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Immobilien-Investments: Hausgemachte Renditen

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Immobilien-Investments: Hausgemachte Renditen
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Von vielen unbemerkt haben sich die Immobilienpreise in Österreich binnen zehn Jahren verdoppelt. Der Kauf einer Anlagewohnung macht aber nach wie vor Sinn – wenn sich Investoren mit niedrigen Erträgen zufriedengeben, auf Qualität setzen und auch abseits von Wien auf Immosuche gehen.

Einmal ein Apartment in Manhattan besitzen: Diesen Traum konnte man sich in den vergangenen Jahren nie so günstig erfüllen wie im Frühjahr 2020. Wenn der Verkäufer das Geld dringend benötigte – etwa, um Verluste an der Wall Street ab - zudecken oder Umsatzeinbrüche seines Unternehmens zu kompensieren –, waren selbst 50 Prozent Nachlass keine Seltenheit. Den Höhepunkt des Absturzes markierte ein besonderer Deal auf der „Billionaire’s Row“ von Manhattan: Auf der teuersten Meile der Stadt wechselte eine Residenz mit rund 17 Millionen Dollar Preisabschlag den Besitzer. Viel Lehrgeld für den Eigentümer, um sich die Devise „der Immobilienmarkt ist keine Einbahnstraße“ ein für alle Mal hinter die Ohren zu schreiben.

Auch in Österreich ist der Immobilienmarkt keine Einbahnstraße. Aber Preisrückgänge sind nur in Einzelfällen zu verzeichnen. Selbst wenn es kriselt, gibt es höchstens ein kurzes Zaudern, bevor der nächste Gipfel erklommen wird. Denn Österreich ist das Land der Mieter: Die Hälfte der Menschen wohnt zur Miete – in der Mehrzahl nicht privat, sondern in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen. Das verhindert große Ausreißer nach oben, sorgt aber im Gegenzug für Stabilität, wenn die Reise mal holpriger wird.

Das hat sich auch schon in Folge der Finanzkrise 2008 gezeigt, sagt Dietmar Steger, Head of Capital Markets beim global tätigen Immobiliendienstleister Colliers International in Wien. „Wien hatte bereits damals im Vergleich zu New York, London oder Paris kaum Preisschwankungen zu verzeichnen. Die stabilen Mieten, die Investoren zwar wenig Fantasie für ihren Business Case liefern, wirken in schwierigen Zeiten durchaus belebend und generieren viel Nachfrage.“ Aktuell sieht Steger sehr viel Kapital im Markt, „aufgrund des begrenzten Angebots wer - den die Renditen bis zum Jahresende da - her noch leicht sinken. Auch Komplettverkäufe von großvolumigen Wohnungsneubauprojekten haben in den letzten Jahren aufgrund der stark gesunkenen Renditen bei gewerblichen Immobilien stark zugenommen.“

INSTITUTI ONELLE KAUFEN WOHNHÄUSER

Wie aktuelle Zahlen zeigen: Selbst am Wohnungsmarkt sind Großanleger inzwischen aktiv. Auf die Anlageklasse Wohnen entfiel mit rund 1,2 Milliarden Euro im Vorjahr mehr als ein Drittel des gesamten institutionellen Immobilien-Investmentmarktes – damit hat Wohnen erstmals Büros, Einkaufszentren, Industrie- und Logistikimmobilien sowie Hotels überholt und ist auch bei Pensionskassen und Fonds zur beliebtesten Immobilienart geworden. Die Folge: Immer mehr Wohnhäuser, die bei der Planung noch als Vorsorgewohnungsobjekte für private Anleger galten, werden als Mietshäuser bei Institutionellen platziert – und auch schön sanierte Zinshäuser werden oft nicht als Bauherrenmodell an private Anleger platziert, sondern gehen an Fonds und Privatstiftungen. Und weil die Profianleger mit der ganz dicken Brieftasche unterwegs sind, steigen die Preise. Sprich: Zu den bekannten Faktoren wie niedrige Zinsen und anziehende Inflation kommt viel Anlegerkapital als dritter „Turbo“ für den Markt hinzu.

