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Behandlungsfehler: Die besten Tipps für Patienten und Ärzte

In Kooperation mit D.A.S. Rechtsberatung der Ergo Versicherung AG
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Behandlungsfehler: Wann Ärzte und Apotheker haften
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Es gibt strenge rechtliche Voraussetzungen, um als Patient nach einer Behandlung Schadenersatz fordern zu können. Peter Winalek, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsberatung, erklärt, was es bei einer Klage zu beachten gilt und gibt Tipps, worauf Ärzte achten sollten, um sich vor gerichtlichen Auseinandersetzungen zu wappnen.

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Falsch operierte Knie, übersehene Vorerkrankungen, schlecht zusammenwachsende Brüche - Behandlungsfehler können jeden Patienten treffen. Jährlich beschweren sich deshalb tausende Betroffene bei Ärztekammern und Patientenanwaltschaften.

Ob eine Behandlung erfolgreich war oder nicht, darüber streiten sich mitunter die Geister. Doch nur weil eine Behandlung nicht wunschgemäß angeschlagen hat, können Ärzte dafür nicht belangt werden. Selbst wenn bei kosmetischen Behandlungen der Erfolg anders aussieht als erwartet, kann man nicht einfach Schadenersatz fordern. Dafür gibt es strenge rechtliche Voraussetzungen. Peter Winalek, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsberatung, erklärt, was es zu beachten gilt, damit eine Klage Aussicht auf Erfolg hat und gibt Tipps, worauf Ärzte achten sollten, um sich vor gerichtlichen Auseinandersetzungen zu wappnen.

Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?

Ein Behandlungsfehler durch Ärzte liegt laut OGH vor, „wenn diese nicht nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorgegangen sind oder die übliche Sorgfalt eines ordentlichen pflichtgetreuen Durchschnittsarzts in der konkreten Situation vernachlässigt haben“. Unterläuft einem Arzt ein solcher Fehler, kann dagegen juristisch vorgegangen werden.

Der Arzt ist zwar nicht verpflichtet, die Gesundheit des Patienten wiederherzustellen, hat aber sein fachliches Wissen und Können nach den Regeln der ärztlichen Kunst einzusetzen. Behandlungsfehler können beim Befund, der Diagnose, der Therapie, aber auch bei mangelhafter Aufklärung passieren.

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn

  • die Behandlung grundlos nicht nach den anerkannten Regeln der (ärztlichen) Kunst („lege artis“) durchgeführt wurde oder

  • die Behandlung zwar im Rahmen der anerkannten Regeln erfolgt ist, aber vom Arzt nicht sorgfältig durchgeführt wurde.

Behandlungsfehler: Mögliche rechtliche Konsequenzen

Werden Ärzte mit solchen Schadensersatzansprüchen konfrontiert, empfiehlt sich umgehend eine Meldung an die Berufshaftpflichtversicherung zu machen. Diese übernimmt die Abwehr ungerechtfertigter Forderungen oder erfüllt die Ansprüche des Geschädigten. Es gibt drei Voraussetzungen für eine zivilrechtliche Haftung des Arztes:

Voraussetzungen, um einen Behandlungsfehler geltend machen zu können

  1. Es muss ein Schaden vorliegen. Ein Schaden stellt jeden Nachteil dar, der jemandem an Vermögen, seinen Rechten oder an seiner Person zugefügt wurde.
    Der Schädiger muss Heilungskosten, Verdienstentgang und Schmerzensgeld leisten. Wird jemand verunstaltet können auch dafür Ersatzansprüche gestellt werden.
    Wenn durch einen Behandlungsfehler ein Patient stirbt, müssen alle dadurch entstandenen Kosten übernommen werden, wie etwa Begräbniskosten. Es entsteht auch eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Hinterbliebenen des Verstorbenen.

  2. Der Schaden muss kausal und rechtswidrig sein. Um jemanden zivilrechtlich haftbar machen zu können, muss das Fehlverhalten ursächlich für den Schaden verantwortlich sein. Das Verhalten, das den Schaden verursacht hat, muss zudem auch rechtswidrig sein. Das bedeutet, dass ein absolut geschütztes Rechtsgut, wie etwa Leben oder Vermögen verletzt wird oder gegen eine eine vertragliche Verpflichtung verstoßen wurde.

  3. Verschulden, wenn vorsätzlich und fahrlässig. Ein Recht auf Schadensersatz besteht nur, wenn ein schuldhaftes Verhalten zu einem Schaden geführt hat. Im österreichischen Recht werden zwei Verschuldensformen unterschieden: Vorsatz und Fahrlässigkeit. Beim Vorsatz wird ein Schaden willen- und wissentlich herbeigeführt. Ein fahrlässiges Verhalten liegt vor, wenn die notwendige Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse gilt für Ärzte ein besonders hoher Maßstab, was die Sorgfalt anbelangt.

