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Haftung AG: So wahren Vorstand und Aufsichtsrat ihre Rechte

In Kooperation mit D.A.S. Rechtsschutz der ERGO Versicherung AG
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Manager haften und können auch vor Gericht landen.
Manager haften und können auch vor Gericht landen.©iStock
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Wann die Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten in einer AG schlagend wird, wann sie persönlich nach innen, gegenüber Dritten wie Gläubigern und Aktionären haften, wie sich davor schützen können. Was Business-Judgment-Rules bedeuten, Was eine Vermögenshaftpflichtversicherung bringt. Helmut Horn, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsschutzberatung der Ergo Versicherung, klärt auf.

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Wann Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte persönlich nach innen, gegenüber Dritten, wie etwa Gläubigern und Aktionären, haften und wie sie sich davor schützen können. Was Business Judgement Rule bedeutet, was eine Vermögenshaftpflichtversicherung bringt. Helmut Horn, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsschutzberatung der Ergo Versicherung, klärt auf.

Für Vorstände und Aufsichtsräte sind die Zeiten aus juristischer Sicht schwieriger geworden. Sowohl Gesellschafter als auch Gläubiger haben in den letzten Jahren vermehrt versucht, Mitglieder der Führungsebene haftbar zu machen. Das Haftungspotenzial für Vorstand und Aufsichtsrat ist groß, treffen diese doch auch strenge Sorgfaltspflichten. Sowohl Vorstands- als auch Aufsichtsratsmitglieder haften solidarisch. „Besonders Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften stehen in der Schusslinie“, weiß Helmut Horn, Partneranwalt der D.A.S. Rechtsschutzberatung, aus Erfahrung.

1. Haftung gegenüber der Gesellschaft

Die Vorstandsmitglieder sind gemäß zivilrechtlicher Haftung des Aktiengesetzes (AktG) bei ihrer Geschäftsführung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verpflichtet. Vorstandsmitglieder, die ihre Obliegenheiten verletzen, sind der Gesellschaft zum Schadenersatz als Gesamtschuldner verpflichtet.

Ein Vorstandsmitglied oder auch ein Geschäftsführer haftet insbesondere, wenn das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht eingehalten wurde. Es verbietet Ausschüttungen an Gesellschafter und gilt für Aktiengesellschaften, GmbHs und GmbH & Co. KGs. Gesellschafter haben nur Anspruch auf den Bilanzgewinn, der sich aus dem Jahresabschluss ergibt, soweit die Ausschüttung des Bilanzgewinns nicht durch Gesellschaftsvertrag (Satzung), Beschluss der Gesellschafter oder durch das Gesetz ausgeschlossen ist. Alle anderen Ausschüttungen und sonstige Vermögenszuwendungen an die Gesellschafter sind verboten.

Vorstand haftet für Abgabenschuld persönlich

Zur Sorgfaltspflicht von Vorständen und Geschäftsführern zählt es auch, dass die Abgaben für das Unternehmen bezahlt werden. Werden die Abgabenverbindlichkeiten nicht beglichen, haftet der Geschäftsführer oder Vorstand eines Unternehmens persönlich. Das betrifft beispielsweise Sozialversicherungsbeiträge oder eine nicht fristgerecht abgegebene Steuererklärung oder wenn die Abgaben nachlässig, also etwa nicht zur Gänze, entrichtet wurden. Dem Vorstand droht in solchen Fällen zusätzlich auch eine Verwaltungsstrafe. Sowohl Vorstandsmitglieder als auch Aufsichtsratsmitglieder haften solidarisch.

Was bedeutet Sorgfaltspflicht für Führungskräfte?

Der Maßstab für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder wird durch jene Sorgfalt gebildet, die ein ordentlicher Geschäftsmann in leitender Position bei selbstständiger treuhändiger Wahrung fremder Vermögensinteressen einzuhalten hat.