„Es ist sehr viel Kapital in den vergangenen zwei Jahren in Immobilien umgeschichtet worden“, meint Hannes Speiser, Prokurist des Bauträgers Winegg: „Es wird nie wieder so günstig wie jetzt, hätte man in den vergangenen Jahren jedes Jahr sagen können, und die steten Wertsteigerungen der Substanz sind in den Köpfen der Anleger angekommen.“ Dabei ist es nicht so, dass Immobilienentwickler bei Kaufpreisen und Mieten Preistreiberei betreiben, so Speiser. „Vielmehr sind die Grundstückspreise stark gestiegen – wenn wir Projekte in Wien-Liesing entwickeln, können wir diese bei gleichen Baukosten natürlich weitaus günstiger anbieten als jene in den inneren Bezirken.“

Winegg und die anderen freifinanzierten Bauträger reagieren auf die hohe Nachfrage, indem sie eine Vielzahl von Projekten gleichzeitig angehen. Deswegen werden heuer und im kommenden Jahr so viele Wohnungen in Wien fertiggestellt wie noch nie, obwohl die Bauleistung im geförderten Wohnbau stagniert und die letzte Gemeindewohnung vor vielen Jahren neu errichtet wurde. Der Boom ist das Ergebnis der Arbeit der privaten Immobilienentwickler, die durch ihre Projekte in den Randbezirken zunehmend auch die Rolle der öffentlichen Hand übernehmen – so entwickelt die Buwog, größter privater Bauträger und Tochter der börsennotierten Vonovia, derzeit Tausende leistbare Mietwohnungen am Stadtrand. Die IFA AG, Marktführer bei den Bauherrenmodellen, stellte gerade erst ein Projekt mit mehr als 130 Mietwohnungen in Wien-Simmering fertig – obwohl das Projekt für Anleger errichtet wurde, liegen die Nettomieten im Haus deutlich unter zehn Euro pro Quadratmeter.

Privates Kapital schafft leistbaren Wohnraum: Das geht, wenn die Anleger keine hohen Erträge fordern, sondern sich mit einer Verzinsung knapp über dem Sparbuchniveau zufriedengeben. So sind laut Speiser mit privaten Investments in Wohnimmobilien derzeit rund 2,5 bis drei Prozent Rendite möglich, was den meisten Anlegern angesichts der Null am Sparbuch ausreicht. „Noch nie waren Bauleistung und Investmentdruck aufgrund von Negativzinsen bei Anlegern so hoch wie derzeit“, meint auch Steger. „Die Renditeerwartungen auf Anlegerseite sind gesunken, Kapitalerhalt rückt zunehmend in den Fokus.“

SCHNÄPPCHEN SIND VERSCHWUNDEN

Und die Mietrenditen bleiben weiter unter Druck – denn die Preise steigen auch in absehbarer Zeit noch munter weiter: Angetrieben durch die hohe Nachfrage haben sich die Wohnungspreise österreichweit laut Zahlen der Statistik Austria seit 2010 verdoppelt, ein rundes Drittel des Anstiegs kam dabei in den vergangenen zwei Jahren hinzu. „Schnäppchen sind sehr rar geworden: Beinahe wöchentlich hört man von neuen Immobilienprojekten mit höheren Preisvorstellungen“, bestätigt auch der Colliers-Experte.

Wer kauft, muss sich schnell entscheiden können: „Wo früher Kunden eine Wohnung besichtigt haben und sich vor Ort für die Immobilie entscheiden konnten, sind nun meist Renderings und Vormerklisten Usus. Viele Privatinvestoren kaufen Wohnungen und Wohnungspakete als Anlage oder für den späteren Eigenbedarf – oft komplett mit Eigenkapital. Der Markt ist kompetitiver geworden, deshalb empfehlen wir Investoren, sich entsprechend beraten zu lassen.“

„Bei null Prozent Zinsen und über zwei Prozent Inflation werden Wohnimmobilien mit Sicherheit weiter stark nachgefragt werden – es fehlt an sicheren Anlagealternativen“, meint auch Winegg-Prokurist Speiser: Preissteigerungen sind nach wie vor möglich, wenn die Qualität der Immobilie passt, zumal Wien nicht nur günstiger als Manhattan ist – sondern auch günstiger als die meisten deutschen Metropolen. „Vergleicht man Wien mit anderen Großstädten, haben wir weiterhin moderate Immobilienpreise und sehen ausgewählte Immobilien weiterhin als eine sichere Anlage“, betont auch Steger. So kostet in München inzwischen keine Neubauwohnung weniger als 10.000 Euro pro Quadratmeter, und auch Frankfurt, Düsseldorf und Berlin haben längst Preisniveaus erreicht, die deutlich über dem von Wien liegen.

