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The Hans: Die besten Trattorias und Restaurants in Venedig

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Gondeln, Trattorias, Restaurants und Kunst: "The Hans" Mahr präsentiert die Gourmet-Seite von Venedig.
Gondeln, Trattorias, Restaurants und Kunst: "The Hans" Mahr präsentiert die Gourmet-Seite von Venedig.©Stefanie Hilgarth
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Als junger Mann hat Hans Mahr einst in Italien, in der Lagunenstadt Venedig geheiratet und unweit des Markusplatzes das Hochzeitsmahl eingenommen. In diese Trattoria geht er heute noch. Aber er hat noch viele weitere Tipps abseits der Trampelpfade. Die besten Restaurants und Trattorias in Venedig.

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Ich war jung. Sehr jung und sehr verliebt. Und ich wollte in Italien, in Venedig heiraten, das ist doch der Traum eines echten Wieners. Nach der Trauung durch den Vizebürgermeister am Canal Grande hatte ich einen kleinen Tisch in einer Trattoria unweit des Markusplatzes gebucht. Zu Mittag allerlei Kleinigkeiten von Seespinnen über Sardinen bis zum Schinken - und das mitten unter den Gondolieri, die hier ihre Mittagspause verbrachten.

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Trattoria Alla Rivetta; Salizada S. Provolo, 4625: in Venedig das Lieblingslokal von "The Hans" Mahr.

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Diese Trattoria - das "Alla Rivetta" (Salizada S. Provolo, 4625) - war auf Anhieb mein Lieblingslokal in Venedig. Der sympathische Chef Lino schenkte mir nach den Essen einen ordentlichen Grappa auf Haus ein, was ihn mir noch sympathischer machte. Heute, ein paar Jahrzehnte später, steht Sohn Stefano an der Theke, Enkel Daniele unterstützt ihn. Und das "Alla Rivetta" ist noch immer mein Lieblingslokal. Bei der Biennale, der größten Kunstausstellung der Welt, treffe ich dort viele Freunde aus deutschsprachigen Landen, die ich höchstpersönlich bei Lino, Stefano und Daniele eingeführt habe. Keine Angst, es gibt nicht nur die Cicchetti, die kleinen venezianischen Gabelbissen, sondern auch Spaghetti, Rigatoni, Gnocchi und Co, Fisch und eine erstklassige venezianische Leber.

Venedig - Stadt der Kanäle und 2.000 Restaurants

2.000 Restaurants gibt es angeblich in Venedig, die meisten davon servieren lieblos Pizza und Pasta an schwitzende Touristen und sind nicht der Rede wert. Um was richtig Venezianisches zu finden, muss man sich ein bisschen auskennen. Bei der Biennale - Start im April, Finale im November - bin ich daher wieder mal um die venezianischen Häuser gezogen, um Neuentdeckungen zu machen.

Wo isst man am besten während der Biennale | Venedig Restaurant Guide 2022 | THE HANS

Die Taverna "Scalinetto" (campo bandiera e moro, 3803) zum Beispiel, auf halbem Weg zwischen Markusplatz und den Giardinis, wo die Kunstshow stattfindet. Die überbordende Dekoration mit Fischernetzen und ähnlichem Klimbim ist nicht meine Sache, das Essen aber schon: Spaghetti Vongole mit Bottarga, schwarze Ravioli mit Fisch, die Gnocchi mit Perlhuhn und ein Radicchio-Risotto mit scharfer Wurst -und nachher serviert Paolo den Branzino in der Salzkruste, klopft das Salz ab. und der Fisch ist genau am Punkt gegart. Ja, genau so etwas will ich in Venedig.

Dort im Quartier Castello findet man überhaupt die meisten, auch bezahlbaren Wirtshäuser der Lagunenstadt. Zwei Hostarias (also gehobenere Rastplätze) zum Beispiel. Die "Hostaria Castello", (Salizada S. Antonin, 3476) wo zwei Junggastronomen einen tollen Job machen: Cucina Veneziana Moderna auf Holztischen -nicht nur die bekannte Pasta plus Pesce, sondern spezielle Kreationen des Hauses wie den gebratenen Tintenfisch mit Kartoffelschaum und Olivenpulver, Gnocchi mit Kabeljau und Erbsen oder ein Spanferkel mit Rosmarin und Polenta.