OGH verschärfte Sorgfaltspflichten
Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15. September 2020 (6 Ob 58/20b) haftet ein Aufsichtsratsmitglied „demnach für den Mangel jener Sorgfalt, die man von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied nach der besonderen Lage des Einzelfalls verlangen kann; er muss in geschäftlichen und finanziellen Dingen ein größeres Maß an Erfahrung und Wissen besitzen als ein durchschnittlicher Kaufmann und die Fähigkeit haben, schwierige rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beurteilen“.


Horn: „Der Entscheidung lag ein typischer Sachverhalt für eine Haftungsfrage zugrunde, bei dem Darlehen an in einem Naheverhältnis stehende Gesellschaften gewährt wurden.“
Besonderes Augenmerk sollten Vorstände auch auf jene Handlungen legen, die der Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung bedürfen.

2. Vorstand haftet gegenüber Dritten

Eine direkte Haftung gegenüber Dritten wie Aktionären, Gläubigern oder Behörden ist zwar die Ausnahme, kann aber aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften wie Bundesabgabenordnung oder aufgrund von Bestimmungen des Gläubigerschutzes bestehen. So haften Vorstände gegenüber Gläubigern, wenn das Leitungsorgan schuldhaft die Einleitung eines Insolvenzverfahrens verzögert und ihnen so ein Schaden entsteht. Darüber hinaus haften Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer bis zur Höhe von 4000 Euro für die Anlaufkosten eines Insolvenzverfahrens.

Letztlich kann sich eine Haftung auch aus Straftaten ergeben. Etwa bei Untreue oder grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen. Dabei handelt es sich um Schutzgesetze, die einen Schadenersatzanspruch begründen.

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3. Business-Judgement-Rule: Die Beweislast liegt beim Kläger

Sowohl für Vorstände als auch für Aufsichtsräte ist die Business Judgement Rule (BJR), die seit 2016 mit dem Strafrechtsänderungsgesetz auch im Aktiengesetz Eingang gefunden hat, zu beachten.
Die BJR hat die Aufgabe, die Haftung für unternehmerisches Handeln zu begrenzen, und kehrt die Beweislast um. Handeln Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer im Einklang mit der BJR, wird vermutet, dass die Organe bei ihren unternehmerischen Entscheidungen („Business Judgement“) ordnungsgemäß gehandelt haben.

Es müssen vier kumulative Voraussetzungen vorliegen, damit eine unternehmerische Entscheidung sorgfaltsgemäß vorgenommen wird:

  • Der Geschäftsleiter muss unbefangen sein.

  • Die Entscheidung muss auf Grundlage angemessener Information getroffen werden, also sachkundig erfolgen.

  • Die Entscheidung muss in der Überzeugung, im besten Interesse und zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, erfolgen.

  • Der Geschäftsleiter muss vernünftigerweise annehmen dürfen, dass er zum Wohl der juristischen Person handelt.

Haben die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer diese Voraussetzungen erfüllt, muss der Kläger (Gesellschaft, Aktionär) diese Vermutung ihres ordnungsgemäßen Handelns entkräften.

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Zunehmend sind in der jüngsten Vergangenheit auch Aufsichtsräte in das Visier der Justiz geraten.

© FangXiaNuo

Pflichten und Haftung des Aufsichtsrats einer AG

Aus Sicht des Aufsichtsrats gilt es, die Gründe des Vorstands für seine Entscheidung kritisch zu prüfen, um sich eine entsprechend fundierte eigene Meinung bilden zu können. Den Aufsichtsrat trifft somit ein pflichtgemäßes Ermessen bei seiner Entscheidungsfindung.

Die Haftung des Aufsichtsrats war bisher selten Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen. „Es werden jedoch wie bei Vorständen künftig verstärkt persönliche Haftungen von Aufsichtsratsmitgliedern gerichtlich betrieben werden“, ist Horn überzeugt. Nicht zuletzt jüngste Skandale, wie etwa die Insolvenz der Commerzialbank Mattersburg oder im größeren Rahmen der Zusammenbruch der Wirecard AG in Deutschland, in denen auch ein Versagen der jeweiligen Aufsichtsorgane thematisiert wurde, dürfte derartige Bestrebungen weiter antreiben.