Behandlungsfehler: Die Vorteile, wenn man sich im Krankenhaus behandeln lässt

Sich in einem Krankenhaus behandeln zu lassen, hat für Patienten haftungsrechtliche Vorteile. Wenn ein Patient im Krankenhaus einen Eingriff vornehmen lässt, ist sowohl der Arzt als auch das Krankenhaus dem Patient rechtlich verpflichtet.

Der Behandlungsvertrag zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten beinhaltet eine Vielzahl an Verpflichtungen. Das Spital etwa haftet dafür, dass die Behandlung gewissenhaft und ohne Unterscheidung der Personen von den angestellten Ärzten und sonstigem medizinischen Personal durchgeführt wird.

Die Hauptleistungen des Arztes etwa vor einem Eingriff, die er auch aus juristischer Sicht erfüllen muss, sind: Befunde erstellen (z.B. Blutuntersuchungen, Röntgen oder CT), eine entsprechende Diagnose ableiten und den Patienten darüber informieren und aufklären. In weiterer Folge muss die dem jeweiligen Fach entsprechende Behandlung (unter Umständen unter Einbindung weiterer Fachärzte) durchgeführt und dokumentiert werden.

In einem Krankenhaus behandelt zu werden, hat für Patienten den Vorteil, dass die Beweislast zu Gunsten des Patienten geändert wurde. "Es ist daher ratsam, den Krankenhausträger zumindest zusätzlich in Anspruch zu nehmen", so Peter Winalek, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsberatung. Zudem können sämtliche Personen, die die Behandlungen am Patienten durchführt haben, haftbar gemacht werden, vom Anästhesisten bis zur Operationsschwester.

"Vielen von ihnen ist nicht bewusst, dass sie, obwohl der Patient mit ihnen keinen Vertrag abgeschlossen hat, haften", warnt Winalek. "Im Unterschied zur vertraglichen Haftung ist es für Patienten zwar schwieriger, ihr Recht durchzusetzen, aber in der Praxis in zahlreichen Fällen doch möglich."

In welchen Fällen Patienten eine Mitschuld trifft

Auch Patienten haben Pflichten zu erfüllen. Beispielsweise die Bezahlung des Honorars oder ihre aktive Mitarbeit bei der Behandlung, um einen Heilungserfolg zu erzielen.

Patienten sind verpflichtet ärztliche Ratschläge und Therapieanweisungen zu befolgen und Auskunft über bisherige Erkrankungen und eingenommene Medikamente zu geben. "Sollte der Patient seinen Teil des Behandlungsvertrags nicht erfüllen, wird ihm ein Mitverschulden angerechnet, das im Extremfall dazu führen kann, dass sein gesamter Schadenersatzanspruch entfällt", gibt Winalek zu bedenken.

Bevor man also einen Anspruch aufgrund eines Behandlungsfehlers geltend macht, sollte man alle Für und Wider genau abwägen. Winalek: "Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch sollten genau geprüft werden, sei es ein vertraglicher gegenüber dem Krankenhaus oder ein deliktischer, wie in den meisten Fällen gegenüber dem behandelnden Arzt im Spital."

Behandlungsfehler: Wann das Strafrecht gilt

In einem Strafverfahren steht die Bestrafung des Täters im Vordergrund. Hier werden zwei Arten von Delikten unterscheiden: Offizialdelikte und Privatanklagedelikte.
Als Offizialdelikt gilt etwa fahrlässige Körperverletzung oder fahrlässige Tötung. Die Strafverfolgung erfolgt von Gesetzes wegen. Nach der Anzeige entscheidet der Staatsanwalt, ob ein Verfahren gegen den Arzt eingeleitet wird.

Als Privatanklagedelikten gilt beispielsweise eine vom Arzt eigenmächtig durchgeführte Heilbehandlung. Bei diesen Delikten wird nicht der Staatsanwalt tätig, sondern eine Privatperson, die eine Anzeige gegen einen Arzt einbringt.

Was Patienten, die Schadenersatz fordern, bedenken sollten

Eines der wesentlichen Probleme bei der Geltendmachung eines vermuteten Behandlungsfehlers liegt darin, dass Patienten meist komplexe medizinische Behandlungsmethoden und realistische Möglichkeiten einer erfolgreichen Behandlung nur schwer einschätzen können.

Hinzu kommt die oft falsche Einschätzung, was der Arzt leisten muss. Denn ein häufiger Irrglaube ist, dass der Arzt verpflichtet ist, den Patienten zu heilen.