LANDESHAUPSTÄDTE SIND NOCH GÜNSTIGER

Doch es muss nicht immer Wien sein: In ganz Österreich sind Immobilien für Privatanleger inzwischen ein gutes Investment geworden. Denn jene Faktoren, die den Immobilienmarkt unterstützen, sind überall vorhanden: „Niedrige Zinsen, steigende Inflation und Aussichten auf eine gute Konjunkturerholung: In der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation spricht in ganz Österreich vieles für den Kauf einer Wohnung, sei es zur Eigennutzung oder zur Veranlagung“, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin EHL Wohnen. „Die Postleitzahl ist nicht entscheidend: Wichtig ist, ob ein Standort so attraktiv ist, dass man damit rechnen kann, dass dort nachhaltig Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum bestehen wird und es tendenziell eine gewisse Knappheit beim Angebot gibt“, meint auch Peter Berchtold, Vertriebsleiter der Buwog Group GmbH. „Das ist sicher auch in einigen Städten im Umland von Wien und wohl auch der einen oder anderen Landeshauptstadt der Fall.“

Beispielsweise in Graz: Dort werden derzeit sehr viele große Wohnhausanlagen errichtet, neben dem „Lokalmatador“ C&P Immobilien – das Grazer Unternehmen ist inzwischen österreichischer Marktführer im Bereich Vorsorgewohnungen – sind auch andere namhafte Player im Bereich Immobilieninvestments in Graz tätig, so etwa die ARE Austrian Real Estate, die Tochter von Österreichs größtem Immobilieneigentümer, der Bundesimmobiliengesellschaft BIG. „Graz ist in den vergangenen Jahren sehr stark in den Fokus deutscher institutioneller Investoren gerückt“, findet auch Colliers-Investmentexperte Steger. „Neben höheren Renditen schaffen Institutionelle dadurch auch eine verbesserte Risikodiversifizierung. Privatinvestoren können durch Investments in den Landeshauptstädten und Ballungsräumen aufgrund der geringeren Kaufpreise ebenfalls eine Optimierung ihres Portfolios erzielen. Entscheidend für jedes gute Wohnimmobilieninvestment ist aber überall die Vermietbarkeit – dazu zählen neben einer nachhaltigen Miete Lage, Qualität, Infrastruktur und Anbindung.“

In Linz wachsen neben großen Wohnhausanlagen inzwischen auch Wohntürme wie in Wien aus dem Boden – der Bruckner Tower wurde heuer fertiggestellt, als nächstes kommt der Lux Tower am Linzer Volksgarten. Denn Hochhäuser sind auch unter Anlageaspekten sehr interessant, wie Berchtold meint. „Wenn der Standort passt, also gute Verkehrsanbindung, gute Infrastruktur, Freizeitmöglichkeiten etc., dann bieten Wohnungen hoch über den Dächern der Stadt auch außergewöhnlich hohes Potenzial. Mein Tipp sind dort die Wohnungen in den mittleren Stockwerken. Dort ist die Mieterfluktuation geringer als in den besonders preisgünstigen unteren Etagen, und die Kaufpreise sind deutlich niedriger als in den obersten Geschoßen.“

In Graz oder Linz bauen selbst die Türme oft private lokale Player, im Wiener Umland hingegen geben große Wiener Konzerne den Ton an. So errichtet René Benkos Signa in Korneuburg und St. Pölten Anlagen mit Hunderten Wohnungen, und Klemens Hallmann setzt mit seinem Bauträger Süba auf Stadtquartierentwicklung in Wiener Neustadt – dort verbessern moderne Technologien die Ökobilanz, was durch niedrigere Betriebskosten höhere Renditen bringt. In all diesen Projekten wird es auch Vorsorgewohnungen für Privatanleger geben – zu deutlich attraktiveren Preisniveaus als in Wien.

Dabei haben die Mieten hier mit Wien praktisch gleichgezogen. Das macht den Kauf einer Wohnung an der Traisen oder an der Fischa oft zu einem renditeträchtigeren Investment als am Donaukanal. Weniger Chancen für Vorsorgewohnungskäufer bieten zwar der Süden und der Westen Österreichs – dort ist der Mietmarkt in der Regel überschaubar. An den Kärntner Seen oder im Salzkammergut kann allerdings auch das Investment in eine Ferienimmobilie ein lukratives Geschäft sein, und westlich von Salzburg macht die hohe Aufwertung der Substanz den Kauf einer Anlagewohnung trotz deutlich höherer Einstiegsniveaus als im Osten interessant.

Und selbst die Beschränkung auf Wohnen gilt für private Anleger heute nicht mehr: Wenn die Rendite im Vordergrund steht, können Gewerbeimmobilien interessant sein. Dass Private auch diesen Weg wählen, zeigt ein aktueller Deal am Wiener Büromarkt: EHL Investment Consulting hat ein revitalisiertes Bürohaus der Immofinanz an einen privaten Investor vermittelt. „Der Verkauf belegt eindrucksvoll, dass auch kleinere Büroobjekte zunehmend in den Investmentfokus von Privatinvestoren rücken, da hier im Vergleich zu den üblicherweise von dieser Zielgruppe favorisierten Wohnimmobilien doch noch etwas höhere Renditen zu erzielen sind“, sagt Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment Consulting.