So lässt sich das Haftungsrisiko im Management begrenzen

  1. 1. Bei Entscheidungen Hauptversammlung fragen
    Der Vorstand hat die Möglichkeit, Fragen der Geschäftsführung der Hauptversammlung vorzulegen. In diesem Fall ist dieser von einer Haftung gegenüber der Gesellschaft befreit, wenn diese seinem Vorschlag zustimmt. „Entscheidendes Kriterium ist allerdings, dass die Hauptversammlung umfassend über die zu beschließende Frage aufgeklärt wird“, erklärt Horn. Diese eingeschränkte Außenhaftung des Vorstands gegenüber Gesellschaftsgläubigern wird auch durch den Beschluss der Hauptversammlung nicht beseitigt. Die Zustimmung des Aufsichtsrats zu einem Vorhaben der Geschäftsleitung befreit den Vorstand jedoch nicht von der Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft.

  2. 2. Haftung auf bestimmte Teilbereiche begrenzen
    „Die Haftung lässt sich dadurch beschränken, dass nur ein Vorstandsmitglied für einen Teilbereich als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person bestimmt wird“, rät Horn. Generell hält er es für sinnvoll, in der Geschäftsordnung durch eine Ressortverteilung im Vorstand die Haftung zu reduzieren. Ein Kernbereich an Aufgaben, für deren Einhaltung alle Vorstandsmitglieder einstehen müssen – wie das rechtzeitige Erkennen einer drohenden Insolvenz der Gesellschaft –, sollte jedoch bestehen bleiben.

  3. 3. Vorstände in Privatstiftungen: formale Vorgaben streng einhalten
    Neben Vorständen von Aktiengesellschaften sind in der jüngsten Judikatur besonders Vorstände von Privatstiftungen in die Haftung genommen worden. Auch für diese gilt, dass die Einhaltung formaler Vorgaben, sei es durch Gesetz, Stiftungsurkunde oder Beschlüsse, essenziell ist, um persönliche Haftungen tunlichst zu vermeiden.

  4. 4. Rechtswidrige Beschlüsse: alles Zumutbare dagegen unternehmen
    Mitglieder der Geschäftsleitung sind jedoch von der Haftung ausgeschlossen, wenn sie gegen rechtswidrige Beschlussfassungen alle zumutbaren Schritte unternommen haben. „Bloß gegen ein Vorhaben zu stimmen reicht nicht aus“, warnt Horn.

Was eine Haftpflichtversicherung für Manager bringt

Aufgrund der Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat ist ein adäquater Versicherungsschutz ratsam, um sich davor zu schützen, im Haftungsfall selbst zur Kasse gebeten zu werden. Das im Geschäftsleben übliche Instrument ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter, die als „D&O-Versicherung“ als Kurzform für „Directors’ and Officers’ Liability Insurance“ bezeichnet wird. Diese dient der Absicherung von Organen, wie es Vorstand und Aufsichtsrat sind, persönlich im Weg der Innenhaftung oder gegen eine von Dritten geltend gemachte Außenhaftung finanziell zur Rechenschaft gezogen zu werden.

In der Regel fungiert das Unternehmen als Versicherungsnehmer, der auch die Prämien bezahlt. Versicherte Personen sind Leitungsorgane, aber oft auch leitende Angestellte. Es handelt sich daher somit meist um eine Versicherung für fremde Rechnung.

Worauf bei einer D&O-Versicherung zu achten ist

Konkrete Regelungen für die D&O-Versicherung bestehen zwar laut Gesetz nicht, sodass lediglich subsidiär die Regelungen über die Haftpflichtversicherung gelten.