"Die Behandlung muss jedoch nur nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, juristisch auch 'de lege artis' genannt, durchgeführt werden", erläutert Winalek, Anwalt bei TELOS Law Group. "Doch das wird von zahlreichen Patienten ausgeblendet, wenn sie Schadenersatz aufgrund eines Behandlungsfehlers fordern", so Winalek weiter.

Schadenersatz und Verfahrenskosten: Was Ärzte beachten sollten

  1. Wenn ein Patient Schadenersatz will, können die Kosten so hoch sein, dass die berufliche Existenz gefährdet sein kann. Außerdem muss der behandelnde Arzt - im Falle eines Prozessverlustes - die Anwaltskosten (auch der Gegenseite) für das Verfahren zahlen.
    "Das Krankenhaus übernimmt zwar oft die Bezahlung des Schadenersatzes und die Verfahrenskosten, auf eine Haftpflicht- und eine Rechtsschutzversicherung sollten Ärzte trotzdem nicht verzichten", rät Winalek.
    Die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren werden, so der D.A.S. Partneranwalt, selbst im Falle eines Freispruches nicht bzw. nur zu einem geringen Teil vom Staat ersetzt.

  2. Nicht selten übersehen Ärzte, dass sie aufgrund der mittlerweile umfangreichen Judikatur neben der reinen Behandlung auch viele andere Pflichten haben. Winalek: "Wenn etwa die Aufklärung des Patienten oder die Dokumentation der Behandlung nicht ausreichend war, kann das dem Arzt vor Gericht zum Verhängnis werden."
    Denn um einen möglichst hohen Standard in der medizinischen Betreuung sicherzustellen, wurden sowohl standardisierte Verfahrensabläufe entwickelt, als auch die Aufklärungs- und Dokumentationspflicht umfassend geregelt.

Narkosefehler: Nach Urteil 250.000 Euro Schmerzensgeld

Ein relativ hohes Schmerzensgeld wurde einem Mädchen wegen eines Narkosefehlers vom Oberlandesgericht Innsbruck zugesprochen. Zwei Monate nach der Geburt wurde bei dem Kind eine Hernien-Operation durchgeführt. Aufgrund eines ärztlichen Narkosefehlers kam es bei dem Mädchen zu einem Sauerstoffmangel und in weiterer Folge zu irreparablen Hirnschädigungen, die alle Körperteile und Körperfunktionen betrafen. Dem Mädchen, das zum Zeitpunkt der Klage neun Jahre alt war, wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 Euro zugesprochen. Zusätzlich erhielt es eine Entschädigung für die daraus resultierende Verunstaltung. ( OLG Innsbruck 69 Cg 26/11 k. )

Verletzung der Aufklärungspflicht: So streng sind die Gerichte

Ein Arzt ist aufgrund seines Behandlungsvertrages verpflichtet, seine Patienten über die Art und Schwere sowie über schädliche Folgen und mögliche Gefahren einer Behandlung aufzuklären. Selbst wenn es im Zuge der Behandlung zu keinem Kunstfehler kommt, haftet der Arzt für nachteilige Folgen, wenn er die Behandlung ohne Einwilligung des Patienten oder ohne ausreichende Aufklärung vorgenommen hat. Eine Ausnahme wäre nur, wenn der Arzt beweist, dass der Patient auch dann in die Behandlung eingewilligt hätte, wenn er in ausreichendem Ausmaß aufgeklärt worden wäre. ( RIS- Justiz RS 0038485). Die Aufklärung bei kosmetischen Operationen muss besonders umfassend sein. Das bedeutet, die Aufklärungspflicht ist umfassender, je „unnötiger“ der Eingriff ist. ( 6 Ob 585/91)

Behandlungsfehler: Wann der Apotheker haftet

Genau wie ein Arzt, führt auch ein Apotheker eine öffentliche Tätigkeit aus, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Ein Apotheker hat daher als Sachverständiger in seinem Fach für mangelnde Fähigkeit und Kenntnis einzustehen. Was die zivilrechtlichen Haftung und der strafrechtlichen Verantwortung betrifft, gilt dasselbe wie für Ärzte.

Verurteilung eines Apothekers wegen eines falsch dosierten Medikamentes

In Deutschland wurde ein Apotheker wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil er einer 26-jährigen Patientin versehentlich eine Überdosis des Substitutionsmittels Methadon verabreichte. Der Apotheker hatte nur einen flüchtigen Blick auf das Rezept geworfen. Er verabreichte die 15-fache Menge, angerührt in einem Orangensaft. Die Frau fiel ins Koma und verstarb zwei Tage später.

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Dr. Peter Winalek
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