GUTE BONITÄT IST WICHTIG

Dieser Deal befand sich im niedrigen zweistelligen Millionenbereich und damit auf einem Niveau, auf dem sonst Wohnimmobilien wie Zinshäuser gehandelt werden. Bei solchen Volumina brauchen aber selbst die vermögendsten privaten Käufer Finanzierungen – und nicht nur dann: Ob es die Vorsorgewohnung oder das Bauherrenmodell ist, bei denen aus steuerlichen Gründen Finanzierungen selbst bei vermögenden Investoren dazugehören, oder die Anlagewohnung, die jemand mit einem Teil privaten Mitteln und einem Teil Bankenkredit kauft: Von jenen mehr als 35 Milliarden Euro, die im Vorjahr in den österreichischen Immobilienmarkt geflossen sind, stammte ein nicht unwesentlicher Teil von Bankenfinanzierungen. „Kreditanfragen dauern wegen der vorsichtigen Haltung der Banken zwar weiterhin länger als vor 2020, Finanzierungen werden aber mittlerweile wieder genauso selten abgelehnt wie vor der Pandemie“, so Schunker: „Das zeigt die im Durchschnitt sehr hohe Bonität der Wohnungskäufer.“

Dass nicht nur die Anleger, sondern auch die kapitalgebenden Banken an einen weiter ungebrochenen Höhenflug des rot-weiß-roten Immobilienmarkts glauben, ist indes das beste Zeichen: Wer zu Anlagezwecken eine Immobilie kauft, wird damit langfristig gute Erfahrungen machen – denn Chancen gibt es auf jedem Teilmarkt und in jeder Anlageklasse von Dornbirn bis Eisenstadt. Wichtig ist aber, keine allzu hohen Mieten zu verlangen. Denn die Einkommen jener, die Wohnungen mieten, steigen nicht so schnell wie die Gehälter ihrer Hausherren. Wer für sein Investment zu viel zahlt – etwa für eine Wohnung in einer doppelt so guten Lage doppelt so viel auf den Tisch legt –, wird seine Mehrkosten nicht durch eine Verdoppelung der Mieten abdecken können. Zumal es keine politische Kraft gibt, bei der nicht die Leistbarkeit des Wohnens ein Kernthema wäre. „Die Mieten werden auf absehbare Zeit in etwa im Bereich der Inflationsrate steigen“, warnt auch Schunker vor überzogenen Mieterwartungen bei Anlagewohnungen: „Große Sprünge sind dabei ebenso unwahrscheinlich wie ein Rückgang des Mietenniveaus.“

„Natürlich sind die Renditen von Wohnungen zu Anlagezwecken im mittel- und langfristigen Vergleich gesunken“, resümiert Buwog-Experte Berchtold. „Aber der Renditeabstand zum Sparbuch, bei dem man heute froh sein muss, wenn man keine Strafzinsen zu zahlen hat, oder zu Anleihen bleibt sehr attraktiv. Und die steigende Inflation ist ohnehin das stärkste Argument für eine Vorsorgewohnung: Erstens sind Immobilien die beste Möglichkeit, die Substanz des eigenen Vermögens zu sichern, und zweitens steigen Mieteinnahmen durch die Indexierung bei höherer Inflation mehr als bei niedrigerer.“

VOLATILITÄT ADE

Dass man mit einer Immobilie bei konservativer Finanzierung und nachhaltig kalkulierter Vermietung langfristig wenig falsch machen kann, belegt übrigens auch der Blick über den großen Teich: Selbst in Manhattan geht es wieder nach oben. Wer also nicht mitten in der Krise verkaufen musste, hat jetzt wieder mehr Luft.

Gerade wurde auf der „Billionaire’s Row“, wo man 2020 nur mit satten Rabatten Käufer fand, ein Penthouse um 169 Millionen Dollar auf den Markt geworfen. Wird die luxuriöse Bleibe verkauft, macht der Eigentümer 100 Prozent Gewinn im Vergleich zu seinem Kaufpreis vor fünf Jahren. Eine beachtliche Erfolgsstory – auch wenn nach 50 Prozent Preisminus selbst 100 Prozent Plus bloß bedeuten, dass man wieder bei null angekommen ist.

In diesem Sinne ist für die meisten Anleger die nicht ganz so steile, aber schwankungsfreie Entwicklung des heimischen Immobilienmarktes wohl bestimmt willkommener. Wie Börsenguru André Kostolany einst sagte: Anleger müssen entscheiden, ob sie ruhig schlafen, oder gut essen wollen. In Österreich kann man aber beides – auch auf dem Immobilienmarkt.

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