  1. Besonderes Augenmerk ist daher auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu legen (kurz: AVB), die bei jedem Versicherungsunternehmen anders ausgestaltet sind.

  2. Auch Verträge für einzelne Organmitglieder sind möglich. Solche sind von Bedeutung, wenn in der von der Gesellschaft abgeschlossenen D&O-Versicherung zahlreiche Personen als Begünstige des Versicherungsschutzes vorhanden sind, sodass die Gefahr besteht, dass im Schadensfall die Versicherungssumme nicht ausreicht, um alle Ansprüche abzudecken.

  3. Der D&O-Versicherer deckt Innen- und Außenansprüche, wobei in der Praxis oft auch die Haftungen für öffentlich-rechtliche Ansprüche, wie etwa für die Abgaben an die Sozialversicherung, ebenfalls gedeckt werden.

  4. Der Versicherer übernimmt auch sämtliche Kosten, die mit der gerichtlichen, aber auch außergerichtlichen Abwehr unberechtigter Ansprüche in Zusammenhang stehen.

  5. In den Versicherungsbedingungen ist auch der Ersatz von Kosten für forensische Dienstleistungen, aufsichtsrechtliche Sonderuntersuchungen, staatsanwaltliche oder ordnungsbehördliche Ermittlungen bis hin zu dienst- oder anstellungsvertraglichen Ansprüchen (Gehalt, Pension oder Abfindung) enthalten.

  6. In den meisten Fällen hat der Versicherte das Recht, den Anwalt frei zu wählen.


Der versicherungsrechtliche Fachsenat des OGH hatte zuletzt Rechtsfragen zu einer D&O-Versicherung zu klären (OGH 25. 11. 2020, 7 Ob 127/20g). Das Höchstgericht betonte, dass eine D&O-Versicherung auf dem Anspruchserhebungsprinzip – „Claims-Made-Prinzip“ – beruht, während in der Haftpflichtversicherung der Eintritt eines Schadensereignisses oder der Verstoß des Versicherungsnehmers die Leistungspflicht des Versicherers begründet. Das bedeutet, dass der Versicherungsfall bereits bei erstmaliger hinreichend substanziierter Anspruchsstellung durch die Gesellschaft bei Innenansprüchen oder durch Dritte bei Außenansprüchen gegen eine versicherte Person eintritt.

Versicherung deckt auch Pflichtverletzungen vor Versicherungsbeginn

Laut OGH wird in D&O-Versicherungsverträgen eine sogenannte Rückwärtsdeckung gewährt. Das bedeutet, dass selbst dann Versicherungsschutz besteht, wenn der Versicherungsfall nach Versicherungsbeginn eintritt, jedoch auf Pflichtverletzungen beruht, die bereits vor Versicherungsbeginn gesetzt wurden.

Keine Versicherungsleistung wenn Informationspflichten verletzt werden

Versicherungsnehmer und Versicherte haben jedoch gegenüber der Versicherungsgesellschaft Anzeige- und Informationspflichten. Werden diese Pflichten verletzt, kann das zur Leistungsfreiheit führen.

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Die ERGO Versicherung AG ist mit ihrer weit über 100-jährigen Erfolgsgeschichte eines der führenden Versicherungsunternehmen auf dem österreichischen Markt. Als Tochtergesellschaft der ERGO Austria International AG ist sie Teil der ERGO Group und somit der Munich Re, einem der weltweit führenden Rückversicherer und Risikoträger. Im Rahmen strategischer Kooperationen mit den Partnern UniCredit/Bank Austria und Volksbanken sowie über den eigenen Außendienst, angeschlossene Makler, Agenturen und den Direktvertrieb bietet sie ein kundenorientiertes, bedarfsgerechtes Produktsortiment an Lebens-, Kranken- und Schaden-/Unfall- sowie Rechtsschutzversicherungen für den privaten sowie betrieblichen Bereich an.

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