Fast daneben, auf der anderen Seite der kleinen Brücke, das "Local", (Salizzada dei Greci, 3303) wo Gastgeberin Benedetta noch einen Schritt weitergeht und gewagte, aber gelungene Kombinationen servieren lässt: Ein Tataki vom Lagunenfisch mit Fenchel und Apfel, die Ravioli mit roten Beeten und Eierschwammerln, den Aal mit Mais und Wasabi, die Wachtel mit Feige und Fois Gras. Ja, so etwas hat der etwas verstaubten Küche Venedigs gefehlt. Nur beim Wein heißt es aufpassen - die glasweise ausgeschenkten Produkte aus Friaul und Venetien sind absurd überteuert, 15 Euro für zwei Deziliter vom "normalen" Pinot Blanc eine Zumutung. "Wir hatten schwere Zeiten in der Pandemie", sagt die Chefin mit treuherzigem Blick. Versteh schon, Benedetta, aber übertreiben muss man bei der Refinanzierung der harten Monate auch wieder nicht.

Leistbare Lokale in Venedig

Genug der Beschwerde. Ebenfalls in Castello angesiedelt ist ein Biennale-Klassiker, der nicht nur dem wagemutigem Gast gefallen wird: das "Corte Sconta", (Calle del Pestrin, 3886) wo die deutschsprachige Künstler-Elite seit Jahrzehnten ihre Erfolge feiert und ihre Enttäuschungen mildert. Friaulische Küche mit viel Fisch - am besten sitzt man im schönen Innenhofgarten und bestellt die Sconta-Platten: die Antipasti (Schwertfisch-Carpaccio, marinierter Tunfisch, eingelegte Seespinne, Venusmuscheln usw.) für den ersten Appetit und nachher die gegrillten Adria-Fische um jeweils 28 Euro pro Person. Net schlecht, sagt da der Wiener und ordert einen Sauvignon Blanc aus Friaul dazu.

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Corte Sconta: Schwer zu finden, aber köstliches Essen

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Aber was gibt es sonst noch an "leistbaren" Lokalen in der Lagunenstadt nicht nur während der Biennale, wo man diesmal für spannende Kunstobjekte zum Nebenschauplatz Arsenale laufen muss, weil in den Giardinis altbackene Reminiszenzen an vergangene Frauenpower und aktuelle Woke-Kultur dominieren? Na ja, ist halt der Trend, doch zurück zu den kulinarischen Gelüsten.

Nur fünf Minuten von der Ponte Accademia entfernt, findet man die "Enoteca Ai Artisti" (Fondamenta della toletta 1169 abc) - wahrscheinlich eine der letzten originalen Venedig-Adressen. Dort trifft man mehr Einheimische als Touristen, um richtige Chiccetti auszuprobieren. Oder, wenn man einen der fünf Tische ergattert hat, um auch zum Abendessen zu bleiben, mit knackigen Scampi, zarten Jakobsmuscheln und einem kleinen Filet vom Schwertfisch - alles angeblich aus der Lagune. Aber wer weiß das schon, ob's stimmt, Hauptsache, es schmeckt.

Venedigs Qual der Wahl: Osteria, Trattoria, Pizzeria, Ristorante, Taverna, ...

Auch gleich hinter dem Fischmarkt bei der Rialtobrücke (Mercato di Rialto, Sestiere S. Polo, 122) wartet eine traditionelle Trattoria auf den Venedig-Besucher -allerdings mit modernem kulinarischem Einschlag. In der "Antiche Carampane" (Rio Terà de le Carampane, 1911) werden der Stockfisch in Tomatensauce mit Polenta, der Tintenfisch mit Artischocken und die gebackenen Scampi mit Wasabi serviert. Und in die "Osteria alla Vedova" (also bei der Witwe; Ramo Ca' d'Oro, 3912) hinter dem Bahnhof treibt es mich wegen der Pasta. Die dicken Bigoli (die typisch venezianischen Nudeln) kommen mit Anchovis, die Linguine mit schwarzer Tintenfisch-Sauce und die Bucatini mit viel Speck, wie es sich "all'Amatriciana" gehört - alles um jeweils zwölf Euro, da freut sich die Familie, die von all dem probieren kann.

Zum guten Schluss darf ich den geneigten Lesern noch weitere Lieblingslokale vorstellen, die bei keinem meiner Lagunenbesuche fehlen dürfen. Im Sommer zum Draußensitzen auf der kleinen, versteckten Piazza zwischen San Marco und Rialto (selbst mit Google Maps hab ich mich schon ein paarmal verirrt) das "Ai Mercanti", (Corte Coppo, 4346) das sich selbst als Gastrosteria bezeichnet - eine Art Bistro auf Italienisch und fest in weiblicher Hand. Nadia kocht, und Ania hat den Service im Griff. Die Kulinarik gewagt, aber ein Volltreffer, wenn man der normalen Italianatas überdrüssig ist: geräucherte Makrele mit Meeresalgen, Kabeljau in der scharfen Kokos-Limonengras-Suppe, Lamm mit schwarzem Kohl - einfach probieren!

