreich vor zwei Jahren konsequenterweise gleich in den Tiergarten.
Das Business hinter den Politics
Die Tiere bleiben, wie auch ihre im Ausland gezeugten Nachkommen, chinesisches Staatseigentum. Verliehen werden sie unter strengen Auflagen für Artenschutz und Forschung. Für die Höhe der „Lizenzgebühren“ und den individuellen Vertrag gilt Geheimhaltung.
Bekannt ist allerdings, dass etwa der Berliner Zoo für seine Panda-Leihgabe eine Million Euro pro Jahr zahlt. Berichte aus den USA legen nahe, dass die Kosten für die Errichtung der Haltung entsprechender Anlagen ebenfalls in die Millionen Dollar gehen können. Die Vergrößerung und gelungene architektonische Neugestaltung des Geheges dürfte wohl auch eine Voraussetzung gewesen sein, dass wieder Pandas in Wien einziehen.
Diplomatisch lohnt sich diese Partnerschaft in jedem Fall, normalerweise rechnet sie sich auch kaufmännisch. Große Pandas sind wahre Besuchermagneten. Ihr Exotenstatus und ihr Aussehen machen sie zu den Headlinern in allen Zoos. Tiergartendirektor Stephan-Hering Hagenbeck betonte in seiner Ansprache, „dass es viele Anfragen von Besuchern gegeben hätte. Sie haben diese Tiere wirklich vermisst.“ Bis auf das Beispiel von Finnland, das im Herbst bekanntgab, seine Pandas aus Kostengründen früher nach Hause schicken zu wollen, weil die 1,5 Millionen Euro jährlichen Kosten nicht hereinzuspielen wären, sind keine Fälle bekannt, wo sich der Panda-Effekt nicht ausgezahlt hätte.
Hoffen auf den Panda-Effekt
Wie der in Wien ausfallen wird, traut sich das Management noch nicht einzuschätzen. Wenn sich jemand Pandas leisten kann, dann der älteste Zoo der Welt, der in der Fachwelt wiederholt zum Weltbesten gekürt wurde. Der dem Wirtschaftsministerium zugeordnete, seit 1992 privatisierte Tiergarten, wird sehr gut gemanagt und steht solide da. „Das Geschäftsjahr 2023 geht als das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr in die Tiergartengeschichte ein. Mit über sieben Millionen Euro wurde der höchste Gewinn seit Gründung der GmbH erzielt, der operative Cashflow (ohne Spenden) lag bei über fünf Millionen Euro,“ heißt es im KPMG-Lagebericht. Genug Geld, um die laufend anstehenden Aus- und Umbauten aus dem Tagesgeschäft zu finanzieren, und für alle möglichen Krisen (Energie, Corona) künftig gewappnet zu sein. Mehr als zwei Millionen Besucher und Besucherinnen strömten 2023 in den Tiergarten, in dem 290 Mitarbeitende arbeiten.
Eveline Dungl, zoologische Kuratorin und von Anfang an im Panda-Projekt des Tiergartens involviert, erzählt, wie die beiden Wiener Pandas ausgesucht wurden: „Laut der Zuchtbuchempfehlung gab es Vorschläge von Tieren, die vom Alter und von der Genetik als passend erachtet wurden. Von dieser Shortlist haben wir dieses Pärchen ausgewählt.“ Über den Charakter der Tiere sagt sie: „Beide sind sehr aktiv, neugierig und verspielt.“
Gute Voraussetzungen für Nachwuchs. Die Wiener Betreuer und Betreuerinnen haben bei der Partnerwahl bereits in der Vergangenheit ein gutes Händchen bewiesen. „Fünf Jungtiere wurden auf natürliche Weise gezeugt. Das ist in Europa sonst nirgendwo geglückt“, lobte Li Hongzhong, Vizepräsident des Nationalen Volkskongresses bei der Begrüßungszeremonie. „Ich bin mir sicher, dass die beiden ein gutes Leben in Österreich verbringen werden. Darüber hinaus werden wir hoffentlich die Beziehungen in Handel, Wirtschaft, Technik und Kultur vertiefen können.“