Wenn die Qual der Wahl, vor allem wegen des quengelnden Nachwuchses, besonders groß ist, pilgern sie doch zu meinem Freund Gianni Bonaccorsi am Campo di Santi Filipppo e Giacomo hinter dem Markusplatz. Gianni sitzt links in seiner Pizzeria "Aciugheta", (Campo Santi Filippo e Giacomo, 4359) und Frau und Sohn Nicolo sind gegenüber für das Fine Dining im "Il Ridotto" (Campiello, Campo Santi Filippo e Giacomo, 4509) verantwortlich. Dort 16 verschiedene Pizzen für die hungrigen Kinder und da Sterneküche mit Kreationen wie Scampi/Lauch/Hering/Kräuter bis hin zu Schweinebauch/Rippchen/Bohnen/Spinat für die Gourmet-Eltern. Und das Schöne dran: Man hat die Kleinen von der "feinen" Terrasse aus fest im Blick, wenn die ihre Pizza futtern. Jung und Alt, gastronomisch getrennt und doch vereint. Viva Venezia!

Alteingesessen, aber gut: Venedigs Traditions-Restaurants

Zu Venedig gehört auch das alte Venedig. Etwa das alteingeführte „Da Fiore“ in San Polo (S. Polo, 2202). Dort bucht man am besten einen Tisch mit Fensterblick zum Kanal. Oder im „Alle Testiere“ (Calle del Mondo Novo, 5801) auf halbem Weg zwischen Markusplatz und Rialto-Brücke, das gibt’s auch schon mehr als 20 Jahre. Nur 22 Sitzplätze und ein wenig kreativer als das „Fiore“, aber trotzdem gemütlich. Vielleicht ist ja das der richtige und gediegene Platz für Hochzeits- oder Geburtstag.

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Da Fiore: Traditionell und alteingeführt

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Und dann, wenn die Brieftasche (zu) prall gefüllt ist, kann man auch das „Quadri“ am Markusplatz (P.za San Marco, 122) buchen, im ersten Stock über den berühmten „Caffè Quadri“, wo zu jeder Stunde der Donauwalzer von der vierköpfigen Kapelle intoniert wird. Ein Michelin-Stern, Restaurateur und Koch Massimo Aljamo hat die Speisen kreiert, und zwei andere Köche stellen sie her. Das Neun-Gänge-Menü kostet 225 Euro, und wer einen Tisch mit Blick auf den Markusplatz ergattern will, darf nochmals 150 Euro für die Reservierung blechen. Alles zusammen kann man für zwei Personen mit Wein an die 800 Euro rechnen – na ja, da würde ich eher zum Erwerb eines kleinen Diamantringes raten, wenn der Anlass des Dinners entsprechend ist.

Wo immer das Essen schmeckt, vorher oder nachher (am besten beides) sollte man in Venedig eine der typischen Bacari aufsuchen – diese kleinen Weinbars, meist an einem der Dutzenden Plätze, wo sich die Einheimischen nachbarschaftlich auf ein Glaserl treffen und die Touristen, wenn sie nicht zu laut sind, auch dabei sein dürfen. Ein Achterl in der Hand und vor sich einen Teller mit den „Cicheti“, den tapas-artigen Häppchen, die man an der Theke zusammensammelt, so lässt sich die Lagunenstadt am besten zelebrieren.

Übrigens, das Achterl wird „un ’ombra“ genannt, also „ein Schatten“, warum auch immer. Und der Name „Cicheti“ stammt vom Lateinischen „Ciccus“, was so viel wie „eine kleine Menge“ bedeutet – egal, Mozzarella, Stockfisch, Oliven, Thunfischbällchen oder Sardinen munden vorzüglich, falls sie tatsächlich frisch sind. Was nicht bei allen Bacari auch tatsächlich der Fall ist. Manchmal sind sie schon vor Stunden zubereitet worden, und man merkt ihnen das leider an. Daher auch hier: Vorsicht bei der Wahl der richtigen Lokalität, es gibt ja viel zu viele davon. Da bietet sich die „Cantina do Mori“ (Calle Do Mori, 429) an, die älteste Weinbar, und das laute „Bancogiro“, (Campo San Giacometto, Ponte di Rialto, 122) beide hinter der Rialto-Brücke. Oder das vornehmere „All Arco“ (S. Polo, 436), da gibt’s auch richtiges Essen. Und der kleine, aber feine Weinladen „Già di Schiavi“ (Fondamenta Nani, 992).

Mir am liebsten ist der Bacaro „Risorto“ (Campo S. Provolo, 4700) hinterm Markusplatz, der hat zumindest bis eins in der Nacht offen, und ich gedenke des verblichenen Harald Juhnke, der mal sein Glück so definiert hat: „Keine Termine und leicht einen sitzen …“

Der Artikel ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 27. Mai 2022 entnommen.

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